UNGASS Mai 2016

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Sabine
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UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

Aufmerksam wurde ich durch einen Kommentar auf die nächstes Jahr stattfindende UNGASS (SPECIAL SESSION of the United Nations General Assembly on the World Drug Problem).
Da könnten die Karten weltweit neu gemischt werden ...

Hier ein paar Links, leider verstehe ich nicht viel

http://www.unodc.org/ungass2016/

https://www.unodc.org/documents/ungass2 ... NGLISH.pdf
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bushdoctor
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von bushdoctor »

Jepp, dann wird also nächstes Jahr die "Legalisierung" wohl offiziell beschlossen werden...! ;-)

...naja ganz so einfach wird es natürlich nicht sein, aber der Grundtenor des verlinkten Dokument deutet darauf hin, dass es mittlerweile Konsens ist, dass der bisherige Ansatz der Prohibition ("war on drugs") gescheitert ist... das Wort "fail" (gescheitert) kommt insgesamt sieben Mal in dem Dokument vor! ;-)

Danke, Aurora, für den Link!

Mit "meinem" Zeitplan ("Legalisierung" in der BRD bis 31.12.2017) geht diese ausserordentliche Sitzung der UNO voll konform... Dort wird mit ziemlicher Sicherheit eine Lockerung der hirnrissigen Beschränkungen oder evtl. sogar die Herausnahme von Cannabis aus der "UN-Drug-Controll" beschlossen werden. International ist die Stimmung da einfach überreif! Immerhin wurde diese Sitzung um drei Jahre vorgezogen. Ursprünglich war diese für das Jahr 2019 geplant... diese Hirnies tagen normalerweise immer alle 10 Jahre, um dann die "drogenfreie Welt" als 10-Jahres-Ziel auszugeben. :mrgreen:
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

Bitte, gern geschehen :P

Die UNGASS wäre ja früher oder später eh Thema geworden, aber wenn ich schon jetzt trotz meiner geringen Englisch-Kenntnisse was im Netz finde, warum nicht posten.
Noch ein Grund, weiter aktiv zu sein und im Gespräch zu bleiben, die dt. Presse wird ja nicht nur von Deutschen gelesen.

Weiss man schon, welche deutschen Vertreter dort anwesend sein werden ? Bitte nicht Frau Mortler, oder wenn unumgehbar, dann zumindest noch andere Volksvertreter, die sich für die Relegalisierung einsetzen.
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

"Die Welt debattiert über Drogen

Seit über 40 Jahren führen viele Regierungen einen "Krieg gegen Drogen". Doch Erfolge bleiben aus, die menschlichen Kosten steigen. Vom 19. April an diskutieren die Vereinten Nationen über die Zukunft der Drogenpolitik.

Drogen sind allgegenwärtig: Legale wie Alkohol, Kaffee, Nikotin und zahlreiche Psychopharmaka. Illegale wie Cannabis, Heroin, Chrystal Meth. Drogen sind ein Riesengeschäft - legale sowieso, aber besonders die illegalen, weil das Verbot die Preise hochtreibt und viele Menschen sie sich beschaffen. Nach UN-Angaben waren es im Jahre 2014 rund 250 Millionen Konsumenten. Das wäre jeder Zwanzigste im Alter zwischen 16 und 64 Jahren.
...
1998 hatten die UN noch die Losung ausgegeben: "Eine drogenfreie Welt - wir können das schaffen." Das war unter dem früheren Generalsekretär Kofi Annan. Auch der hat seine Haltung geändert. Im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" forderte Annan Ende Februar eine weitgehende Legalisierung des Drogenkonsums. In seinem Essay schrieb Annan weiter, der Krieg gegen die Drogen sei längst ein Krieg gegen die Menschen geworden. "Drogen haben viele Menschenleben zerstört - aber falsche Maßnahmen seitens der Regierungen haben noch viel mehr Elend angerichtet", so seine Bilanz. Das Ziel einer drogenfreien Welt sei eine Illusion.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler wird die deutsche Delegation in New York anführen. Sogar sie gesteht im DW-Interview zu, dass eine drogenfreie Welt nur schwer erreichbar sei.
...
Die UN-Versammlung wird zeigen, welchem Weg die Weltgemeinschaft folgen wird."


http://www.msn.com/de-at/nachrichten/ot ... ar-BBrCNlU
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

"Bundesregierung setzt auf öffentliche Gesundheitsvorsorge und Alternativen zum Drogenanbau

In der kommenden Woche (19. bis 21. April) wird die Sondergeneral­ver­sammlung der Vereinten Nationen zum Weltdrogenproblem (UNGASS 2016) in New York stattfinden. Bei dieser ersten Generalversammlung seit 1998 wird die Bundesdrogen­beauftragte Marlene Mortler die deutsche Delegation vertreten. „Die Positionen sind weltweit sehr unterschiedlich: Wir richten unsere Aktivitäten auf Prävention aus und anerkennen Drogenabhängigkeit als Krankheit - in anderen Teilen der Welt wird bei Drogenbesitz dagegen oft noch die Todesstrafe angewendet“, sagte Mortler bei einem Pressegespräch am Dienstag in Berlin.
In New York will sich die Drogenbeauftragte für die Bekämpfung des internationalen Drogenhandels einsetzen und hier vor allem gegen das sogenannte Darknet, in dem der Handel vor allem stattfindet, vorgehen.
Ein weiteres Anliegen ist der Schutz der Menschenrechte, vor allem der Zugang zur medizinischen Versorgung von Drogenabhängigen – auch wenn sie in Haft sind. Die Bundesregierung vertritt in der internationalen Drogenpolitik den Ansatz der Förderung von Alternativen zum Drogenanbau sowie Ansätze der öffentlichen Gesundheitsvorsorge im Umgang mit Drogenkonsum. „Eine Legalisierung von Drogenkonsum ist für uns keine Option“, sagte Mortler."


http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/66320

Wie wäre es mit einer guten medizinischen Versorgung im Gefängnis auch von Nichtabhängigen ?! Was ich hier und da lese, steht die auch nicht zum besten.

