pepre hat geschrieben: ↑Fr 19. Apr 2024, 07:39
https://www.derwesten.de/politik/cannab ... 26432.html
... [BaWü] Konsumenten selbst droht durch das Cannabis-Gesetz keine Strafverfolgung mehr. Aber trotzdem müssen sie den Beamten angeblich wahrheitsgemäß beantworten, woher sie ihren Stoff haben. „Diese Zeugen sind auch grundsätzlich zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet. Ihre Personalien sind daher für die Zeugeneigenschaft festzustellen“, so die Strafverfolger gegenüber der Zeitung.
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Doch für das Vorgehen in Baden-Württemberg gibt es keine rechtliche Grundlage, macht Cannabis-Anwalt Oliver Rabbat gegenüber dieser Redaktion deutlich. „Hier ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Sie selbst etwas Illegales gemacht haben könnten“, erklärt der Jurist. „Sie haben zum Beispiel schon vor dem legalen Anbau eine Cannabis-Pflanze gehabt und müssten dann gegen sich selbst aussagen.“ Die Beamten müssen die Betroffenen demnach belehren, dass diese sich selbst oder Familienmitglieder nicht mit einer Zeugenaussage belasten müssen. ... „Die Behörden versuchen damit, Angst zu verbreiten.“
Für mich sieht das so aus (korrigiert mich, wenn ich falsch liege):
- Man lügt: "Ich habe das gestern im Park von einem mir unbekannten Straßendealer¹ gekauft". Dann darf man das Gras behalten. Jedoch werden die Personalien "als Zeuge" erfasst.
- "Da ich mich selbst belasten würde berufe ich mich auf das Zeugnisverweigerungsrecht." Dann wird das Gras beschlagnahmt und die Personalien erfasst. Ggf ist (wegen Straftat) mit weiteren Ermittlungs-Maßnahmen (bis zur Hausdurchsuchung) zu rechnen.
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¹ "Schwarze Hose, schwarzer Hoodie, schwarzes hochgezogenes Halstuch, Sonnenbrille, schwarze Cap, bayerischer Akzent" o.ä.
So einfach ist das auch wieder nicht. Beschlagnahmt werden kann das Gras immer, wenn man keinen legalen Erwerb nachweisen kann, weswegen ich meine aktuellen Cannabis-Rezepte immer am Mann trage. Denn: auch wenn der Besitz an sich nun - innerhalb der Mengengrenzen - legal ist, der Erwerb dann auch nicht strafbar: er bleibt illegal und der Verkauf stellt weiterhin eine Straftat dar, bei welcher das Gras das "corpus delicti" ist.
Alle Sachen, die durch Straftat erlangt worden sind, können eingezogen werden. Es ist ein juristisches Unding, daß der Verkauf von Cannabis innerhalb der Mengengrenzen für den Käufer verboten, aber straffrei - für den Verkäufer verboten und strafbar sein soll und man darf gespannt sein, wie die Gerichte mit dieser Dichotomie umgehen.
Es ist auch völlig ungeklärt, ob der an sich straffreie illegale Erwerb als Beihilfe zum strafbaren Verkauf angesehen und verfolgt werden kann. Schon die Frage unter Freunden: "Kannst Du mir vielleicht ein paar Gramm abgeben?" ist rechtlich gesehen Anstiftung zur strafbaren Weitergabe !
Schließlich kann man auch vertreten, daß die Auffindung von 15 g Cannabis von "ungeklärter Herkunft" bei einer Person etwa bei einer Straßenkontrolle den Verdacht begründet, daß die betreffende Person noch weitere Mengen an Cannabis besitzt, etwa in der Wohnung oder im PKW, welche die Mengengrenzen überschreiten.
Jedenfalls dann, wenn die Auffindung an einem bekannten Drogenumschlagplatz erfolgt, ist dieser Verdacht wohl schon stark genug, um weitere Ermittlungsmaßnahmen (vorläufige Festnahme, U-Haft-Antrag, Durchsuchungsbeschluß) zu rechtfertigen. Wenn der Betroffene dann auch noch das Pech hatte, daß kurz vorher der Geldautomat 100 € in "szenetypischer Stückelung", nämlich lauter kleinen Scheinen, ausgespuckt hat, kann auch ein Verdacht auf Handeltreiben durch den Betroffenen entstehen.
Der m.E. sicherste Weg besteht in der Aussageverweigerung mit der Begründung, die Rechtslage gerade durch die verwirrenden und widersprüchlichen Vorschriften des nagelneuen CanG als Laie nicht zu überblicken und sich deshalb erst nach Rücksprache mit einem Anwalt zur Sache äussern zu wollen. Wenn dem entgegengehalten wird, daß man als Zeuge kein Aussageverweigerungsrecht habe, dann repliziert man, daß man auch als Zeuge das Recht auf einen anwaltlichen Beistand in jedem Verfahren und jedem Verfahrenstadium hat.
Damit verhindert man zwar weder eine Beschlagnahme, noch weitere Ermittlungsmaßnahmen - aber für eventuelle Weiterungen hat man sein Pulver trocken gehalten. Für die Polizei stellt sich dann die Frage, ob man wegen 15 g "ein Faß aufmachen" soll und ein aufwendiges, förmliches Ermittlungsverfahren eröffnet werden soll, bei dem am Ende ein Freispruch und Überbürdung der Anwaltskosten auf die Staatskasse stehen kann. Je geringer die Menge an Cannabis wird, je tiefer sinkt die Motivation dazu, erst recht, wenn die aufgefundene Menge unter den Geringfügigkeitsgrenzen nach früherem Recht bleibt.
Daß ein solches Verfahren gleichwohl eingeleitet und die teure Beauftragung eines Anwalts unvermeidbar wird, kann man dabei aber leider nicht ausschließen.