Med. Cannabis in der Haft

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polyneuropathie
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Med. Cannabis in der Haft

Beitrag von polyneuropathie »

Hi,
die Therapie läuft bereits, also Kostenzusage steht. Aber wie kann ich im Vorraus sicher stellen, dass die Therapie nicht abgebrochen werden muss, wenn ich einen Hafttermin antreten muss? (Stichwort: Wer trägt die Reisekosten, wie Arzt-Termine, Durchführung der ambulanten Therapie, Krankenstation?)
Grüße
THC findet sich in jedem menschlichen Gehirn. Ist Denken eventuell strafbar?
https://www.southpark.de/alle-episoden/ ... versus-kfc
moepens
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Re: Med. Cannabis in der Haft

Beitrag von moepens »

In Haft sieht es mit medizinischem Cannabis ganz schlecht aus. Die Gefängnisärzte sperren sich da mehr oder weniger kategorisch.
Evtl. hatte mal jemand mit Extrakten Glück aber mit Blüten wird es höchstwahrscheinlich nichts.
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polyneuropathie
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Re: Med. Cannabis in der Haft

Beitrag von polyneuropathie »

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Zuletzt geändert von polyneuropathie am Di 4. Okt 2022, 18:55, insgesamt 1-mal geändert.
THC findet sich in jedem menschlichen Gehirn. Ist Denken eventuell strafbar?
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moepens
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Re: Med. Cannabis in der Haft

Beitrag von moepens »

Das Extrakt das dir am Besten hilft ;) Preise musst du erfragen.

Vielleicht gibt es die Möglichkeit das z.B unter Aufsicht einzunehmen.
Ich drück dir die Daumen!
Und berichte gerne von deinen Erfahrungen, es gibt nicht viele Berichte dazu.
LegalizeNOW
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Re: Med. Cannabis in der Haft

Beitrag von LegalizeNOW »

moepens hat geschrieben: Di 4. Okt 2022, 18:31 In Haft sieht es mit medizinischem Cannabis ganz schlecht aus. Die Gefängnisärzte sperren sich da mehr oder weniger kategorisch.
Evtl. hatte mal jemand mit Extrakten Glück aber mit Blüten wird es höchstwahrscheinlich nichts.
Blödsinn! Kenne jemanden der aktuell in Haft sitzt. Selbstzahler Privatpatient.

MfG
moepens
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Re: Med. Cannabis in der Haft

Beitrag von moepens »

LegalizeNOW hat geschrieben: Mi 14. Dez 2022, 21:59 Blödsinn! Kenne jemanden der aktuell in Haft sitzt. Selbstzahler Privatpatient.
Diese Info ist schon ein paar Jahre alt. Da hat dein Bekannter vermutlich Glück mit dem Gefängnisarzt. Ansprüche durchzusetzen ist schwierig.
moepens
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Re: Med. Cannabis in der Haft

Beitrag von moepens »

Hier zum Nachlesen:
Silvio T. sagt, er wisse auch eine Woche vor seinem Haftantritt nicht, wie es mit seiner Therapie im Knast weitergehen wird. Seine Anwältin habe darauf keine klare Antwort erhalten. "Ich würde sogar versuchen, von Blüten auf Extrakte umzusteigen, um kein Aufsehen zu erregen, aber auch darauf gibt es bislang kein Feedback", sagt T. Er wolle auf jeden Fall alle Papiere mitnehmen – und seine Medizin. "Mal sehen, was passiert."
Quelle: https://www.vice.com/de/article/z3ved5/ ... -zu-kiffen
Medizinisches Cannabis? Nur für Freigänger!
Bis er die Therapie als Freigänger fortsetzen konnte, musste Silvio eben jene Sonderbehandlung erdulden, die Cannabispatienten auf unbekanntem Terrain häufig widerfährt. Strafgefangene dürfen grundsätzlich keine vom Haus- oder Facharzt verschriebenen Medikamente in eine Haftanstalt mitnehmen. Doch sie dürfen in der Regel eine einmal angefangene Therapie auch hinter Gittern fortsetzen, egal ob diese auf der Gabe von Betäubungsmitteln oder anderen Medikamenten basiert – es sei denn, es handelt sich um Cannabis. Hier versuchen die JVAs bundesweit vehement, medizinische Cannabisblüten vor den Gefängnistoren den juristischen Garaus zu machen.
Auch die Umstellung von Blüten auf Extrakte wird Strafgefangenen in der Regel verwehrt. Befürchtungen, der medizinische Cannabiskonsum eines Patienten könne Begehrlichkeiten und Missmut bei den Mitgefangenen erzeugen, sind durchaus begründet. Aber eine echte rechtliche Grundlage, Menschen wie Silvio die verordnete Medizin hinter Gittern vorzuenthalten, gibt es eben nicht. So wäre Verordnung von Extrakten eine Alternative, die geruchsfrei und unbemerkt von den Mithäftlingen appliziert werden kann. Doch zu Haftantritt verweigerte die JVA-Ärztin sowohl die Weiterverordnung von Cannabisblüten als auch eine Umstellung des Patienten auf Cannabis-Extrakte. Man bot Silvio statt dessen Diazepam an.