Ansonsten bin ich mal gespannt, was Mortler und Co. nach der UNGASS erzählen bzw. ihre doch zuweilen recht eigene Auslegung der Ergebnisse.
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

"UNGASS und die Halluzinationen der Drogenbeauftragten
...
In der Pressemitteilung vom 2. März 2016 der Drogenbeauftragten, Marlene Mortler, erklärte diese „Der Bericht der Vereinten Nationen gibt uns Recht: Der immer wieder zitierte ‚Krieg gegen Drogen‘ existiert in Deutschland nicht. Vielmehr stehen wir an der Spitze einer modernen Drogen- und Suchtpolitik. Wir setzen die international diskutierte Philosophie um, das Angebot illegaler Drogen auf der einen Seite zu verringern und auf der anderen Seite die Nutzung für medizinische Zwecke im Sinne der Patienten zu fördern. Gesetzliche Regelungen sind auf den Weg gebracht.“ Genau ein jahr zuvor erklärte die Drogenbeauftragte in der Pressemitteilung vom 2. März 2015: „Der Jahresbericht des INCB belegt: Deutschland ist vorbildlich im Bereich der Drogen- und Suchtpolitik. Die Abkommen der Vereinten Nationen sind keinesfalls nur ein ‚Instrument von Verboten und Strafe’ wie mitunter dargestellt wird. Im Fokus stehen Maßnahmen zur Suchtprävention und Behandlung ebenso, wie solche zur Schadensreduzierung. Dabei müssen die internationalen Menschenrechtsstandards eingehalten werden.“

Wie die Förderung der Nutzung von Cannabis für medizinische Zwecke in Deutschland aussieht, kann in zahlreichen Gerichtsurteilen nachgelesen werden.
...
Die Patienten hofften jedoch über zehn Jahre vergeblich, weil die Bundesopiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf stur schaltete und immer wieder Berufung einlegte, wenn es in einem Verfahren unterlegen war.
...
Im Vorfeld der Sondertagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Weltdrogenproblem hatte der Internationale Suchstoffkontrollrat (INCB) seinen Jahresbericht 2015 veröffentlicht. Dieser stellt fest, dass die internationalen Drogenkontrollabkommen nicht zu einem „Krieg gegen Drogen“ bevollmächtigen. Der INCB unterstreicht, dass die Gewährleistung der Verfügbarkeit von Drogen zu medizinischen und wissenschaftlichen Zwecken einerseits und die Reduzierung der illegalen Versorgung mit Drogen andererseits sorgfältig gegeneinander abgewogen werden müssen. In der Pressemitteilung vom 2. März 2016 der Drogenbeauftragten, Marlene Mortler, erklärte diese „Der Bericht der Vereinten Nationen gibt uns Recht: Der immer wieder zitierte ‚Krieg gegen Drogen‘ existiert in Deutschland nicht. Vielmehr stehen wir an der Spitze einer modernen Drogen- und Suchtpolitik. Wir setzen die international diskutierte Philosophie um, das Angebot illegaler Drogen auf der einen Seite zu verringern und auf der anderen Seite die Nutzung für medizinische Zwecke im Sinne der Patienten zu fördern. Gesetzliche Regelungen sind auf den Weg gebracht.“ Genau ein jahr zuvor erklärte die Drogenbeauftragte in der Pressemitteilung vom 2. März 2015: „Der Jahresbericht des INCB belegt: Deutschland ist vorbildlich im Bereich der Drogen- und Suchtpolitik. Die Abkommen der Vereinten Nationen sind keinesfalls nur ein ‚Instrument von Verboten und Strafe’ wie mitunter dargestellt wird. Im Fokus stehen Maßnahmen zur Suchtprävention und Behandlung ebenso, wie solche zur Schadensreduzierung. Dabei müssen die internationalen Menschenrechtsstandards eingehalten werden.“

Nutzung für medizinische Zwecke

Wie die Förderung der Nutzung von Cannabis für medizinische Zwecke in Deutschland aussieht, kann in zahlreichen Gerichtsurteilen nachgelesen werden. Bereits im Jahr 2002 erlaubte ein Gericht einem Patienten den Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken. Am 27. November erhielt ein Patient mit Morbus Crohn die richterliche Erlaubnis zum Anbau und zur Verwendung von Cannabis. Richter Michael Zimmermann vom Berliner Amtsgericht urteilte, dass sich der Angeklagte Michael Große in einer Notstandslage befunden habe und die medizinische Verwendung von Cannabis daher gerechtfertigt sei. Der Staatsanwalt verzichtete darauf, Berufung einzulegen. Damit war das Urteil rechtskräftig und zum ersten Mal seit mehr als 40 Jahren durfte ein Patient in Deutschland Cannabis zu medizinischen Zwecken anbauen und konsumieren. Ein Richter ebnete den Weg für Cannabis als Medizin. Damit wurde aus dem Berliner Fall ein Präzedenzfall und viele Patienten hofften, dass dies Konsequenzen für die eingereichten Klagen gegen die Bundesopiumstelle – die mehreren Patienten eine Genehmigung zum Anbau und Besitz von Cannabis verweigert hatte – haben werde.

