Als ich mich vor 2,5 Jahren zu Beginn meiner legalen Cannabis-Patienten-Karrriere (Privatrezept vom Kassen-Psychiater) hier angemeldet habe, konnte man hier nur von Algea Care was lesen - inzwischen liest man hier von einer Reihe von "Cannabis-Mills". Ich habe hier unlängst mal zu einem Einzelfall - "5Swan" - Stellung genommen:
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Den Ausdruck "Cannabis-Mill" habe ich den "Pill-Mills" entlehnt, die in den USA schon seit Jahren eine "Opioid-Krise" herbeigeführt haben: Pill-Mills werden dort Ärzte-Zentren genannt, in denen Opioide, va Schmerzmittel mit psychotropen Nebenwirkungen (Beispiel Tilidin) ohne vernünftige Anamnese und Indikationsstellung "am Fließband" verschrieben werden, ohne daß die Einnahme weiter kontrolliert wird.
Wie ich schon in dem zitierten Beitrag kundgetan habe: man kann Cannabis nicht mit Opoiden vergleichen: das Schadenspotential von Cannabis bleibt Lichtjahre hinter dem von Opioiden zurück, weswegen Cannabis ja auch in einem Großteil der zivilisierten Welt bereits legalisiert ist und man sich auch hierzulande damit abmüht. "Man braucht eigentlich kein Rezept für Cannabis - genausowenig wie für 1 Kasten Bier !" (Obschon ich wegen des "Kasten Biers" bei manchen Besuchen im Getränkemarkt so meine Bedenken bekomme, vor allem vor demselbigen ... anderes Thema.)
Was mir aber bei diesen ärztlichen Unternehmungen ziemlich aufstößt: die Honorare, die für die Verschreibung von Cannabis und die - zumindest bei 5Swan nach deren HP durchaus vorhandene ärztliche Begleitung der Einnahme - verlangt werden, sind m.E. exorbitant. Bei 5Swan kommen im Jahr wenigstens knapp 1000 € zusammen - nur für die ärztliche Leistung, das Cannabis muß dann auch noch bezahlt werden. Daß man zusammen mit solchen Unternehmungen eine Kostenübernahme der GKV erreichen könnte, halte ich für ausgeschlossen - wäre aber durchaus nicht unglücklich, wenn ich vom Gegenteil Kenntnis erhielte.
Ich sehe dieses ärztliche Geschäftsmodell ziemlich 'kritisch': es ist von vorneherein nicht auf Nachhaltigkeit ausgelegt, sondern darauf, binnen eines allenfalls mittelfristigen Zeitraums "Kasse zu machen" - denn wenn die Legalisierung in Kraft tritt, hat kein Patient, der keinen Cannabis-freundlichen Arzt finden kann, mehr einen Grund, einen Tausender im Jahr nur für das Rezept auszugeben: er geht dann einfach ins "lizensierte Fachgeschäft". Diese "Cannabis-Mills" werden dementsprechend nach der Legalisierung so schnell wieder verschwinden, wie sie jetzt entstanden sind - "ex und hopp!"
Die sehr hohen Honorare, die m.E. weit über den normalen ärztlichen Gebührenordnungen für diese Leistungen liegen, habe ich schon angesprochen. Die ärztlichen Gebührenordnungen gelten grundsätzlich nur im Rahmen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung, daß Ärzte und Patienten Vereinbarungen über höhere Honorare schließen, ist durchaus zulässig und allgemeine Praxis zB im Bereich der plastischen Chirurgie, den "Schönheitsoperationen". Diese Operationen verlangen, wenn sie wirklich "schöner machen sollen", statt eine Art "Frankenstein" zu schaffen, einen exorbitant hohen Grad ärztlicher Kunstfertigkeit und rechtfertigen von daher m.E. auch exorbitante Honorare.
Bei der Indikationstellung, Verschreibung und Kontrolle von Cannabis handelt es sich indessen m.E. um Routine-Sachen, denen jeder ärztliche Berufsanfänger gewachsen sein sollte und auch nur einen geringen Aufwand erfordern. Es kann auch kaum was schiefgehen - im Gegensatz zum Beispiel von den Schönheits-OPs, wo hinterher 1 Frankenstein herauskommen kann.
Man kann sich auf den allgemeinen Standpunkt stellen, daß jede Maßnahme, die den legalen Bezug von Cannabis ermöglicht, in einem "höheren Sinne" gutzuheißen sei.
Man kann auch den spezielleren Standpunkt einnehmen, daß Patienten, die keinen "Cannabis-freundlichen Arzt" haben oder finden können und mit - derzeit noch - illegalen Selbstversuchen Erfolge erzielt haben, damit ein - wenn auch sehr teurer - Weg aus der Illegalität geboten wird. Auch potentielle Cannabispatienten, die im übrigen erfolglos "austherapiert" wurden, und deren bisherigen Ärzte bei der Anregung eines Versuchs mit Cannabis nur entrüstete Ablehnung erfahren hatten, können durch solche "Cannabis-Mills" Zugang zur Cannabis-Therapie haben und Heilung oder wenigstens Linderung großer Leiden erreichen. Der Schwarzmarkt ist durchaus nicht für jeden zugänglich: man "kriminalisiert sich" und die Gepflogenheiten des Schwarzmarkts sind mitunter äußerst rüde.
Man kann sich aber auch auf den Standpunkt stellen, daß hier zumindest in einigen Fällen eine Zwangslage ausgenutzt wird.
Und das wollte ich mal zur Diskussion gestellt haben !