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Medizinische Anwendung als Durchbruch für Legalisierung?

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chris_HD
Beiträge: 477
Registriert: Mo 13. Feb 2012, 19:21
Wohnort: Heidelberg

Medizinische Anwendung als Durchbruch für Legalisierung?

Beitrag von chris_HD »

Hallo Forum,

Haupt-Frage 1:
Wird die medizinische Anwendung von Cannabis Eurer Meinung nach der entscheidende Treiber zur allgemeinen Entkriminalisierung und zur allgemeinen Legalisierung von Cannabis sein (nach dem Vorbild Colorado, Washington)?

Ein eindeutiges 'Ja' als Antwort auf diese Frage habe ich von Patienten im Rahmen der Vorbereitung einer Kundgebung https://hanfverband-forum.de/viewtopic.php?f=11&t=1268 gehört.

Frage 2:
War es in USA (Washington und Colorado) auch so, dass die medizinische Anwendung der entscheidende Treiber war zu vollständigen Legalisierung?

Prinzipiell sind ja die medizinische und die Genuss-Anwendung grund-verschieden und die jeweiligen Konsumenten sind meist auch verschiedene Personengruppen mit wenig Überschneidung. Von daher gibt es wohl auch zwei verschiedene "Lobby- bzw. Selbsthilfe-Gruppen. Den DHV sehe ich eher auf der Genuss-Seite, den ACM/SCM klar und komplett auf der Medizin-Seite.

Frage 3: Soll sich der DHV mehr als bisher den Medizin-Argumenten zuwenden, um das Gesamtziel (allgemeine Legalisierung oder wenigstens Entkriminalisierung) zu erreichen?

Jede Meinung als Antworten auf Frage 1-3 ist willkommen!

Viele Gruesse,
Chris.
PhilipH
Beiträge: 65
Registriert: So 9. Jun 2013, 15:13
Wohnort: Berlin

Re: Medizinische Anwendung als Durchbruch für Legalisierung?

Beitrag von PhilipH »

Hallo,

Frage 1 und 2 beantworte ich aus meiner Wahrnehmung mit "Nein". Die (soweit ich weiß) 16 Staaten in den USA, die Bedürftigen den Cannabiskonsum gestatten, schließen sich den Erkenntnissen aus der medizinischen Forschung an. Wie ich erfahren habe, setzen sie sich damit scheinbar über Bundesgesetze hinweg.

Ich glaube, dass der medizinische Cannabiskonsum gezeigt hat, dass von angemessenem Gebrauch keine Gefahr für die Gesundheit des Einzelnen und der Allgemeinheit ausgeht. Für die Entscheidung Colorados und Washingtons, Anbau und Besitz in gewissen Schranken zu entkriminalisieren, halte ich aber die klaren Ergebnisse der Bürgerinitiativen und die Aussicht auf Einsparungen bei den Repressionskosten für ausschlaggebend.

Zur dritten Frage habe ich eine gemischte Meinung. Ich vertrete die unumstößliche Haltung, dass Menschen mit schweren Krankheiten und Krankheiten mit potenziell tötlichem Verlauf gegenüber Genusskonsumenten bevorzugt werden müssen. Den DHV sehe ich keineswegs ausschließlich als Interessenvertreter der Genusskonsumenten. Er vertritt die Interessen aller Gruppen, die Hanf als nützlich ansehen. Zu denen gehören Nicht-Konsumenten, Genusskonsumenten, Konsumenten mit medizinischem Hintergrund und auch die Industrie. Nicht-Konsumenten wollen i.d.R. dem Schwarzmarkt (mit all seinen schädlichen Auswirkung) die Existenzgrundlage entziehen und haben das Unrecht der Prohibition erkannt. Die Industrie begreift Hanf als außerordentlich nützlichen Rohstoff, u.a. zur Herstellung von Textilien und Kunststoffen.