Die Patienten hofften jedoch über zehn Jahre vergeblich, weil die Bundesopiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) auf stur schaltete und immer wieder Berufung einlegte, wenn es in einem Verfahren unterlegen war. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat jedoch am 6. April 2016 (BVerwG 3 C 10.14) das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verpflichtet, einem schwer kranken Kläger eine Ausnahmeerlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis zu erteilen, weil das Betäubungsmittel für seine medizinische Versorgung notwendig sei und ihm keine gleich wirksame und erschwingliche Therapiealternative zur Verfügung stehe.
...
Da diese Einzellfallentscheidung vom obersten Verwaltungsgericht in Deutschland getroffen wurde, werden sich künftig weitere Patienten darauf berufen können. Die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) hat Patienten bereits vor dem Urteil aufgerufen, entsprechende Anträge auf Eigenanbau einzureichen.
Mariana Pinzon vom Deutschen Hanfverband schreibt hierzu unter dem Titel „Bundesverwaltungsgericht Leipzig erzwingt erste Anbaugenehmigung für medizinisches Cannabis“ sehr zutreffend: „Das aktuelle Urteil ist das Ergebnis von über einem Jahrzehnt des Kampfes von schwerkranken Patienten gegen die Behörden. Seitdem ist einiges an Fortschritt für die Betroffenen erzielt worden, aber leider nicht durch die Bundesregierung, die in dieser Frage stets nur gebremst hatte. Alle Fortschritte wurden von Patienten und den sie unterstützenden Vereinigungen (ACM/SCM) mühsam vor Gericht erkämpft. Die Bundesregierung hat nur soweit nachgegeben, wie es durch Gerichtsurteile ‚alternativlos‘ wurde. Das war schon bei den ersten Genehmigungen für Cannabisblüten der Fall.“

Für das BfArM scheint das BtMG in erster Linie ein Gesetz zur „Verhinderung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln“ zu sein. Offensichtlich wird beim BfArM die Verbotskultur (besser: Verbotsunkultur) höher bewertet als das Wohl der Patienten. Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin IACM), erklärte hierzu: „Es ist beschämend für ein zivilisiertes Land, dass es für diese Patienten keine andere Lösung findet, als sie wie Verbrecher zu behandeln und ins Gefängnis zu werfen.“ – IACM-News vom 18. August 2007

Die Prohibitionspolitik in der Bundesrepublik Deutschland nimmt Elend und Tod Schwerkranker billigend in Kauf und zeigt damit ihr wahres unmenschliches Gesicht – im vielfachen Leid der Schmerz-, Krebs-, AIDS- oder MS-Patienten zeigt sich, dass die deutsche Drogenpolitik weit mehr von Sadismus als von Recht und Ethik geprägt ist.
Weshalb gegen solche staatliche Rechtswidrigkeit nicht schnell und nachhaltig gerichtlicher Rechtsschutz mobilisiert werden kann, ist unerklärlich. Und dass die Drogenbeauftragte vor diesem Hintergrund sich anmaßt zu behaupten, Deutschland stehe an der Spitze einer modernen Drogen- und Suchtpolitik oder gar Deutschland sei vorbildlich im Bereich der Drogen- und Suchtpolitik, macht einen völlig fassungslos.
Marlene Mortler sagte am Donnerstag, 10. März 2016, in der Radiosendung Redezeit „Welche Macht haben Drogen?“ beim Sender NDR Info: „Es gibt kein Land in Europa, das noch massiv mit Hilfe der Strafverfolgung gegen Konsumenten vorgeht. Und Sie wissen, dass auch der Besitz von kleinen Mengen [von Drogen] in unserem Land straffrei ist und diese Mengen sind unterschiedlich von Bundesland zu Bundesland und von Substanz zu Substanz. […]
...
Es gibt Tausende von Menschen in Deutschland, die aus eigener Erfahrung wissen, dass die Aussage von der Drogenbeauftragten Marlene Mortler falsch ist, weil sie aufgrund das Besitzes von winzigen Mengen bestraft wurden – nicht nur in Bayern, sondern auch in anderen Bundesländern. Wer den Aussagen von Marlene Mortler glaubt respektive diese für wahr hält, läuft Gefahr, Ärger mit der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Justiz zu kriegen. Die Aussage „was den Eigenbesitz betrifft, so ist der unter einer gewissen Menge immer straffrei“ stellt eine krasse Irreführung der Öffentlichkeit dar.
Fazit

Statt die Menschen – wie zum Beispiel Cannabispatienten – in den Mittelpunkt der Drogenpolitik zu stellen, wird in Deutschland immer noch der Leitschnur Repression gefolgt. Wenn vor diesem Hintergrund die Drogenbeauftragte Marlene Mortler die Drogenpolitik in Deutschland immer wieder als vorbildlich darstellt, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Frau an einer akuten kognitiven Dissonanz leidet oder einfach von Halluzinationen geplagt wird. Dieser Eindruck erhärtet sich durch ihre Aussage „Der Konsum wird ja nicht bestraft und was den Eigenbesitz betrifft, so ist der unter einer gewissen Menge immer straffrei.“ Unfassbar, dass diese Frau Deutschland auf der UNGASS 2016 vertreten wird."


http://blogs.taz.de/drogerie/2016/04/15 ... uftragten/

Ein Artikel, den ich voll und ganz unterschreiben kann und den man auch mal bezahlen sollte !
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overturn
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von overturn »

Die Bundesregierung sieht das Phänomen einer sog. "Abhängigkeit" offenkundig nicht als Gesundheitsproblematik - oder investiert man bei solchen neuerdings und typischerweise die ganze Härte des Gesetzes? Wäre dies als ein gesundheitliches und ferner soziales Thema eingeschätzt, müssten wir auch nicht über eine adäquate medizinische Versorgung für Insassen und Konsumenten diskutieren - womöglich gäbe es diese Insassen größtenteils nicht mal mehr. Hier sollte auch nicht übersehen werden, dass es sich bei den vergleichsweise fortschrittlich anmutenden "Public Health"-Ansätzen gewissermaßen um "alten Wein in neuen Schläuchen" handelt - siehe ausführlicher Ferentzy/Turner 2012: Morals, medicine, metaphors, and the history of the disease model of problem gambling
Eine Legalisierung von Drogenkonsum ist für uns keine Option“, sagte Mortler.
Seit wann ist der Konsum von Drogen illegal? Diesen wiederum zu pathologisieren, ist ganz ausdrücklich keine zielführende oder "humanistische" Gesundheitspolitik. Der Versuch, durch Vergleiche mit Todesstrafen und anderen drakonischen Maßnahmen, diesen Eindruck dennoch zu erwecken, verdeutlicht dies wohl nur umso mehr.

