"Fehler"? bei allg. Verkehrkontrolle -> rechtswidrig?

Antworten
beerzebub
Beiträge: 1
Registriert: Fr 29. Jul 2022, 19:17

"Fehler"? bei allg. Verkehrkontrolle -> rechtswidrig?

Beitrag von beerzebub »

"*Den Aufforderungen der Polizei, entlang einer Linie zu gehen, die eigene Nase zu berühren oder Sekunden zu zählen muss nicht nachgekommen werden*. Hierbei handelt es sich um Aufforderungen die nicht von der allgemeinen Verkehrskontrolle nach § 36 IV StVO umfasst sind. Ein Mitwirken oder eine Zustimmung hierzu muss nicht erfolgen. In einem solchen Fall ist anzuraten, dass derartigen Maßnahmen ausdrücklich widersprochen werden sollte. Ein Schweigen könnte von den Polizeibeamten als Zustimmung gewertet werden."
[Quelle](https://www.rgra.de/allgemeine_verkehrskontrolle/)

Nachfolgende 2 Quellen: gesetze-bayern.de

"Beschuldigte und Betroffene
Bei Beschuldigten und Betroffenen sind ohne ihre Einwilligung die körperliche Untersuchung sowie die Blutentnahme zur Feststellung von Tatsachen zulässig, die für das Verfahren von Bedeutung sind, *wenn kein Nachteil für ihre Gesundheit zu befürchten ist* (§ 81a Abs. 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG). Betroffene haben jedoch nur die Blutentnahme und andere geringfügige Eingriffe zu dulden (§ 46 Abs. 4 OWiG)."

"Da die Richtigkeit der bei der Untersuchung auf Alkohol sowie Drogen und Medikamente gewonnenen Messwerte wesentlich von der sachgemäßen Blutentnahme abhängt, ist dabei grundsätzlich wie folgt zu verfahren:

Das Blut ist möglichst bald nach der Tat zu entnehmen.

Es ist durch Venen-Punktion mittels eines von der zuständigen Landesbehörde zugelassenen Blutentnahmesystems zu entnehmen, bei dem die Verletzungs- und Kontaminationsgefahr minimiert ist. Die Einstichstelle ist mit einem geeigneten nichtalkoholischen Desinfektionstupfer, der luftdicht verpackt gewesen sein muss, zu desinfizieren. Die Punktion ist in der Regel aus einer Vene der oberen Extremitäten vorzunehmen. *Zumindest für die jeweiligen Nadelsysteme und Tupfer sind geeignete Entsorgungsgefäße vorzuhalten*."




Erstmal hi aus Bayern (fml) 👋

Man gehe davon aus, jemand wäre gestern Abend im Rahmen einer allgemeinen Verkehrkontrolle angehalten worden und zum Alkoholtest verdonnert. Diesem ging die Frage/Aufforderung voraus: "Können Sie bitte einmal in den Tester blasen" Dem habe ich zugestimmt, da ich wusste, dass ich kein Alkohol im Blut habe, war auch so.

So jetzt aber. Das nächste war definitiv keine Frage sondern eine direkte Aufforderung die ich auch so verstanden habe. "Dann machen wir jetzt noch ein paar Tests. Steigen Sie bitte aus dem Fahrzeug aus."

Ist das wirklich okay so oder bietet das einen Anhaltsgrund um der Fahrerlaubnisentziehung zu entgehen? Müssen die nicht direkt fragen, sodass man Ja/Nein antwortet? Und wie könnte ich das beweisen, ohne Zeugen???? Es war 3 Uhr nachts


Jedenfalls haben sie dann angeblich Anhaltspunkte für Cannabiskonsum gefunden ("Pupillen weiten sich nicht", meine Zeiteinschatzung lag bei 27 von 30 Sekunden und das mit den Finger und so war auch ganz normal) und ich sollte mit zur Blutentnahme.

