Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

RogerCool
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von RogerCool »

Was mich ja interessieren würde ist, ob nach einer Hausdurchsuchung und einem Fund von 0,1 Gramm Marihuana und 12 Cannabis-samen und einer Waage und einem Butterfly-messer, die erkennungsdienstliche Aufnahme, also sprich Fotos, Fingerabdrücke etc.. wirklich rechtens ist? Wegen dem Messer kann ichs mir schon vorstellen. Auch wenns das vor 19 Jahren noch überall zu kaufen gab und seitdem in nem Kästchen lag, ist es halt vor 8 Jahren verboten worden und das müsste man ja wissen und deshalb sofort einschmelzen oder wegwerfen.. Trotzdem wurden alle Vorwürfe wegen Cannabis eingestellt und nur wegen dem Messer zu einer Geldstrafe von der Staatsanwaltschaft gezwungen.
Wie ist das jetzt aber mit all den Aufnahmen und so.. Wird das jetzt auf ewig in der Kriminaldatei geführt oder kann man dagegen angehen?
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bushdoctor
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von bushdoctor »

RogerCool hat geschrieben: Wie ist das jetzt aber mit all den Aufnahmen und so.. Wird das jetzt auf ewig in der Kriminaldatei geführt oder kann man dagegen angehen?
Je nach Bundesland gelten unterschiedliche Zeiten für die "Kriminaldateien"... im Normalfall wird aber nicht automatisch geschlöscht! (!!!)

Nach 5-10 Jahren (je nach Fall) hat man rechtlich die Möglichkeit per Antrag (über den jeweiligen Landesdatenschutzbeauftragten) das "Strafregister" säubern zu lassen.
RogerCool
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von RogerCool »

bushdoctor hat geschrieben: ... im Normalfall wird aber nicht automatisch geschlöscht! (!!!)

Nach 5-10 Jahren (je nach Fall) hat man rechtlich die Möglichkeit per Antrag (über den jeweiligen Landesdatenschutzbeauftragten) das "Strafregister" säubern zu lassen.
Aha. Gut zu wissen das man das über den Landesdatenschutzbeauftragten beantragen müsste. Aber wer behält das bitte im Kopf, das er in 5 - 10 Jahren (!) einen solchen Antrag stellt? Außerdem wer weiß wie die Gesetze in 5- 10 Jahren aussehen und man das dann überhaupt noch löschen kann. Bei den heutigen Tendenzen mal eher nicht.

Finde ich ja eh eine Frechheit, das wegen so einer Lapalie überhaupt etwas ins "Strafregister" aufgenommen wird.
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Sabine
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von Sabine »

Grüne Hilfe

"Wie verhalte ich mich bei einer Strassenkontrolle ist das Thema der Grünen Hilfe DEA Folge 2!"

https://www.facebook.com/gruenehilfe/vi ... =2&theater
MobyNick
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von MobyNick »

Entgegen der Angabe des Threaderstellers muss man seinen Personalausweis nicht bei sich führen und somit auch nicht vorzeigen. Nur Führerschein und Fahrzeugpapiere müssen vorgezeigt werden!

Ansonsten muss man auch nicht aus dem Fahrzeug aussteigen. Allerdings muss man Warndreieck, Warnweste und Verbandskasten vorzeigen. Wenn sich diese Dinge im Kofferraum befinden wird es vermutlich schwierig mit dem nicht aussteigen :P

Was mich aber am meisten ankotzt ist das Totschlagargument "Gefahr in Verzug". Man kann seine Rechte noch so gut kennen, wenn die mit "Gefahr im Verzug" kommen also z.Bsp. " in der Karre riecht es nach Marihuana hat man keine Chance mehr sich einer Fahrzeugdurchsuchung zu widersetzen, auch wenn die Behauptung vollkommen an den Haaren herbeigezogen ist. :shock:

Würde in jedem Falle immer Name und Dienstausweisnummer notieren und mit Strafanzeige/Strafantrag drohen (klappt natürlich nur wenn bei der rechtswidrigen Durchsuchung nichts gefunden wird). Schlagwörter wie "Verfolgung Unschuldiger" oder "Nötigung", " Freiheitsberaubung" können auch hilfreich sein.
Natalja_Gii
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von Natalja_Gii »

vielleicht hat einer schon was ähnliches erlebt. Wollte mich mal erkundigen, wie meine Chancen stehen. Also, erstmal zum Geschehen: Ich habe am Abend des 23.5. mir mit nem Kumpel zusammen einen Joint mit weniger als 1g Cannabis geteilt. Der letzte Joint vorher war an Silvester (DAVOR hatte ich einen im Sommer, ca. August). Am späten Abend des 25.5. wurde ich bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle zum Urintest gebeten, der dann selbstverständlich positiv war. Ich wurde mit zur Wache genommen, wo man mir dann Blut abnahm. Ich warte nun auf die Ergebnisse. Aus der Probezeit bin ich raus, 22 Jahre alt, noch nie straffällig geworden und noch nie vorher mit Cannabis erwischt weder im Verkehr noch außerhalb.
Nun zu meinen Fragen:
1. Gilt der Konsum vom 23.5. Als Erstkonsum? Da der letzte Joint vorher ja knapp ein halbes Jahr her ist und ich auch sonst max 2 mal im Jahr einen hatte (immer mit großem Abstand)
2. Ich rechne im Moment nach meinem aktuellen Wissensstand mit 500€ Bußgeld und 1 Monat Fahrverbot, sollte ich mit weiteren Auflagen rechnen? (Ärztliches Gutachten, MPU o.Ä.)
3. Was wird mich die Blutabnahme kosten? (Arzt kam zum Präsidium) Und wie würde die Gesamtrechnung bei mir ungefähr nach euren Erfahrungen aussehen?
4. Wird der THC Gehalt unter 1,0 ng/ml fallen? Es lagen zwischen Konsum und Blutabnahme ca. 50 Std

Danke schon mal für eure Antworten!
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Martin Mainz
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von Martin Mainz »

Hallo Natalja_Gii und willkommen im Forum.

Deinen identischen anderen "Stand Alone" Beitrag hab ich jetzt gelöscht, hier passt Deine Frage auf jeden Fall gut rein und es werden sicherlich noch Antworten folgen, nur etwas Geduld. Auch eine Suche im Forum zeigt Dir ähnliche Fälle auf.

Grüße, Martin
Ehrenamtlicher Foren-Putzer

Wenn ich einen Fehler gemacht habe, bitte einfach eine PN an mich :mrgreen:
Bitte seid nett zueinander - die Welt da draußen ist schlimm genug
Natalja_Gii
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von Natalja_Gii »

Martin Mainz hat geschrieben:Hallo Natalja_Gii und willkommen im Forum.

Deinen identischen anderen "Stand Alone" Beitrag hab ich jetzt gelöscht, hier passt Deine Frage auf jeden Fall gut rein und es werden sicherlich noch Antworten folgen, nur etwas Geduld. Auch eine Suche im Forum zeigt Dir ähnliche Fälle auf.

Grüße, Martin
Ich danke dir! :mrgreen:
Sabine
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von Sabine »

"Wie verhalte ich mich bei einer Verkehrskontrolle?

In Deutschland verlieren viele den Führeschein, ohne je bekifft gefahren zu sein. Lesen Sie hier, wie man das vermeidet.

Deutschland ist längst nicht das strengste Land, wenn es um die Strafen wegen Cannabis-Besitz oder-Handel geht, und verfügt mittlerweile über eines der fortschrittlichsten Gesetze zur Verwendung von medizinischem Cannabis. Doch wenn es ums Fahrerlaubnisrecht geht, ist die Bundesrepublik so repressiv wie fast kein anderes Land weltweit.