Beste Grüße!
"Never doubt that a small group of thoughtful, committed citizens can change the world. Indeed, it is the only thing that ever has."
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

Anläßlich der UNGASS 2016 zeigt ARTE heute und am Dienstag zwei Dokus über die weltweite Drogenproblematik


Samstag 16.4. um 14:00 (viele wiederholungen in den nächsten Tagen)

Drogen - Bald ganz legal?

In drei Tagen tagen die Vereinten Nationen in New York, um über das Weltdrogenproblem zu diskutieren. Warum? Weil mittlerweile klar zu sein scheint, dass der einst von US-Präsident Richard Nixon ausgerufene "War on Drugs" gescheitert ist. Millionen Menschen nehmen illegale Drogen, und sie sollte man nicht länger kriminalisieren. Wie steht Europa dazu?

In drei Tagen tagt die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York, um über das Weltdrogenproblem zu diskutieren. Warum? Weil mittlerweile klar zu sein scheint, dass der einst von US-Präsident Richard Nixon ausgerufene "War on Drugs" gescheitert ist. Laut dem letzten Weltdrogenbericht der UN nehmen 246 Millionen Menschen illegale Drogen, das sind etwas mehr als fünf Prozent der 15- bis 64-Jährigen. Damit konsumieren zwar nicht mehr Menschen Drogen als in den vergangenen Jahren, aber auch nicht weniger. Millionen Menschen nehmen illegale Drogen, weil sie es wollen. Und die sollte man nicht länger kriminalisieren, darin sind sich mittlerweile sogar prominente Ex-Politiker und der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan einig. Statt den Gebrauch von Drogen rigoros zu verbieten, sollte die Weltgemeinschaft lieber die Gewinne der Händler beschneiden und verstärkt auf Prävention setzen. Cannabis, Kokain und Meth - alles also bald ganz legal?

Wie steht Europa dazu? Wo ist was und wie viel schon erlaubt? Portugal zum Beispiel gilt als das liberalste Land, wenn es um Marihuana, Kokain oder Heroin geht - wer damit erwischt wird, begeht lediglich eine Ordnungswidrigkeit. Andere Länder dagegen kämpfen gegen neue illegale Substanzen. Sisa - eine gefährliche Billigdroge kursiert derzeit in Griechenland. Wie kann man dem Einhalt gebieten?
"Yourope" über Europas Drogenpolitik und die schwierige Frage, welcher Umgang mit Drogen der richtige ist."


http://www.arte.tv/guide/de/063676-007-A/yourope


Dienstag 19.4. um 20:15 :

"Drogen kann man nicht erschießen
Wege aus dem Drogenkrieg

Der Drogenkrieg begann 1971, als Nixon den Drogenmissbrauch zum Staatsfeind Nummer eins erklärte. Dieser Krieg ist gescheitert: Die USA sind der größte Drogenmarkt der Welt. Zukünftig muss es eine neue Antidrogen-Politik geben. Selbst eine Legalisierung ist kein Tabu mehr. Der Film dokumentiert neue Wege aus dem Drogenkrieg.

Er ist einer der längsten Kriege der Geschichte. Der Drogenkrieg begann 1971, als der damalige US-Präsident Richard Nixon erklärte: "Staatsfeind Nummer eins ist der Drogenmissbrauch." Damit begann ein weltweiter Krieg gegen die Drogen. Vor allem in Lateinamerika, obwohl die Drogen hauptsächlich in den USA und in Europa konsumiert werden. Der Krieg wurde dort geführt, wo die Rohstoffe wachsen, und nicht dort, wo das Drogenproblem besteht.

Doch dieser Krieg ist gescheitert: Drogen sind erhältlich wie eh und je, billiger als je zuvor. In den Transitländern des Drogenschmuggels und in den großen Märkten USA und Brasilien gibt es die meisten Tötungsdelikte. 47 der 50 gefährlichsten Städte der Welt liegen dort. Die Länder in Lateinamerika sind es leid, den Preis für ein Problem zu bezahlen, das nicht ihres ist. Diese Länder, sagen viele Politiker, seien nicht mehr bereit sind, diesen Krieg weiter zu kämpfen.

Deshalb hat die UN-Generalversammlung eine Sondersitzung zum weltweiten Drogenproblem einberufen. Ab dem 19. April 2016 in New York. In Deutschland und Frankreich mehren sich die Stimmen, die die vorwiegend repressive Politik in Frage stellen.

Die ehemalige Schweizer Bundespräsidentin Ruth Dreifuss, Mitglied der Weltkommission für Drogenpolitik, der auch der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan angehört, sagt, erklärtes Ziel sei, den Schwarzmarkt nicht nur einzudämmen, sondern ihn auszutrocknen. "Wir können den Drogenmarkt nicht in kriminellen Händen lassen."

Diese Dokumentation dokumentiert diese neuen Wege aus dem Drogenkrieg und wurde in zehn Ländern gedreht: Großbritannien, Portugal, Spanien, Frankreich, Deutschland, Schweiz, USA, Kolumbien, Bolivien und Mexiko."


http://www.arte.tv/guide/de/055130-000- ... rschiessen
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

Offener Brief von LEAP an Frau Merkel

"Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
morgen beginnt die Sondersitzung der UN-Generalversammlung (UNGASS) zum Weltdrogenproblem in New York. Aus diesem Anlass bitte ich Sie als Vorsitzender des Vereins „Law Enforcement Against Prohibition“ (LEAP)
Deutschland und als ehemaliger Polizeipräsident von Münster, ein fortschrittliche Drogenpolitik zu unterstützen. LEAP ist ein Verein, der sich für die Entkriminalisierung des Drogenkonsums einsetzt. Zu den Mitgliedern von LEAP gehören unter anderem Polizisten, Richter Staatsanwälte, Strafrechtsprofessoren, Rechtsanwälte sowie mehrere Abgeordnete des Deutschen Bundestages. Leider müssen wir in unserem Berufsalltag erleben, wie durch die jetzige Gesetzgebung wertvolle Ressourcen der Polizei bei der Verfolgung von Drogenkonsumentinnen und -konsumenten eingesetzt werden. Diese Ressourcen fehlen in anderen Bereichen. Gleichzeitig stellen wir fest, dass die Staaten weltweit die Kontrolle über kriminelle Drogenmärkte verloren haben.

