Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Freunde des Deutschen Hanfverbandes,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht und vor allem für Ihren Einsatz die Drogenpolitik humaner
und progressiver zu gestalten. Wir teilen Ihre Einschätzung, dass der globale Krieg gegen
Drogen gescheitert ist und die Nebenwirkungen der Prohibition verehrend sind. Dazu müssen
wir nicht nach Mexiko blicken, wo wir mit Entsetzen die Macht der Drogenkartelle und
bürgerkriegsähnliche Zustände verfolgen. Auch hier in Deutschland läuft noch Vieles schief:
Statt Verbraucherschutz und Prävention steht immer noch die Verfolgung der EndnutzerInnen
im Mittelpunkt.
Sei es das fehlende Drugchecking, keine Spritzentauschprogramme in Knästen, ein ungerechter
Umgang mit Cannabis-KonsumentInnen im Straßenverkehr oder gar der fehlende
Verkauf von Cannabis in Fachgeschäften, die Liste der drogenpolitischen Fehler ist lang und
zeigt im Grunde nur eines: Die Strafverfolgung in der Drogenpolitik ist gescheitert und muss
beendet werden. Deshalb setzen wir uns auch für die Legalisierung von Cannabis ein. Und
deshalb freuen uns auch über Ihre Protestaktion. Denn wir brauchen eine starke öffentliche
Debatte und den zivilgesellschaftlichen Druck auf die Parteien und Parlamente, damit sich
die deutsche Drogenpolitik endlich fundamental ändert. Auch wenn Sie uns dafür kritisieren
bisher nicht viel erreicht zu haben, eines ist klar: Alleine wird BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
diesen Wandel nicht gegen die anderen Parteien durchsetzen. Hier muss aber noch viel
Überzeugungsarbeit geleistet werden. Das gilt für die SPD genauso wie für die CDU/CSU
und auch für die FDP, die sich zwar eine liberale Partei nennt, aber lieber Waffen als Cannabis
legalisieren möchte.
Wir können ihre Enttäuschung über die Arbeit der Landesregierungen mit Grüner Beteiligung,
die Sie in Ihrer Mail zum Ausdruck bringen, nachvollziehen. Wir können auch verstehen,
dass es frustrierend ist, immer nur zu hören, die Grünen Forderungen in der Drogenpolitik
seien wieder an den anderen Parteien gescheitert. Und natürlich ist es demotivierend,
wenn das Gefühl entsteht, seit Jahren gegen Windmühlen zu kämpfen – das geht uns genauso
wie Ihnen. Doch wir haben auch gelernt, dass es sich lohnt, einen langen Atem zu haben
und Widerstände oder Sorgen mit guten Argumenten zu entgegnen. Wir möchten Sie
deshalb dazu ermuntern sich weiterhin – und mit uns zusammen – für eine progressive Drogenpolitik
einzusetzen. Wir wissen aus der Geschichte der Grünen Partei, dass es sich lohnt:
Viele gesellschaftliche Veränderungen waren anfangs kaum denkbar, sei es die Gleichstellung
von Homosexuellen, der Ausstieg aus der Atomkraft oder die Anerkennung Deutschland
als Einwanderungsland. In all diesen Bereichen gibt es noch Veränderungsbedarf, aber es
hat sich schon sehr viel getan. Ein Schlüssel dafür war immer die enge Kooperation mit und
in der Zivilgesellschaft. Engagierte NGOs, politischer Druck von Bürgerbewegungen, Verbänden
oder Vereinen sowie eine enge Zusammenarbeit mit den – wenigen – politischen Kräften
dies sich für eine andere Drogenpolitik aussprechen, sind deshalb auch hier unabdingbar
Dass sich was ändern kann, haben wir gezeigt, denn zum Beispiel gibt es inzwischen eine
Heroinabgabe für Abhängige und die Definition von „geringen Mengen“ wurde verbessert.
Uns reicht dies aber noch lange nicht. Zu der genauen Situation in den einzelnen Landesverbänden
haben wir im Anhang an dieses Schreiben eine kurze Übersicht eingefügt.
Daher freuen wir uns auf gemeinsame Demonstrationen wie bei der Hanfparade und über
weitere Aktionen. Wir würden uns auch sehr freuen, wenn Sie sich bei beim grünen Mitgliederentscheid
einbringen. Denn bei uns bestimmen diesmal alle Mitglieder gemeinsam per
Wahlverfahren, welche Projekte wir in einer Regierungsbeteiligung als Erstes anpacken wollen.
Darunter ist auch das Schlüsselprojekt „Die Sicherheit der KonsumentInnen stärken –
Drogenpolitik reformieren“. Die Wahl findet am 8. und 9. Juni statt - und bis dahin wir unter
http://gruener-mitgliederentscheid.de kräftig diskutiert, welches der 58 Projekte gewählt werden
soll.
Mit besten Grüßen
Claudia Roth und Cem Özdemir
Bundesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Thekla Walker und Chris Kühn
Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg
Julia Willie Hamburg und Jan Haude
Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Niedersachsen
Katharina Binz, Thomas Petry und Britta Steck
Geschäftsführender Landesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Rheinland-Pfalz
Ruth Kastner
Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Schleswig-Holstein