"Wo Amerikas Drogen-Epidemie wütet, setzt man auf Trump"

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Sabine
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Registriert: Fr 18. Apr 2014, 09:15

"Wo Amerikas Drogen-Epidemie wütet, setzt man auf Trump"

Beitrag von Sabine »

"In Gegenden, wo besonders viele Weiße süchtig nach Heroin und Schmerzmitteln sind, hat Trump besonders klar gewonnen. Das ländliche Amerika wurde von Obamas Regierung zu lange ignoriert.
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Doch je genauer Wissenschaftler die Wahlergebnisse auswerten, umso besser lässt sich die Anziehungskraft von Trump erklären. Die Soziologin Shannon Monnat zeigt, dass Trump in jenen Wahlbezirken besonders gut abschnitt, in denen viele Weiße süchtig nach Heroin und Schmerzmitteln sind. Diese befinden sich in ländlichen Regionen in West Virginia, Kentucky oder Indiana (hier dominieren die Republikaner seit langem). Doch die Drogen-Epidemie wütet auch in Ohio, Pennsylvania und Michigan, wo Obama zwei Mal siegen konnte und Hillary Clinton nun unterlag.

Um das beängstigende Ausmaß des Drogenproblems zu begreifen, helfen einige Zahlen. ....

Es war Trump, der bei fast jedem seiner Auftritte über die Drogen-Epidemie sprach und sie mit der Mauer verknüpfte. Auch bei der letzten TV-Debatte sagte er:

"Das größte Problem ist das Heroin, das über die Grenze im Süden ins Land strömt. Es zerstört die Jugend. (...) Wir brauchen starke Grenzen. Wir müssen die Drogen aus unserem Land fernhalten. Heute kriegen wir die Drogen und sie das Geld. Wir müssen die Grenzen sichern. Wir können keine Gnade zeigen. Ich will die Mauer bauen. Wir brauchen die Mauer. Und die Grenzschutzbeamten, die wollen die Mauer auch. Wir werden die Drogen stoppen."
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Kann ein Präsident Trump den Süchtigen und deren Familien helfen?

Auf die Frage gibt es momentan keine seriöse Antwort. Interessant sind jedoch zwei Punkte: Die Schmerzmittel-Epidemie ist ein typisches Beispiel für einen Kapitalismus, in der ein Unternehmen die Gewinne privatisiert und die sozialen Folgen auf die Gesellschaft (und das staatliche Gesundheitssystem) abwälzt.
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Nicht nur Sam Quinones fragt sich, inwieweit die von Trump und den Republikanern angekündigte Politik den Menschen im ländlichen Amerika helfen können. Wenn die Obamacare-Krankenversicherung wie angekündigt abgeschafft wird, wird die Gesundheitsversorgung noch schlechter werden (Details bei The Nation). Und momentan haben viele (Ex-)Süchtige keine Chance auf einen Job, weil Drogentests Teil der Bewerbung sind. Und niemand weiß, ob es Trump zu einer Priorität macht, die örtlichen Handelskammern zu überzeugen, diese Praxis aufzugeben."


http://www.sueddeutsche.de/politik/us-w ... -1.3289058


Angeblich soll doch in den Bundesstaaten, wo Cannabis legalisiert wurde, der Schmerzmittel- und Opiatgebrauch zurück gegangen sein? Schade, das dieses nicht hier eingeflossen ist.
Sabine
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Re: "Wo Amerikas Drogen-Epidemie wütet, setzt man auf Trump"

Beitrag von Sabine »

"Alle sieben Stunden eine Überdosis

In Huntington, West Virginia, sind 14 Prozent der Einwohner abhängig von Heroin und anderem Stoff. Die Feuerwehr löscht dort keine Brände mehr. Sie kämpft gegen eine Epidemie.
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"Bei den Überdosen haben wir wohl einen Anstieg um 25 Prozent", sagt er. Das sind für 2016 knapp 1200 Fälle - eine Überdosis alle sieben Stunden. Im nächsten Jahr erwartet er eine weitere Zunahme um ein Viertel. Mit etwas Glück wird wenigstens die Zahl der Todesopfer nicht weiter steigen. Nur alle fünf Tage ein Toter, "das wäre ein Erfolg", sagt Lemley.