Der sogenannte bis heute geführte „Krieg gegen die Drogen“ hat mehr Probleme verursacht als gelöst. Die Vielzahl der negativen Folgen des „Krieges gegen die Drogen“ und die damit verbunden exorbitanten Profite der kriminellen Drogenkartelle haben in vielen Anbau- und Transitländern wie beispielsweise in Mexiko zu einer drastischen Verschlechterung der Menschenrechtssituation geführt. Außerdem kennen kriminelle Märkte weder einen Jugendschutz noch eine Produktkontrolle.
Viele Länder wie Portugal, die Niederlande oder die Tschechische Republik haben schon seit Jahren eine Drogenpolitik eingeführt, die auf Entkriminalisierung statt auf die Strafverfolgung von Konsumenten setzt. Dieser Paradigmenwechsel der Drogenpolitik hat auch gezeigt, dass dies nicht zu eine Steigerung des Konsums geführt hat. LEAP unterstützt nicht den Konsum von Drogen und ist extrem besorgt über das Ausmaß des Drogenmissbrauchs weltweit. Wir sind ebenso besorgt über die zerstörerischen Auswirkungen durch die Verbrechen gewalttätiger Drogenkartelle auf der ganzen Welt. Keines dieser Probleme wird durch die derzeitige Drogenpolitik gelöst. Tatsächlich blühen Drogenmissbrauch und organisierte Kriminalität auf dem Boden des bestehenden Drogenverbots, ähnlich wie sie es während der Zeit der Alkoholprohibition in den USA taten.
LEAP glaubt, dass die Staaten weltweit die gesetzgeberische Freiheit erhalten sollten, um Modelle auszuprobieren, die eine Balance zwischen der Selbstbestimmung des Einzelnen als mündigem Bürger auch in Bezug auf seinen Drogenkonsum und der Notwendigkeit einer vernünftigen Regulierung herstellen, die die gesundheitlichen Risiken und die gesellschaftlichen Kosten des Drogenkonsums vermindert. Aus diesem Grund unterstützt LEAP die vom Schildower Kreis initiierte und von der Mehrheit der deutschen Strafrechtsprofessoren unterzeichnete Resolution an den Deutschen Bundestag, mit der die Einrichtung einer Enquete-Kommission zur Überprüfung des Betäubungsmittelrechts gefordert wird.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, uns ist bewusst, dass für eine Veränderung der jetzigen repressiven Drogenpolitik zahlreiche innen- und außenpolitische Hürden zu überwinden sind. Aber wenn weltbekannte Politikern wie Kofi Annan und zahlreiche Staats- und Regierungschefs sich für einen Umdenken in der Drogenpolitik aussprechen, sollte Deutschland sich an der Debatte um eine neue Strategie aktiv beteiligen.

Mit freundlichen Grüßen,
Hubert Wimber
Vorsitzender von LEAP Deutschland"
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

"Der Krieg ist verloren

Seit mehr als einem halben Jahrhundert haben die Vereinten Nationen auf scharfe Verbote gesetzt. Nun wächst die Einsicht, dass diese Härte oft mehr geschadet als genutzt hat.

Man nehme eine illegale Droge und rechne es mal nüchtern durch, wie ein Ökonom: Angenommen also, die Polizei verfolgt verstärkt die Hersteller der Substanz, die nun weniger produzieren. Der Stoff wird knapper, der Dealer erhöht den Preis. Die Nachfrage nimmt ab. Nur leider nicht so stark, wie der Preis steigt. Der Versuch, den Konsum der Droge an der Wurzel zu bekämpfen, verkehrt sich daher ins Gegenteil. Die Abhängigen bleiben abhängig. Der Dealer verdient mehr Geld als vorher - der Polizei sei Dank.
...
Und um diesen Irrweg wird es von diesem Dienstag an gehen, wenn sich die Vereinten Nationen zu einer Sondersitzung in New York treffen. Die UN wollen einen neuen Kurs in der internationalen Drogenpolitik einschlagen. Der seit den 1970er-Jahren geführte Krieg gegen Drogen ist verloren. Weder ist es gelungen, die Zahl der Abhängigen auf der Welt zu verringern, noch ließ sich eine Zunahme des Drogenkonsums insgesamt verhindern. Den Kartellen hat der verbissen geführte Kampf gegen illegale Substanzen nicht geschadet, im Gegenteil. Dank der Verbote hat sich das Drogengeschäft zu einer Multimilliardenindustrie ausgewachsen.
...
Was ließe sich mit Fürsorge nicht noch alles erreichen? Tom Wainwright rechnet es für die USA und Kokain vor: Eine Million Dollar, investiert in den Versuch, die Produktion von Kokain in Südamerika zu bekämpfen, verhindert den Konsum von zehn Kilogramm der Droge in den Vereinigten Staaten. Den Gewinn der Kartelle schmälert dies aber nicht. Für Grenzkontrollen genutzt, verringert dieselbe Million den Konsum um 20 Kilogramm Kokain. Eine Million Dollar für Aufklärung bringen 25 Kilogramm. In Therapieprogramme für Abhängige gesteckt, bewirkt die besagte Million Dollar jedoch sehr viel mehr, sie verhindert den Konsum von 100 Kilogramm Kokain, das sind 100 Millionen geschnupfte Dosen. Zugleich geht den Kartellen die Kundschaft verloren. Das ist wohl ein Grund, warum Wainwright behauptet: Ökonomen sind die bessere Polizei. Sie können einfach besser rechnen."