Ich habe direkt der Wahrheit entsprechend gesagt, dass ich chronischen Vitamin B12 und D Mangel habe, dadurch akute Blutarmut, weswegen ich momentan bereits öfter zum Bluttesten muss, wonach ich dann auch schon einige Male umgekippt bin. Außerdem Hashimoto's und Asthma, aber denke mal die Blutarmut ist das bessere Argument gewesen. Wurde ignoriert, Bluttest eiskalt durchgezogen. Der Arzt hat relativ lange auf sich warten lassen, als er ankam hieß es dann sofort er muss noch einen Drogentest in einem anderen Zimmer machen, wodurch er irgendwie hektisch erschien und kurz nach der Blutentnahme, für dessen Wunde er mir einen Tupfer gab, einfach den Raum verließ, ohne zu sagen wo er hinginge. Ich hielt den Tupfer noch einige Minuten, wusste aber durch meine regelmäßigen Tests dass es bereits aufgehört hatte zu bluten und habe den Tupfer runtergenommen. Das war vlt 5 bis 10 Minuten später, der Arzt war immer noch nicht zurück, also habe ich die Polizisten die noch im Raum waren gefragt ob es einen Mülleimer gibt wo ich den Tupfer rein machen kann. Er hat mir dann einen Papiereimer gegeben. Da ich mal in einer Klinik gearbeitet habe hab ich mir gleich gedacht, dass das ein Infektionsrisiko ist aber trotzdem reingeschmissen. Ich weiß das ist jetzt kein Drama an sich, aber hilft mir vielleicht trotzdem?

Der gemessene THC und va Abbau-Wert im Blut dürfte relativ hoch sein, da ich bis vor kurzem täglich geraucht habe. Demnach muss ich alles versuchen um das Ganze irgendwie rechtswidrig zu machen.

Rechtsschutzversicherung ist kontaktiert, ich versuche nur, bevor ich dann doch den Anteil für den Rechtsanwalt bezahlen muss, den ich eigentlich gar nicht auf dem Konto habe, herauszufinden ob es sich für mich mehr lohnt das anzufechten, oder ob ich meine Fahrerlaubnis gleich aufgeben soll und dann den Führerschein im Heimatland meines Partners wo wir in 2 Jahren hinziehen einfach ganz neu mache

Danke für jegliche Hilfe 🙏
Freno
Beiträge: 757
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: "Fehler"? bei allg. Verkehrkontrolle -> rechtswidrig?

Beitrag von Freno »

Je nun - als "Anwalt a.D.", seit über 10 Jahren aus dem Beruf und nie ein großer Verkehrsrechtler gewesen - da kann ich kaum eine große Lippe riskieren, aber vielleicht ein paar Eckpunkte angeben:

Verfahrensfehler bei Verkehrskontrollen werden in den (sozialen) Medien und dem internet immer gerne hochgespielt. Auch in der juristischen Fachpresse erscheinen immer wieder Urteile darüber - aber in der juristischen Praxis spielen sie kaum eine Rolle.

Was Du selbst sehr richtig siehst: selbst wenn es einen Verfahrensfehler gegeben haben sollte, dann wäre es äusserst schwer, ihn zu beweisen, wenn nur Deine eigene Aussage als Beweismittel dienen kann. Diese Deine Aussage leidet uU dann auch darunter, daß, wie Du selbst annimmst, daß ein nicht unerheblicher THC-Gehalt im Blut festgestellt werden wird.

Für völlig bedeutungslos halte ich den Umstand, daß der Tupfer möglicherweise entgegen irgendwelchen Hygienevorschriften entsorgt worden ist - weil das keinerlei Einfluß auf das Untersuchungsergebnis haben kann und auch keine Gefährdung von Dir selbst verursacht hat. Auch daß der Arzt sich viel Zeit gelassen hat, spielt keine Rolle. Ärzte sind heute besonders knapp wegen der hirnrissigen ... äh ... "Corona-Maßnahmen" und Hilfeleistungen gegenüber lebensbedrohlich Erkrankten und Verletzten haben nunmal Vorrang vor Hilfeleistungen für die Strafverfolgungsbehörden.