Ich halte den DHV in seiner aktuellen Position für fähig, all diese Interessen zu vertreten. Den ACM und SCM halte ich für wichtig, weil er sich auf die Interessen einer speziellen Gruppe konzentriert. Zwischen beiden Vereinigungen sollte auch weiterhin eine offene Kommunikationskultur gepflegt, aber auch die unterschiedlichen Dimensionen der Interessen respektiert werden.
Florian Rister
Board-Administration
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Registriert: Mo 13. Feb 2012, 15:43
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Re: Medizinische Anwendung als Durchbruch für Legalisierung?

Beitrag von Florian Rister »

1.) Jein, Vielleicht nicht zwingend der entscheidende Faktor, aber ein sehr wichtiger.

2.) Könnte ich jetzt das gleiche schreiben. In den USA gibt es seit Jahrzehnten eine starke Bewegung die mit viel Geld und viel ehrenamtlichen Mithelfern Kampagnenarbeit macht und immer wieder das Thema an sich nach vorne bringt. Die Frage welchen inhaltlichen Schwerpunkt man dabei selber setzt ist nicht so entscheidend wie die Frage ob man überhaupt seinen Mund aufmacht, meiner Meinung nach.
Insgesamt hat aber die medizinische Szene in den USA sehr stark zum Erfolg beigetragen aus vielerlei Gründen
a)Patienten erzeugen mehr Verständnis als Kiffer
b) Legale Patienten können offen und angstfrei mit Medien und Öffentlichkeit umgehen
c) Legale Patienten können Cannabis zeigen, was für Medien und Öffentlichkeit immer sehr spannend ist

Ein wichtiger Grund warum die deutsche Medizinalszene niemals so groß werden wird wie die in einigen US Staaten: Selbstmedikation und selbstfinanzierte Behandlungen sind hier nicht so verbreitet, die Krankenkassen versorgen das Volk mit Chemiepillen. In den USA war für viele schwerkranke Menschen der Anreiz mit Cannabis zu experimentieren einfach größer als hier wo man ja meistens problemlos genügend Medikamente bezahlt bekommt, nur eben oft nicht das richtige ;)

3.) Ich denke der DHV beschäftigt sich durchaus immer wieder mit den medizinischen Aspekten, hat aber auch personell wenig echtes Know How in dem Bereich. Wir bieten auf Anfrage erste Informationen und leiten massenhaft Leute an ACM und Grüne Hilfe weiter, weil denen teilweise die Internet-Reichweite fehlt die wir haben. Jens Sander der im Moment Praktikum macht ist in dem Bereich ja etwas mehr vernetzt und will auch einen Flyer entwerfen zum Thema Cannabis als Medizin.

Ich sehe einen hohen Bedarf an einem Lobbyverband der seriös und professionell für die Legalisierung von Cannabis als Genußmittel ganz generell wirbt. Genauso wie an einer Patientenvereinigung und einer Grünen Hilfe für Hilfe im Notfall. Alles 3 sind unterschiedliche Aspekte und sollten seperat behandelt werden. Im Laufe der Zeit werden wir noch ein paar mehr Orgas brauchen z.B. so etwas wie LEAP (Strafverfolger gegen Prohibition), SSDP (Studenten für eine vernünftige Drogenpolitik)

Nur meine Meinung :)
Ich vertrete die unumstößliche Haltung, dass Menschen mit schweren Krankheiten und Krankheiten mit potenziell tötlichem Verlauf gegenüber Genusskonsumenten bevorzugt werden müssen. Den DHV sehe ich keineswegs ausschließlich als Interessenvertreter der Genusskonsumenten. Er vertritt die Interessen aller Gruppen, die Hanf als nützlich ansehen. Zu denen gehören Nicht-Konsumenten, Genusskonsumenten, Konsumenten mit medizinischem Hintergrund und auch die Industrie. Nicht-Konsumenten wollen i.d.R. dem Schwarzmarkt (mit all seinen schädlichen Auswirkung) die Existenzgrundlage entziehen und haben das Unrecht der Prohibition erkannt. Die Industrie begreift Hanf als außerordentlich nützlichen Rohstoff, u.a. zur Herstellung von Textilien und Kunststoffen.
Das kann ich nur unterschreiben
Legalisierungsbefürworter seit 2000
DHV-Mitglied seit 2010
DHV-Mitarbeiter seit 2014
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