Das war nicht immer so, aber seit der Entkriminalisierung kleiner Mengen Cannabis Mitte der 1990er Jahre dienen führerscheinrechtliche Konsequenzen als eine Art Ersatzstrafrecht für kleine Cannabis-Vergehen.
...
Selbst wenn es um Besitz ohne Straßenverkehrsteilnahme geht, muss grundsätzlich damit gerechnet werden, dass Betroffene Post von der Führerscheinstelle erhalten. Dabei ist es unerheblich, ob das Strafermittlungsverfahren aufgrund einer geringen Menge Cannabis zum Eigenbedarf eingestellt wurde oder nicht.
...
Anderen EU-Bürgern ist das strenge Vorgehen oft gar nicht bewusst, bis ihnen ein wenig Rest-THC im Blut, das in ihrem Heimatland nicht ansatzweise interessiert, bei einer Reise nach oder auch nur durch Deutschland zum Verhängnis wird. Zwar kann einem EU-Bürger die Fahrerlaubnis von den Deutschen Behörden nicht entzogen werden, aber ein Fahrverbot auf deutschen Straßen, eine 24 stündige Zwangspause sowie eine Strafe aufgrund einer Drogenfahrt sind bei Überschreitung von des Grenzwertes sicher. Die Strafe für eine Drogenfahrt beläuft sich auf 500 Euro sowie ein vierwöchiges Fahrverbot.
...
Um die Ungleichbehandlung zu ändern und mehr Sicherheit zu schaffen, hat der Deutsche Hanfverband jüngst die Kampagne unter dem Motto „Klarer Kopf-Klare Regeln“ ins Leben gerufen."


https://sensiseeds.com/de/blog/wie-verh ... 0170623SSB
ineluki
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von ineluki »

Hallo zusammen,

ich bin Patient und darauf angewiesen ein Fahrzeug zu führen. Dieser Post ist daher besonders interessant. Mein Vorhaben war es alle möglichen Informationen zusammenzustellen und im Ernstfall möglichst gerüstet zu sein. Durch den Patientenstatus habe ich mich aufgrund der deutlich besseren rechtlichen Ausgangsposition bedeutend besser aufgehoben gefühlt. Da ich aber der Hauptstadt Bayerns wohne plus die Einführung des PAGs ist mein ganzer Fortschritt in den letzten Monaten gefühlt aufgehoben.
Nun versuche ich mich best möglichst aufzustellen und alle relevanten Informationen zusammenzutragen. Nun werde ich ja nicht der einzige sein - hat denn jemand schon so ein "Kompendium" zusammengestellt? Im ersten Post sind ja bereits einige Dinge enthalten. Aber hat sich schon jemand die Mühe gemacht das anzugehen?

Falls ja, wäre das sehr hilfreich.
Falls nein, würde ich damit starten und freue mich über Mitwirkung.

Gerne mache ich dazu auch einen eigenen Post.

Liebe Grüße
MasterCube
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von MasterCube »

PUSH, was ineluki geschrieben hat!!!

Neue Richtlinie oder Varhaltensempfehlung aufgrund des neuen Polizeiaufgabengesetzes wäre schön wenn das mal jemand ausformulieren könnte!
Freno
Beiträge: 758
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von Freno »

Ich habe hier schon einmal versucht, aufgrund früherer, schon länger zurückliegender Berufserfahrung ein paar allgemeine Empfehlungen für den „worst case“ - die Einleitung eines Ermittlungs- und Strafverfahrens zu geben:

Disclaimer: Generelle Handlungsempfehlung im Worst-Case-Fall - Deutscher Hanfverband Forum (hanfverband-forum.de)

Bei einer Kontrolle – etwa einer Verkehrskontrolle oder zu Fuß durch eine Streife - sieht es aus meiner Sicht nicht anders aus. Während der wenigen Sekunden der Feststellung der Personalien – die man immer angeben muß – hat man die Qual der Wahl zwischen „Hosen runter!“ und „Schnauze halten!“, wenn es dann zu ernsteren Fragen kommt, die auf Ordnungswidrigkeiten oder strafbare Handlungen hinauslaufen. Insbesondere was die Frage nach der Einnahme von Cannabis (oder sonstigen Drogen) anbelangt kann man aber davon ausgehen, daß die – durchaus zulässige – Aussageverweigerung alsbald weitere Ermittlungsmaßnahmen – Durchsuchung der Person, des Fahrzeugs, Blutentnahme, Hausdurchsuchung zur Folge haben wird, auch wenn hier in diesem Forum nicht wenige die Auffassung vertreten, das alles sei rechtswidrig. Es erfolgt dann trotzdem, was hier zu Rechtsthemen geschrieben wird, interessiert die Polizei herzlich wenig, auch wenn sie sicherlich auch hier mitliest. Die Polizei hat ihre eigenen Juristen und die Staatsanwaltschaften und Gerichte wissen eh alles noch viel besser und sie haben vor allem auch die Macht.