„Ich konnte natürlich nach dem plötzlichen Absetzen der Cannabistherapie und dem ganzen Stress im neuen Umfeld kaum noch pennen. Wenn ich mal eingepennt bin, hatte ich üble Albträume und bis nass geschwitzt aufgewacht. Als ich das der Ärztin erzählt habe, hat die mir ratzfatz Diazepam verschrieben. Das habe ich einmal genommen und war wirklich betäubt. Aber ich weiß, wie schnell das Zeug abhängig macht und habe es nicht mehr genommen – da habe ich lieber nachts weiter stundenlang wach gelegen und gegrübelt“.

Unklare Haltung der Justizverwaltung
Zudem spielt das Kostenargument wohl eine nicht unerhebliche Rolle, müsste doch die Justizkasse die Kosten für Silvios Therapie übernehmen.

Die Justizverwaltung des Landes Berlin teilte im November 2020 auf Anfrage mit, das Einbringungsverbot gelte auch medizinisches Cannabis, egal ob als Blüte, Extrakt oder Fertigarzneimittel. Und weiter: „Medizinisches Cannabis wird im Berliner Justizvollzug grundsätzlich nicht verschrieben, bei Bedarf müssen ggf. andere Therapien gefunden werden“. Doch Cannabispatienten wie Silvio mussten schon bei ihrer Krankenkasse detailliert belegen, dass andere Therapien nicht anschlagen und Cannabis die Ultima Ratio ist, damit die Kasse die Kosten übernimmt. Hiermit konfrontiert heißt es dann auf erneute Nachfrage aus der Berliner Justizverwaltung:

„Der Hinweis auf die grundsätzliche Verordnungspraxis impliziert bereits, dass nach sorgfältiger medizinischer Indikationsprüfung eben auch Verordnungen von Cannabinoid-Präparaten erfolgen können bzw. erfolgt sind.“ Was nun? Grundsätzlich nicht oder nach sorgfältiger Prüfung?

Gericht lehnt Therapie hinter Gittern ab
Bei Freigängern sieht die Sache anders aus. Hierzu antwortet die Pressestelle: „Weist ein Freigänger bei Rückkehr in die JVA eine positive UK (Anm. Urinkontrolle) auf, wird dies dann von der Anstalt toleriert, sofern der Freigänger die medizinische Anordnung nachweisen kann.“

Doch zu Haftantritt war Silvio noch kein Freigänger. Nachdem die Anstaltsärztin ihm trotz eindeutiger Aktenlage die Fortsetzung der Therapie verweigert hatte, setzt sich Silvio mit seiner Anwältin in Verbindung und klagt per Eilverfahren. Doch auch das Landgericht Berlin befindet, Silvio stehe im Knast keine Cannabinoid-Therapie zu, weil die Kasse bei der Genehmigung einen Fehler gemacht habe. Die Kosten für seine Therapie würden lediglich übernommen, weil die Kasse 2018 Fristen verpasst habe, nicht aus medizinischer Notwendigkeit. Das mit dem Fristversäumnis ist zwar richtig, aber wie kann dieser formale Fehler der Kasse alle medizinischen Gutachten, die Silvio vorgelegt hatte, zunichtemachen?

Denkt man das zu Ende, könnten Kassen bei eindeutigen Diagnosen, bei denen eine Kostenübernahme nicht zu verhindern ist, mit vorsätzlichen Fristversäumnissen dafür sorgen, dass Patienten vor Gericht die medizinische Notwendigkeit schwer nachweisen können, weil ja die versäumte Frist Grund der Kostenübernahme war – nicht die Diagnose.

Nach diesem Urteil hatte Silvio zwei Möglichkeiten:
Eine Anfechtung des Urteils hätte zwar in der nächsten Instanz durchaus Aussichten auf Erfolg gehabt. Doch Silvio wäre bis zur endgültigen Entscheidung monatelang ohne Aussicht auf Freigang, Arbeit sowie ohne Medizin in seiner Zelle geblieben.
Akzeptiert er das Urteil, ist er binnen weniger Wochen Freigänger und kann seine Therapie draußen fortsetzen.
Silvio entscheidet sich also im Januar 2021, das Urteil anzunehmen. Wenige Wochen später darf er seine Arbeit wieder aufnehmen und sich beim Facharzt Cannabis verschreiben lassen. Weil er es nicht im Knast aufbewahren darf, bekommt er täglich sogar zwei Stunden Zeit, seine Medizin einzunehmen und wegzuschließen, bevor er selbst über Nacht weggeschlossen wird.
Quelle: https://www.hanf-magazin.com/kolumnen/m ... r-gittern/
Das Gesetz war ein Meilenstein, doch in der Praxis hat sich herausgestellt, dass hohe Hürden für Patient*innen, die auf Cannabis als Medizin angewiesen sind, bestehen. Deswegen setze ich mich für eine Reform, bspw. was den Genehmigungsvorbehalt betrifft, ein. Erfahrungsgemäß sind bestehende Hürden für Menschen in Haft oft noch höher, beispielsweise für Opioidabhängige, die eine ununterbrochene Substitutionstherapie oder eine Originalstoffvergabe mit Diamorphin benötigen. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass es auch bei der Therapie mit Cannabis Vorbehalte gibt, von denen Menschen in Haft betroffen sind. Deswegen ist wichtig, die Stigmatisierung von Patient*innen, die Cannabis als Medizin erhalten, weiter abzubauen, Personal zu schulen und weitere Schritte in Richtung Regelversorgung zu gehen.
Quelle: https://www.abgeordnetenwatch.de/profil ... erapie-mit