http://www.sueddeutsche.de/politik/drog ... -1.2955267


Lesenwerter, längerer Artikel
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

" Mexikos Strategie auf der UN-Drogenkonferenz
Neue Wege im Kampf gegen Drogen

Der Krieg gegen die Drogen in Mexiko ist gescheitert. Deshalb fordert das Land auf der Drogenkonferenz der UN-Generalversammlung in New York eine neue Strategie. Dabei geht es um die Entkriminalisierung des Konsums.
...
Drogenkonsum als gesundheitspolitisches Problem

Mexikos bisherige Drogenpolitik kriminalisiert die Konsumenten. Das soll sich ändern. In dem Zehn-Punkte-Plan, den das Land in New York vorlegt, heißt es: Der Drogenkonsum solle künftig wie ein gesundheitspolitisches Problem behandelt werden. Eine Legalisierung kommt für die Regierung aber noch nicht infrage. Diskutiert wird eher die Regulierung, damit der Verkauf nicht in den Händen krimineller Banden bleibt."


http://www.tagesschau.de/ausland/mexiko-drogen-101.html
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

"«Jetzt kommt die Diskussion um Cannabis»

Bundesrat Alain Berset nimmt in New York an einer Uno-Sondersession über Drogen teil. Im Interview erklärt er seine Erwartungen
...
Werden sie das Schweizer Modell anpreisen?
Natürlich werde ich das tun. Ich werde erklären, wie wir vorgegangen sind. Daneben werde ich mich gegen die Anwendung der Todesstrafe stark machen. Arabische und südostasiatische Länder benutzen dies noch immer im Kampf gegen die Drogen. Das ist in jedem Fall inakzeptabel.

Die Drogenpolitik ist international stark polarisiert. Wie gross schätzen Sie die Möglichkeit einer Harmonisierung ein?
Wir haben schon einiges erreicht. Immer mehr Staaten betrachten Drogen als ein Problem der öffentlichen Gesundheit. Das ist sehr wichtig, denn Kontrolle und Repression allein funktionieren nicht. Wir müssen den Schaden für die Menschen vermindern. Dieser Grundsatz war in der Schweiz positiv für die Drogenkonsumenten und extrem positiv auch für die Gesellschaft, insbesondere in den von dem Problem betroffenen Städten, wo die Menschen vorher von Kleinkriminalität oder herumliegenden gebrauchten Spritzen betroffen waren."


http://www.20min.ch/ausland/news/story/ ... --23483207
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

"Milliarden für einen nutzlosen Krieg
Viele Staaten würden den Drogenkrieg am liebsten sofort beenden. Doch in der Sondervollversammlung der UN gibt es darüber nicht einmal eine ernsthafte Debatte. Warum?

Manchmal ist der Fortschritt eine Schnecke; auch in unserer schnelllebigen Zeit. Zum Beispiel, wenn die Vereinten Nationen ihn vorantreiben wollen. Mit 193 Staaten eine gemeinsame Position zu erreichen, ist eben schwer – und häufig genug repräsentiert eine Einigung am Ende nur einen Minimalkompromiss.

Im Krieg gegen die Drogen drängen seit ein paar Jahren vor allem drei Länder zur Eile: Mexiko, Kolumbien und Guatemala. Sie leiden besonders unter der Gewalt, die die Kartelle des illegalen Drogengeschäfts mit ihrem Kampf um Schmuggelrouten und Einflusssphären in Lateinamerika verbreiten. Auf ihren Hilferuf hin treffen sich die Vereinten Nationen jetzt schon zu einer Sondervollversammlung in New York statt erst in drei Jahren, wie ursprünglich geplant.

Seit Dienstag tagen die UN. Bis zum Donnerstag werden sie darüber beraten, wie es weitergehen soll in der internationalen Drogenpolitik. Schon jetzt ist klar, dass es keine große Debatte geben wird. Bereits eine Stunde nach Beginn des Treffens verabschiedete die Versammlung am Dienstag ihre Abschlusserklärung; ganz so, als seien sich alle einig.
...
Doch der Konsens, dass Repression das beste Mittel sei gegen Drogenmissbrauch und die Gewalt der Kartelle, hält sich hartnäckig – trotz des Widerstands einzelner Länder.
...
Das Ende des Drogenkriegs bedeutet das alles noch nicht. Vor allem Länder wie Russland, China oder Singapur halten an der repressiven Politik fest. Die Abschlusserklärung der New Yorker Versammlung bekräftigt nun die drei Konventionen, die das Drogenverbot international festschreiben, statt sie zu überdenken. Er lässt die Todesstrafe für Drogenvergehen weiterhin zu. Und er geht so gut wie gar nicht darauf ein, dass Prohibition und Bestrafung bisher nicht funktioniert haben.

Im Jahr 2019 wollen die Vereinten Nationen das nächste Mal zusammenkommen, um eine Bilanz ihrer Drogenpolitik zu ziehen. Womöglich sind dann nach Uruguay, der Schweiz, Portugal und einigen US-Staaten weitere Länder aus der harten Front ausgeschert. Wer weiß, vielleicht bekommt die Schnecke Fortschritt dann eine reelle Chance."


http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-04/d ... iko-konsum


Der Berg kreiste und gebar eine Maus .....