Legale Konsumenten dürften mit „Hosen runter!“ - also voller Kooperation mit den Polizisten - besser fahren. Man sollte die Frage nach Cannabiskonsum wahrheitsgemäss beantworten, evtl. mitgeführtes Cannabis auch vorzeigen, ebenso wie "Urkunden" (Schriftstücke), welche die Legalität belegen: aktuelles Rezept, Kostenübernahme der KV, Atteste - die man stets "am Mann" haben sollte. Einer gleichwohl erfolgenden eventuellen Beschlagnahme sollte man zunächst mündlich, später schriftlich widersprechen, um sich eventuelle Schadensersatzansprüche zu sichern. Das sollte man auch beim Widerspruch zum Ausdruck bringen, daß man Verständnis für die Maßnahme hat, aber sich Schadensersatzansprüche offen halten will. Auch eine Schweigepflichtsentbindung für den verordnenden Arzt sollte man ankündigen oder ad hoc auf irgendeinem Zettel erteilen – aber eine Fotokopie mit dem smartphone erstellen und an den Arzt weiterleiten.

Man scheint hier großes Augenmerk darauf zu legen, ob die Kontrolle polizeirechtlich zulässig sei, da diese idR einen Anfangsverdacht voraussetze. Das ist zwar ausserhalb besonders bezeichneter Gefahrenbereiche, wo jederman stichprobenweise kontrolliert werden kann, durchaus richtig – aber soweit es um den Verdacht auf Beeinflussung durch illegal konsumiertes Cannabis geht, können die äusseren Anhaltspunkte wie Gangunsicherheit, Koordinationsstörungen usw auch dann festgestellt werden, wenn sie nach der subjektiven Wahrnehmung der Betroffenen nicht vorgelegen haben. Erst recht dann, wenn bei weiteren Ermittlungsmaßnahmen (Durchsuchungen, Blutentnahme) illegales Cannabis festgestellt wird, spielt die Frage, ob ein wirklich ein polizeirechtlich relevanter Anfangsverdacht für die Kontrolle vorgelegen habe, keine praktische Rolle mehr, wenn es zum Strafverfahren kommt. Auch die Ergebnisse einer rein polizeirechtlich unzulässigen Maßnahme können nämlich strafprozessual verwertbar sein, sofern kein Beweisverwertungsverbot des Strafprozeßrechts eingreift, zumal die US-amerikanische „fruit of poissoned three“-Doktrin in der BRD grundsätzlich nicht anerkannt wird. Und wenn tatsächlich ein erheblicher Cannabisgehalt im Blut festgestellt wird – wie will man denn dann beweisen, daß unsicherer Gang, gestörter Pupillenreflex etc. nicht vorgelegen hätten ? Die bloße Behauptung des Beschuldigten oder Angeklagten, da wäre nichts gewesen, kann als „unglaubhafte Schutzbehauptung“ einfach zurückgewiesen werden.

In diversen Medien werden immer wieder einzelne Urteile "gepusht", in denen Strafverfolgungen an formalen Hindernissen gescheitert waren. Auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur spielen solche Fälle eine große Rolle - in der Praxis jedoch ist ihre Bedeutung absolut marginal. Wer sich darauf verlassen will, daß irgendeine Kontrolle, Durchsuchung, Blutentnahme wegen Verstoß gegen Verfassung, Menschenrechte oder sonstwas unzulässig wäre und deswegen vor Gericht der Freispruch sicher sei - dem steht in der Regel eine Eiswascherdusche bevor. Man wischt all diese theoretischen und akademischen Hindernisse mit einem Halbsatz vom Tisch und verurteilt. Der Rechtsweg ist lang und teuer, va was die Anwaltskosten anbelangt, die von Instanz zu Instanz höher und höher werden. Dazu kommen oft noch "Kollateralschäden" - Fahrerlaubnis, Arbeitsplatz usw usw. Wer für sein Recht "bis nach Karlsruhe" zum Bundesverfassungsgericht gehen will, muss sich das auch leisten können.