Ein ganz erheblicher, für Dich vorteilhafter Umstand liegt aber darin, daß derzeit an einem mehr oder weniger umfangreichen Gesetz über die Legalisierung von Cannabis gearbeitet wird. Darin könnten auch die Grenzwerte - analog der für Alkohol bekannten "Promille-Grenzen" - für THC im Blut erhöht werden. Ich verfolge diese Entwicklungen nicht, aber interessierte user berichten darüber zB hier:

https://hanfverband-forum.de/viewtopic.php?f=12&t=19525

Jeder, der aktuell mit Ermittlungsverfahren und sonstigen Sanktionen - hier va Fahrerlaubnisentzug - konfrontiert ist, hat relativ gute Chancen mit einem "Spiel auf Zeit" zumindest eine Linderung der Sanktionen zu erreichen, weil Gesetzesänderungen grundsätzlich zugunsten des Angeklagten im Strafverfahren oder "Betroffenen" im OWiG-Verfahren und Verwaltungsverfahren über die Fahrerlaubnis zu berücksichtigen sind. Wie es sich im konkreten Einzelfall verhält, kann man hier nicht seriös beurteilen - das kann seriös wirklich nur ein Rechtsanwalt, der im Strafrecht und/oder Verkehrsrecht zuhause ist. Einen solchen Anwalt kann man relativ leicht über den Anwaltssuchservice des Deutschen Anwalt-Vereins (DAV) online ausfindig machen. Vor diesem Anwalt kann und muß man dann auch "brutalstmöglich" die Hosen runterlassen, was die näheren Umstände des Einzelfalls angeht.

Auch das "Spiel auf Zeit" kann mit hinreichender Aussicht auf Erfolg nur von einem Anwalt gespielt werden, va dann, wenn er bei den zuständigen Gerichten und Behörden bekannt ist und uU am Telefon einen "kleinen deal" mit den Entscheidern abschließen kann, die Sache auf die lange Bank zu schieben. Auch Staatsanwäte, Richter und Verwaltungsbeamte in der Führerscheinstelle arbeiten nur ungerne für den Papierkorb. Solche "deals" macht die Justiz aber nur mit Anwälten, also "insidern" und nicht mit Angeklagten/Betroffenen persönlich, die "outside" des Systems stehen.

Wermutstropfen: die Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung ist fraglich, weil Delikte, die vorsätzlich begangen werden können, von vorneherein ausgeschlossen sind - und Verstöße gegen das BtMG können nur vorsätzlich begangen werden. Ob das Fahren unter Einfluß von "BtM" vorsätzlich oder fahrlässig gewesen sein mag, können wir hier auch nicht beurteilen. Mit einiger Sicherheit kann man das frühestens sagen, wenn das Ergebnis der Blutuntersuchung vorliegt.

Du mußt also damit rechnen, den Anwalt selbst zahlen zu müssen. Da es hier wahrscheinlich um 2 Verfahren geht: 1) Strafverfahren oder OWiG-Verfahren wegen Straßenverkehrsdelikt vor dem Amtsgericht und 2) Fahrerlaubnisentzug auf dem Verwaltungsrechtsweg - werden die Anwaltskosten auf jeden Fall vierstellig, ich tippe mal auf 2-3 k€. Hinzu kommen die Verfahrenskosten, die in jeweils 1. Instanz jedoch zusammen unter 1000 € bleiben sollten - am teuersten ist wahrscheinlich die Blutuntersuchung.

Ob sich also der Rechtsweg lohnt, wenn eh Emmigration geplant ist, kann man auch nicht sagen. Es kommt va darauf an, welche Bedeutung der Führerschein hat und wie die Lebenssituation, va. die wirtschaftliche Situation, im übrigen ist.
Antworten

Zurück zu „Repressionsfälle & Rechtsfragen“