Zeitreise ""Resozialisierung eines Gammlers""

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Sabine
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Registriert: Fr 18. Apr 2014, 09:15

Zeitreise ""Resozialisierung eines Gammlers""

Beitrag von Sabine »

"Die Lust am Lümmeln

3000 Menschen kamen 1967 zum öffentlichen Waschtag für einen ungepflegten jungen Mann. Hubertus Hierl fotografierte beim Werbegag des "Drugstores" - und zeigt genau dort nun seine Bilder.

Vielleicht 200, 300 Menschen hatten Platz im Lokal "Drugstore" in Schwabing. Aber das Happening im Sommer 1967 hatte sich herumgesprochen in München. Überall in der Stadt wiesen Zettel auf die "Resozialisierung eines Gammlers" hin - ein öffentlicher Waschtag für einen ungepflegten jungen Mann. Der damals 26 Jahre alte Fotograf Hubertus Hierl erfuhr am Marienplatz davon und fuhr sofort mit seinen beiden Leica-Kameras zum Wedekindplatz.
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Als er damals in Schwabing beim Wedekindplatz eintraf, war nahezu kein Durchkommen, erinnert sich Hierl. "Ich habe mich unter die Leute gemischt", sagt er, und nach einer Zeit habe er mit dem Fotografieren begonnen. Für die "Resozialisierung eines Gammlers" - ein Werbegag für die neue Kneipe - wurde eine lila-farbene Badewanne aufgestellt. Öffentlich sollte, so die Ankündigung, ein ungepflegter junger Mann gewaschen, frisiert und eingekleidet werden, mit Anzug und Krawatte.

Die Gammler waren eine Jugendbewegung in den Sechzigerjahren - gegen die Wirtschaftswunder-Mentalität, allerdings ohne politische Ansprüche. Sie lebten ihren Protest extrem gemächlich, lümmelten in Parks herum und faulenzten im öffentlichen Raum, ungewaschen, ungepflegt. Sie verhöhnten die Werte der sozialen Marktwirtschaft, in dem sie einfach nichts taten, in der Wiese lagen oder Gitarre spielten. Das wiederum brachte Bundeskanzler Ludwig Erhard auf die Palme. Seine Reaktion auf die Gammler: "Solange ich regiere, werde ich alles tun, um dieses Unwesen zu zerstören." Aber Konsumverweigerung ist nicht strafbar.
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Das echte Leben? Nicht ganz. Kurz vor dem Happening soll die Polizei die 50 bekanntesten Gammler Schwabings weggesperrt haben. Damit die Resozialisierung nicht flachfiel, hatten die Veranstalter angeblich einen normalen Münchner mit langen Haaren engagiert. Für 100 Mark."


http://www.sueddeutsche.de/muenchen/aus ... -1.3537482

Und dieses Image hängt uns heute immer noch an :roll: Wobei ... Konsumverweigerung wird bei mir gerade immer mehr/wieder Thema :mrgreen:
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