Nachdrücklich warne ich davor, bei Polizeikontrollen und evtl. anschließenden Maßnahmen (vorläufige Festnahme, Blutentnahme etc.) die Polizeibeamten mit Strafanzeigen wegen Nötigung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung usw zu bedrohen oder diese sogar zu stellen. Damit bringt man nicht nur unnötige Schärfe in die Geschichte, beraubt sich nicht nur jeder Möglichkeit, glimpflich – etwa durch Verfahrenseinstellung gegen geringfügige Auflagen – aus der Sache herauszukommen. Im Gegenteil weckt man den Kampfgeist der Polizisten, Staatsanwälte und Richter - und deren Schulterschluß untereinander. Solchen „Experten“ zeigt man nur zu gerne, wo der Hammer hängt. Die Annahme, die Staatsorgane ließen sich durch solche Drohungen oder Anzeigen im eigenen Sinne beeinflussen, ist falsch.

Sicherlich gibt es Beförderungssperren für Polizisten, gegen die ein Ermittlungsverfahren läuft – aber diese Ermittlungsverfahren aufgrund der „Revanche-Anzeigen“ von Beschuldigten laufen regelmässig nur wenige Wochen, bis sie „mangels Nachweises einer Straftat“ von der Staatsanwaltschaft wieder eingestellt werden. Der Anzeigenerstatter kann ja Beschwerde zum Generalstaatsanwalt einlegen oder Klageerzwingungsverfahren anstrengen – was aber kaum je erfolgt. Weil nämlich die Leute, die mit solchen Drohungen um sich werfen, idR kaum in de Lage sind, diese Rechtswege finanziell durchzuhalten. Ohne Anwalt ist man verloren und Anwälte sind teuer. Solche Drohungen und Anzeigen gehören zum Repertoire der „Konfliktverteidigung“ - einer Strategie, die in der juristischen Fachliteratur kontrovers diskutiert wird, in der juristischen Praxis aber einem Schuldeingeständnis gleichkommt und nur sehr selten von Erfolg gekrönt ist, u.a. auch, weil sie enorm aufwendig ist – eine professionelle „Konfliktverteidigung“ kostet 5-6-stellige Beträge. Das ist also „buisness as usual“ in der Justiz; solche Drohungen, Anzeigen, Dienstaufsichtsbeschwerden von "kleinen Fischen" werden nicht ernst genommen, weil die "kleinen Fische" schlicht nicht die finanzielle Möglichkeit haben, so eine "Konfliktstrategie" durchzuhalten. Was für eine furchtbare Ungerechtigkeit das doch ist ... schreibt ne Beschwerde an den Petitionsausschuss des Bundestages ! In der konkreten Situation hilft es nüschdt. Erst recht nutzt es nüschdt, wenn einem in diversen Internet-Foren - auch diesem - von dutzenden oder gar hunderten usern, die in der community höchstes Ansehen geniessen, nachdrücklich versichert wird, Ermittlungsmaßnahmen, Urteile usw seien klar rechtswidrig, verfassungs- und menschenrechtswidrig und überhaupt. Solche Äusserungen: "ganz klar rechtswidrig, eklatant verfassungswidrig" usw kommen idR von Leuten, die von Juristerei nicht den geringsten Schimmer haben. Juristen und sonstige Rechtskundige sind sehr vorsichtig mit ihren Äusserungen zur Rechtslage.