So furchtbar die Lage in Huntington ist, sie ist nicht außergewöhnlich. Überall in Amerika wütet derzeit eine Heroin-Epidemie. Überdosen durch Opioide töten inzwischen jährlich mehr Menschen als Autounfälle oder Schusswaffen - 33 000 Todesopfer waren es vergangenes Jahr.
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In West Virginia ist es katastrophal, aber in Vermont, New Hampshire oder Delaware im Nordosten ist es kaum besser; Ohio, Pennsylvania, Kentucky, Oklahoma, Utah, New Mexico - in allen diesen Bundesstaaten starben voriges Jahr zwischen 20 und 35 Menschen pro 100 000 Einwohner allein an Heroin und anderen Opioiden. Zum Vergleich: In Deutschland töteten 2015 alle illegalen Drogen zusammen 1226 Menschen; das entspricht einem Verhältnis von 1,5 Toten je 100 000 Einwohner.
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In Huntington haben alle Polizisten und Feuerwehrleute ständig Narcan dabei, sogar der Bürgermeister trägt es mit sich herum. Man weiß nie, wo ein Süchtiger umfällt - im Auto, an der Tankstelle, im Supermarkt, auf dem Klo bei McDonald's. Viele amerikanische Städte, die unter dem Heroin leiden, verteilen Narcan kostenlos an die Süchtigen, damit diese sich bei einer Überdosis gegenseitig helfen können. Dass die Todesraten nicht noch weit höher sind, liegt vor allem an diesem Medikament.
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Angefangen hat das Elend in den Neunzigern mit den Opioid-Tabletten. Damals begannen Pharmafirmen und Ärzte, Millionen Amerikaner wahllos mit starken Schmerzmitteln wie Percocet, Oxycontin oder Vicodin zu füttern, die Opioide enthielten und schnell abhängig machten. So entstand ein Heer von Süchtigen, und aus dem legalen Markt wurde rasch ein illegaler. Korrupte Ärzte stellten jedem Abhängigen gegen Geld Rezepte aus; über kriminelle Apotheken und Arzneigroßhändler - so genannte pill mills - wurden Milliarden Schmerztabletten an die Süchtigen verschoben.
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Oft ist das Heroin mit Fentanyl gestreckt, ein weiteres, äußerst starkes Opioid, das als weißes Pulver verkauft wird. Schon ein paar Körnchen davon können tödlich sein.
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Warum? Warum bei uns? Manche sagen: Armut und Hoffnungslosigkeit. West Virginia lebte früher vom Kohlebergbau und vom Stahl. Es gab auch für einfache Leute gut bezahlte Jobs. Aber diese Jobs sind verschwunden - und mit ihnen das gute Leben und die Würde. Irgendetwas ist zerbrochen in der Gesellschaft, und es tut so weh, dass die Menschen den Schmerz mit Drogen betäuben. "Wer Heroin nimmt, spürt nichts Unangenehmes mehr", sagte eine Sozialarbeiterin. "Und irgendwann ist einem alles scheißegal.""


http://www.sueddeutsche.de/leben/drogen ... -1.3300990
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bushdoctor
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Re: "Wo Amerikas Drogen-Epidemie wütet, setzt man auf Trump"

Beitrag von bushdoctor »

Man sollte dazu schreiben, dass West Virginia eine mit Bayern vergleichbare Cannabis-Politik hat und dort bisher zwei Anläufe zur Einführung von Medical Marijuana gescheitert sind (am dortigen Senat!).

Insofern ist das große "Drogenproblem" dort ein hausgemachtes und der Trump wird sie da auch nicht rausholen können... das müssen die schon selber tun!
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