Na, da wird sich die Mortlerin aber freuen :evil:
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

Mortler (kurze) Rede auf der UNGASS

http://webtv.un.org/search/3rd-plenary- ... rm=germany

ab 1:20:00



Sehr allgemein gehalten mit schon von ihr bekannten Ansichten. Weiss jetzt nicht, ob das das die einzigste Rede war, sie sprach von einem deutschen Projekt, welches auf der UNGASS vorgestellt werden soll.
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overturn
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von overturn »

"Strafen, die das Maß wahren"? In einer aktuellen Anfrage an die Bundesregierung heißt es:
Die letzte UNGASS-Sitzung im Juni 1998 hatte vereinbart, die Drogenbekämpfung auf internationaler Ebene zu verstärken sowie Drogenangebot und Drogennachfrage stark zu reduzieren bzw. zu eliminieren
Mortler bleibt diesem schon damals rückständigen Kurs treu, und fordert just dies: eine Verstärkung auf internationaler Ebene in Form einer verbesserten Vernetzung. Konsumentengruppen gegeneinander auszuspielen, künstliche Grenzen zu ziehen und den Schwerpunkt womöglich auf ein Angebot zu verlegen, ist lediglich ein irrsinniges Spiel auf Zeit, bestehend aus Lippenbekenntnissen und Vorurteilen. Angesichts der Behauptung, einen Drogenkonsum und eine mögliche "Drogenabhängigkeit" als gesundheitliches Phänomen zu betrachten, möchte ich mich gerne wiederholen:
overturn hat geschrieben:Die Bundesregierung sieht das Phänomen einer sog. "Abhängigkeit" offenkundig nicht als Gesundheitsproblematik - oder investiert man bei solchen neuerdings und typischerweise die ganze Härte des Gesetzes?
Beste Grüße!
"Never doubt that a small group of thoughtful, committed citizens can change the world. Indeed, it is the only thing that ever has."
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

In Deutschland/Bayern heißt das ja eher "Strafen, die die Maß wahren". ;)
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

Wahre Worte, die Machtmenschen gar nicht gerne hören wollen

"„Allein die Dosis macht, dass ein Ding ein Gift ist“, verkündete dereinst Paracelsus. Nicht die Pflanzen, die „Gottes Apotheke“ uns bietet, sind das Problem – es ist unser Umgang damit. Eine Drogenfreigabe kann der richtige Weg sein, wenn damit einhergehend die Menschen lernen, mit diesen Gaben unserer Mutter Natur verantwortungsbewusst umzugehen."

https://www.contra-magazin.com/2016/04/ ... -verloren/
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

"Zieht’s euch rein

Die Weltgemeinschaft hat bei Drogen bisher auf Verbote und Verfolgung gesetzt und ist gescheitert. Kommende Woche beginnt nun ein UN-Sondergipfel. Gelingt ein Neustart?

Der Krieg ist längst verloren. Aber er geht trotzdem unbeirrt weiter, Jahr für Jahr. Die Befürworter des War on Drugs verweigern sich rationalen Argumenten und Fakten, weil sie sich sonst ihr Scheitern eingestehen müssten.

Trotz dieser Haltung der Hardliner ruhen nun Hoffnungen auf der Sondersitzung der Hauptversammlung der Vereinten Nationen (UNGASS). Am 19. April tritt die UNO zum dritten Mal seit 1990 wegen der weltweiten Drogenpolitik in New York zusammen.
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1998 hatte sich die Weltgemeinschaft im Rahmen der UNGASS das letzte Mal getroffen, um sich über ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen. „Eine drogenfreie Welt, sie ist möglich“ – so lautete damals das Motto. 2008 sollte es so weit sein. Weil das offensichtlich misslang, wurde 2009 erneut erklärt: 2019 solle es eine Welt frei von oder zumindest mit deutlich reduziertem Drogenmissbrauch geben.
Dabei sprechen alle Zahlen dagegen, dass dieses Ziel auch nur ansatzweise zu erreichen ist.
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Einige Staaten wollten bei der UNO diesmal nicht bis 2019 warten, um das erneute Scheitern einzugestehen. Mexiko, Kolumbien und Guatemala riefen gemeinsam dazu auf, sich früher zu treffen. In diesen Ländern sind die Folgen der Drogenprohibition so gravierend, dass dem Hilferuf entsprochen wurde. Die UNGASS wurde vorverlegt.
Nur wird es kommende Woche wirklich zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme der internationalen Drogenpolitik kommen? Auf einem Vorbereitungstreffen in Wien wurde die Erklärung der UNGASS vorformuliert. An dem Text waren Nichtregierungsorganisationen und andere Vertreter der Zivilgesellschaft nicht beteiligt. Als Diskussionsgrundlage in New York wird nun ein von Diplomaten und fachfremden Leuten fabriziertes Dokument verhandelt, das im Großen und Ganzen am Ziel einer „Welt frei von Drogenmissbrauch“ festhält.
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Es stehen sich da auch unterschiedliche Welt- und Menschenbilder gegenüber. Russland und zahlreiche asiatische Staaten pflegen eine Haltung der Null-Toleranz. In der EU dominiert eher der Ansatz der harm reduction, doch eine gemeinsame stringente Position ist kaum erkennbar. Die lateinamerikanischen und karibischen Staaten rufen derzeit am lautesten nach Reformen. Und der einsetzende Wandel in den USA mag mittelfristig am meisten Hoffnung machen.
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Das Schlimmste an der herrschenden Drogenpolitik ist, dass Menschen, die krank sind, hilfreiche Mittel vorenthalten werden. Das gilt etwa für die Vergabe von Morphium an Palliativ- und Schmerzpatienten in ärmeren Ländern, in denen oft Vorurteile, irrige Annahmen über Abhängigkeit und teure Preise dies unmöglich machen.
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Doch das Ende des irrsinnigen Kriegs gegen die Drogen wird wohl nur die Zivilgesellschaft erkämpfen können. In den USA waren es Volksabstimmungen, nicht Parteien, die in vielen Bundesstaaten die Legalisierung von Cannabis als Medizin und in einigen sogar als Genussmittel durchsetzten. Hierzulande hat die grüne Partei diesbezüglich versagt, obwohl sie vollmundige Erklärungen vor ihrer siebenjährigen Regierungsbeteiligung abgegeben hatte.