Erst recht warne ich dringend davor, gegen Festnahmen, Durchsuchungen, Beschlagnahmen oder Blutentnahmen in der Annahme, diese seien rechtswidrig (zB weil das BtMG überhaupt verfassungswidrig wäre oder so) und man hätte ein Notwehrrecht, körperlichen Widerstand zu leisten – Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wird als Straftat sehr ernst genommen von der Justiz. Schließlich richtet sich diese Straftat gegen die Justiz selbst.

Ich will im Gegenteil ein altes Sprichwort anbringen: „Wie man in den Wald hineinruft – so schallt es heraus!“ Auch in der hochgradig stressigen Situation des unmittelbaren Konfliktes mit der Staatsgewalt sollte man sich Mühe geben, höflich zu bleiben, einen „kommunikativen Draht“ zu den Polizisten aufrecht zu erhalten, auch dann, wenn man sich entscheidet, die Kooperation zu verweigern, allen Ermittlungsmaßnahmen zu widersprechen. Es empfiehlt sich, „rüberzubringen“, daß man sich von der Situation überfordert fühlt, keine Rechtskenntnisse hat und sich deswegen nicht „zur Sache“ äussern, mit nichts einverstanden erklären und nichts unterschreiben will, bis man mit einem Anwalt darüber sprechen konnte. Wie schon einmal gesagt: wenn dies (u.U. mehrfach) bestimmt, aber immer höflich vorgetragen wird, wird das auch akzeptiert. Man wird nicht einfach so in U-Haft genommen, nur weil man die Aussage verweigert oder irgendwas nicht unterschreibt – solange es nicht um ganz schwerwiegende Delikte geht. Auch das ist „buisness as usual“ in der Justiz und wird nicht als Schuldeingeständnis gewertet. Für die Polizei ist die Sache dann erledigt, die Akte geht zur Staatsanwaltschaft.
moepens
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Empfohlene Verhaltensweisen im Umgang mit der Polizei

Beitrag von moepens »

Dr. Grotenhermen hat jüngst in den ACM-Mitteilungen Stellung genommen zu empfohlenen Verhaltensweisen von Cannabis-Patienten gegenüber der Polizei:
Rechte und Pflichten im Umgang mit der Polizei/ Darf man die Polizei belügen? (Wikibooks)
Für Patienten, die Cannabis aus medizinischen Gründen einnehmen, stellt sich die Frage, wie sie sich bei einer Polizeikontrolle verhalten sollen. Anwälte empfehlen grundsätzlich, nur in einem Umfang zu kooperieren, wie es rechtlich vorgeschrieben ist. In einer Fortbildung der ACM zum Thema Cannabis als Medizin und Führerschein wurden vorgeschlagen, die Polizei notfalls auch anzulügen, da man sich nicht selbst belasten muss. Danach könnten Fragen nach Drogenkonsum, Alkoholkonsum und Einnahme von Medikamenten verneint werden. Eine Internetseite gibt Auskunft über die Pflichten beim Umgang mit der Polizei.

Rechte und Pflichten im Umgang mit der Polizei/ Darf man die Polizei belügen?

Zusammenfassung: Bis auf die Nennung der Identität ist niemand zur wahrheitsgemäßen Aussage vor der Polizei verpflichtet, solange man niemanden beleidigt, etwas Falsches über jemanden aussagt, ohne es beweisen zu können, als Zeuge vor Gericht auftritt oder die Polizei aktiv behindert.

Es gibt kein Gesetz, welches das Verbreiten von Unwahrheiten verbietet. Man muss also keine rechtlichen Konsequenzen fürchten, nur weil man die Polizei belügt. Greift man jedoch zu diesem Mittel, kann man dadurch sehr schnell andere Straftaten begehen. Die wichtigsten werden im Folgendem kurz aufgeführt:

Falsche Namensnennung (…)

Verleumdung und üble Nachrede (…)

Falsche Verdächtigung (…)

Falschaussagen, Meineid, Versicherung an Eides statt

Das generelle Recht, nicht die Wahrheit zu sagen endet, wenn man als Zeuge oder Gutachter vor einem Gericht oder ähnlichem Verfahren (dazu zählt nicht das polizeiliche Verhör) steht. Dies gilt auch für diejenigen, die ein Zeugnisverweigerungsrecht haben und trotzdem aussagen, nicht jedoch für den Angeklagten. (…)
Quelle: https://www.arbeitsgemeinschaft-cannabi ... juni-2023/
Freno
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Re: Was jeder bei einer Kontrolle wissen sollte