Nicht von Sonderfällen auf die Allgemeinheit schließen @LegalizeNOW

Außerdem ist deine Aussage völlig unangebracht, wenn du den von dir zitierten post mal genau liest. Denn da widerspricht sich nichts. Also erst denken, dann posten.
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polyneuropathie
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Re: Med. Cannabis in der Haft

Beitrag von polyneuropathie »

Hmmm, wo kann ich mich denn mal ausührlich darüber beschweren?? Und über die Arzt-Empfehlung der Kassenärztlichen Vereinigung bin ich auch empört. Gibt es noch eine übergeordnete Behörde, die da gezielt durchgreifen könnte?

Grüße
THC findet sich in jedem menschlichen Gehirn. Ist Denken eventuell strafbar?
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Freno
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Re: Med. Cannabis in der Haft

Beitrag von Freno »

In der Haft ist es generell so, daß sehr viele Grundrechte empfindlich eingeschränkt werden, wozu auch das der freien Arztwahl gehört. Der Gefangene ist auf die Anstaltsärzte beschränkt und ebenso beschränkt sind seine Möglichkeiten, sich gegen diese Beschränkungen zur Wehr zu setzen. Er muß grundsätzlich alles, was er über das "anstaltsübliche" hinaus haben will, bei der Gefängnisleitung beantragen - die besteht aus Volljuristen, die den Rang von Staatsanwälten haben. Gegen deren Entscheidungen gibt es nur das Rechtsmittel zu den Strafvollzugskammern des Landgerichts, in dessen Bezirk sich die betreffende JVA befindet. Auch hier gibt es einen Instanzenzug bis zum BGH, der mal über 1 Schachtel Zigaretten entscheiden mußte, die von den Aufsehern einbehalten worden war - was aber in einer JVA selbst für einen Nichtraucher und gerade für den Nichtraucher ein enorm bedeutsamer Besitz sein kann. Es scheint in der JVA so eine Art von "Zigarretten-Währung" zu geben, wie in der Zeit nach dem II. Weltkrieg. Als ich dieses Urteil in der Fachpresse gelesen hatte, ist mir irgendwie schwummerig geworden. Ich war damals Referendar bei der Staatsanwaltschaft gewesen und hatte aktiv daran mitgewirkt, daß so einige Leute eingebuchtet wurden.

Auch innerhalb der JVAs gibt es einen Schwarzmarkt, der auch alle möglichen psychotropen Substanzen zu bieten hat. Die Preise weichen jedoch quantitativ und qualitativ enorm weit von denen des allgemeinen Schwarzmarktes ab. 1 g THC-haltiges Cannabis ist im Knast weitaus mehr wert, als 1 g Gold "draussen". Wer solch ein hoch begehrtes Gut besitzt, kann damit so einiges kaufen, zB auch sexuelle Dienstleistungen. Aber er ist auch den Raubgelüsten seiner "Mitgefangenen" ausgesetzt und die formelle Aufsichtsstruktur im Knast bietet gegenüber dem brutalen, mafia-ähnlichen "Knast-Regime" nur einen sehr eingeschränkten Schutz. Das wisssen auch die Juristen in der Anstaltsleitung und das wird zu ihrer restriktiven Haltung gegenüber medizinischem Cannabis für Gefangene nicht wenig beitragen.

Für diese restriktive Haltung habe ich sogar Verständnis: ein Cannabis-Patient im Knast bekommt ein dort hoch begehrtes Gut in die Hand, was ihn Ansprüchen seiner "Mitgefangenen" aussetzt, die ihn mit einiger Wahrscheinlichkeit überfordern - zumal diese Ansprüche sehr handgreiflich geltend gemacht werden. Andererseits kann ein Cannabis-Patient im Knast, wenn er seine Karten richtig auszuspielen versteht, in eine "Familie" der Knast-Mafia aufgenommen werden, was seiner weiteren Entwicklung höchstwahrscheinlich auch nicht guttun wird.

Es ist ein schwieriges Kapitel und wird es auch noch sehr lange bleiben.
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