Es käme einem kleinen Wunder gleich, wenn in New York erste Weichen für einen Wandel in der Drogenpolitik gestellt würden. Sollte keine Lösung gefunden werden und weitere nationale Alleingänge folgen, würde das die UNO weiter beschädigen. Und es würde das Leiden vieler Menschen – sei es als Opfer des kriminellen Drogenkriegs, sei es als in die Illegalität gedrängte Konsumenten – unnötig verlängern."


https://www.freitag.de/autoren/der-frei ... -euch-rein

Langer, sehr ausführlicher Artikel. Wie es ausgehen wird, keine Ahnung, habe unterdessen wenig Hoffnung, da prohibionistische und Verbotsgedanken (nicht nur im Drogenbereich) weltweit mehr an Kraft gewinnen. Siehe die gerade stattgefundene Wahl auf den Phillipinen.
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

"Anti-Drogen-Gipfel: Mortler zeigt sich zufrieden

Die Sondersitzung der UN-Generalversammlung zum weltweiten Drogen­problem (UNGASS) Mitte April war aus Sicht der Drogenbeauftragten Marlene Mortler (CSU) ein Erfolg. Die deutsche Delegation sei bei der internationalen Konferenz in New York sichtbar gewesen und gehört worden, sagte Mortler am Mittwoch im Gesundheitsausschuss des Bundestages. Die deutsche Anti-Drogen-Strategie finde international Anerkennung.
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Mortler betonte, Abhängigkeit sei kein moralisches Fehlverhalten, sondern eine Krankheit.

Deutschland setze sich darüber hinaus dafür ein, bei der Bestrafung von Drogendelikten die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Sie habe deutlich gemacht, dass Strafen etwa in Fällen von Drogenhandel oder Geldwäsche nötig seien, aber nicht nur auf polizeiliche Mittel gesetzt werden sollte."


http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/66635

https://www.bundestag.de/presse/hib/201605/-/422526
Sabine
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Re: UNGASS Mai 2016

Beitrag von Sabine »

"Starre UN-Drogenpolitik – der US-Krieg gegen Rauschmittel geht weiter
Warum die globale Suchtpolitik nach der UN-Drogenkonferenz (UNGASS 2016) gefährlich und unfair bleibt

Als Chance für einen Kurswechsel in der internationalen Drogenpolitik wurde der dritten UN-Sondersitzung der Vereinten Nationen über Rauschmittel entgegengesehen. Nun hat die Weltgemeinschaft in New York über eine Lösung des Weltdrogenproblems beraten. Eine starke Reformbewegung, angeführt von lateinamerikanischen Ländern, stellt die Prohibitionspolitik infrage, die seit einem halben Jahrhundert Konsumenten kriminalisiert, Kleinbauern die Existenzgrundlage zerstört und den illegalen Drogenmarkt immer mächtiger werden lässt. Obwohl die Gründe für ein Umdenken scheinbar auf der Hand liegen, haben sich in New York die orthodoxen Stimmen durchgesetzt.

Der Auftakt des Gipfels vom 19. bis 21. April nahm wie üblich das Ergebnis vorweg. Seit vergangenem März steht das von der UN-Drogenkommission (CND) in Wien erarbeitete Konsenspapier fest. Fortschrittlich daran ist nur, dass es Drogenkonsum und Missbrauch als Problem der öffentlichen Gesundheit anerkennt. Immerhin ist der Anspruch der vorherigen UN-Drogenkonferenz von 1998 aufgeweicht. Statt der damals angestrebten "drogenfreien Welt" strebt die Staatengemeinschaft nun nach einer "Gesellschaft frei von Drogenmissbrauch".
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Der UNGASS-Beschluss spricht dennoch weiter andere Worte. Bei den Verhandlungen während der Jahrestagung der CND wurden alle Terminologien vermieden, geschmälert oder ignoriert, die die Mängel und Misserfolge der Verbotspolitiken herausstellen. Wie weit die Debatte und die Handlungsabsichten der Weltgemeinschaft tatsächlich auseinanderfallen, wurde auch in New York deutlich. So stützte sich der Redebeitrag der uruguayischen Delegation auf den vormaligen UN-Generalsekretär Kofi Annan. "Drogen zerstören das Leben vieler Menschen, aber die schädlichen Regierungspolitiken haben noch mehr Menschenleben gefordert."
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Was kommt nach UNGASS?

Welche Möglichkeiten haben Regierungen, legale Regulierungen einzuführen? Auch diese Frage wurde in New York zumindest an einem Nebenschauplatz diskutiert. Im Forum "Cannabis und die Konventionen: Jenseits von UNGASS" waren die progressiven Stimmen aus Uruguay, Jamaika und den reformorientierten Thinktanks wie dem Transnational Institute oder dem Washington Office on Latin America unter sich.

Heute, da die Positionen zwischen orthodoxer Politik und Reformbewegung weit auseinander liegen, ist eine Änderung des internationalen Regelwerks schwer vorstellbar. Eine Reforminitiative einzelner Mitgliedstaaten könnte relativ einfach auch von einer Minderheit der 193 Länder blockiert werden. Eine zweite Möglichkeit wäre die Neubeurteilung von Cannabis in seiner Gefährlichkeit, wie die Weltgesundheitsorganisation bereits gefordert hat. Bislang werden seine Risiken nach den Konventionen ähnlich wie Kokain eingestuft. Dies könnte mit einer einfachen Mehrheit im CND beschlossen werden. Und ein anderer politischer Umgang mit Cannabis würde möglich.
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Die UN-Konventionen haben realpolitische Entwicklungen wie in Uruguay nicht länger verhindern können. Durch die laxere Handhabung der von den UN- Abkommen unter Verschluss gebrachten Substanzen hat sich auch die Diskussion in New York verschoben. Nicht mehr bei der Frage ob, sondern wie die rechtmäßigen Brüche mit den internationalen Verträgen zu managen sind, ist diese nun angekommen. Das ist zweifelsohne ein Fortschritt."


https://amerika21.de/analyse/152973/sta ... genpolitik

Sehr ausführlicher und kritischer Beitrag zu UNGASS 2016.
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