Beitrag von Freno »

Ich bin kein Freund von Lügen - nicht aus moralischen oder rechtlichen Gründen, sondern weil: erfolgreich zu lügen ein verdammt schwieriges Geschäft ist. Insbesondere im Umgang mit Strafverfolgungsinstanzen, die es gewohnt sind, belogen zu werden und den Lügnern auf die Schliche zu kommen und darin auch geschult werden, muß man sich sehr warm anziehen, wenn man mit einer Lüge durchkommen will.

Eine Lüge verursacht einen Bruch im Gedächtnis des Lügners. In die realen Erinnerungen wird die Lüge - eine "Irrelalität" hineingezwängt. Dagegen wehrt sich bei den allermeisten Menschen eine Instanz, die gemeiniglich "Gewissen" genannt wird und den Lügner wegen seiner Lüge permanent "aus dem Unbewußten" heraus anklagt und peinigt. Das schlägt sich auch bei sehr vielen in gewissen Verhaltensauffälligkeiten nieder, an denen erfahrene "Verhörspersonen" (Polizisten, Staatsanwälte, Richter) eine Lüge sofort erkennen können: der Lügner, der zuvor ein recht unaufälliger Gesprächspartner gewesen war, vermeidet plötzlich den Blickkontakt zur Verhörsperson geradezu panisch, "windet sich", gibt allerlei Kennzeichen von Nervosität von sich usw usw. Und das sind nur sehr plastische "Lügen-Zeichen". Die "wissenschaftliche Aussageanalyse", die etwa seit 1940 international betrieben wird, kennt auch sehr subtile Symptome der Lüge, die ich hier nicht darstellen kann. Hinzu kommt, wie gesagt, die mitunter jahrzehntelange Berufserfahrung der Verhörspersonen.

Unabhängig davon ist auch der "logische Bruch" in der Aussage des Lügners oftmals nur allzugut zu erkennen. Die "wissenschaftliche Aussageanalyse" ist seit langem Gegenstand der Aus- und Fortbildung von Juristen im richterlichen Dienst und auch der Polizei.

Mit einer sorgfältig durchdachten Lüge kann man zwar durchkommen - aber in der Situation der Kontrolle hat man nur wenige Sekunden Zeit zur Überlegung. Für die sorgfältige Konstruktion einer "tragfähigen" Lüge unter dem Stress der Konfrontation mit der Staatsmacht reicht das bei den Allermeisten von uns nicht aus.

Man sollte sich nichts vormachen: es ist eine Sache, in Internet-Foren vollmundig den gerechten Kampf gegen die menschenrechtswidrige Cannabis-Diskriminierung usw zu verkünden und eine andere Sache, nachts um halb drei "total breit" als Führer eines Kfz in eine Polizeikontrolle zu geraten, von der man weiß, daß es existenzbedrohlich werden kann: es drohen empfindliche Strafen, Entzug der Fahrerlaubnis, mitunter Arbeitsplatzverlust, wirtschaftliche Notlage, eventuell auch einer ganzen Familie.

Einem Beschuldigten, zumal einem Angeklagten in der Hauptverhandlung ist zwar rein rechtlich gesehen die Lüge erlaubt und auch eine Lüge eines Zeugen bei einer polizeilichen Vernehmung ist nicht strafbar. Aber eine offenkundig gewordene, objektiv widerlegbare Lüge ruiniert die Glaubwürdigkeit aller weiteren Aussagen und die Lügen von Zeugen können nur all zu leicht zu Strafverfahren wegen "Begünstigung" oder gar Mittäterschaft werden.

https://de.wikipedia.org/wiki/Beg%C3%BCnstigung

Ich halte daher an dem Empfehlungen, die ich in meinen früheren Beiträgen hier gegegeben habe, fest.
Antworten

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