Dosierungsanweisung des Arztes - wie sieht sie bei Euch aus ?

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Freno
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Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Dosierungsanweisung des Arztes - wie sieht sie bei Euch aus ?

Beitrag von Freno »

Hallöchen !

Für Cannabis-Patienten spielt die "ärztliche Dosierungsanweisung" eine gewisse Rolle. Die Grünhorn-Apotheke weißt zB darauf hin, daß das Cannabis-Rezept eine solche Anweisung enthalten müsse, was aber zumindest in meinem Falle nicht zutrifft. Meine Rezepte enthielten noch nie eine solche Anweisung - mein Psychiater bringt mir insofern Vertrauen entgegen. Auch auf meine Vorschläge zu den Sorten (ich nehme Blüten und rauche sie "klassisch") hat er bislang immer aufgenommen. Da ich seit 2 Jahren mit 3 g medizinischem Cannabis ( + dieselbe Menge von CBD-Kraut aus dem shop zum "pimpen" des CBD-Anteils, was von meinem Psychiater auch gutgeheißen wird) auskomme, gibt es da wohl auch nur relativ geringe "objektive" Bedenken. Mein medizinisches Cannabis enthält auch nie mehr als 10% THC. Therapeutisch wird Angstlösung und Stimmungsaufhellung bezweckt, gelegentlich auch anti-psychotische Wirkung.

Die ärztliche Anweisung kann auch eine ernste juristische Rolle spielen. Ein entsprechender Fall ist hier auch mal im Unterforum für Repressionsfälle geschildert worden: der Betroffene hatte eine ärztliche Anweisung zur Inhalation "vor dem Schlafengehen" und war bei einer Polizeikontrolle auf dem Rückweg von der Arbeit am Steuer seines Kfz "erwischt" worden. Er hatte wahrscheinlich schon lange vor dem Schlafengehen etwas inhaliert. (Die Einzelheiten lasse ich hier mal weg.) In restriktiver Auslegung der entsprechenden Vorschriften entfällt dann zumindest das "Medikamentenprivileg" des Straßenverkehrsrechts, es könnte sogar ein Verstoß gegen das BtMG konstruiert werden. Letzteres ist strafrechtsdogmatisch gesehen zumindest "grenzwertig", weil dieser Verstoß aus analoger Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften über "fehlerhaften Besitz" resultieren würde ... aber das ist schon Jurisprudenz für Fortgeschrittene.

Mich würde es mal interessieren, wie es bei den anderen Cannabis-Patienten aussieht !? Gibt es "ärztliche Dosierungsanleitungen" auf dem Rezept oder auch mündlich ? Schön wäre es, wenn Ihr eure "Indikation" im Groben beschreiben würdet - da gibt es nämlich sehr große Unterschiede. Bei mir geht es um psychiatrische Indikation, bei Schmerzpatienten oder MS-lern herrschen ganz andere Umstände ...

Ich bin mal gespannt !
Schnecki38
Beiträge: 6
Registriert: Sa 25. Mär 2023, 08:28

Re: Dosierungsanweisung des Arztes - wie sieht sie bei Euch aus ?

Beitrag von Schnecki38 »

Guten morgen!

Ich bin seit Anfang 2019 Cannabispatientin mit KÜ. Erst Extrakte und nun Blüten und es steht IMMER eine Dosierungsanweisung auf dem Rezept. Das ist im BTMG so festgelegt und vorgeschrieben. Die Apotheke ist verpflichtet darauf zu achten, dass ein entsprechende Anleitung auf dem Rezept steht. Es ist möglich, nur "Einnahme nach ärztlicher Anordnung" oder "Einnahme nach schriftlicher Anweisung" aufzubringen auf dem Rezept, das reicht theoretisch aus, allerdings ist die Apotheke dazu angehalten sich dann diese schriftliche Anweisung zeigen zu lassen. In jedem Fall geht es nicht, dass der Arzt sag, mach mal. Er muss dokumentieren, wie die dein Cannabis in welcher Menge anwenden sollst.

Deine Geschichte mit der Polizei.... ja völlig korrekt. Die Polizei wird sehr genau schauen, wie bzw. in welcher Menge der Patient sein Cannabis einnimmt. Einfach zu püfen anhand des THCspiegels im Blut. Wenn auf meiner Einnahmeanweisung steht , 2x tgl 0,2 g verdampfen und inhalieren, dann sind hohe THC-Spiegel eher nicht zu erwarten. Der Rückschluss ist dann, dass der Patient sein Cannabis missbräuchlich konsumiert. Ganz einfach.

Und abschließend noch ein Beispiel dafür, was korrekt auf dem Rezept stehen muss:

"Cannabisblüten xyz, 30 Gramm unzerkleinert,
Einzeldosis(ED) 0,2 g Tagesdosis (TD) 1,0 g
3-4 x tgl und bei Bedarf, verdampfen und inhalieren

Das wäre jetzt ein gesetzeskonformer Rezepttext. Bei Überschreiten der Höchstmenge von 100 Gramm in 30 Tagen muss dann noch ein "A" mit auf das Rezept.

Auch darf auf dem Rezept oder der schriftlichen Anleitung die dir dein Arzt aushändigt, die Applikationsform nicht fehlen. Also eben verdampfen und inhalieren, einen Tee zubereiten, oral einnehmen bei Extrakten usw. Auch die Einzeldosis und die Tageshöchstdosis gehören auf das Rezept.

Wenn die Apotheke nicht kontroliert, ob dieser Anweisung zu Verwendung auf dem Rezept steht bzw. ob der Patient eine entsprechende schriftliche Anweisung von seinem Arzt hat, dann läuft er gefahr, das retaxier zu werden. D. h. er bekommt für das fehlerhafte Rezept kein oder deutlich weniger Geld. Bei Privatrezepten verhält sich das natürlich anders, wenn diese nur für Selbstzahler sind und mit keiner Krankenkasse abgerechnet werden. Da ist die Apotheke natürlich fein raus, sie hat ihr Geld, egal was auf dem Rezept steht. Ob der Patient, der vielleicht privatversichert ist, sein Geld dann vollständig von der Kasse wieder bekommt, wenn das Rezept fehlerhaft ist, das kann ich nicht sagen. Da habe ich keine Erfahrungen.

Tatsache ist jedenfalls, dass es eine Betäubungsmittelverschreibungsverodnung gibt und an die muss sich der Arzt und auch die Aptheke halten. Die Apotheke hat dei Kontrollinstanz...
Freno
Beiträge: 757
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Dosierungsanweisung des Arztes - wie sieht sie bei Euch aus ?

Beitrag von Freno »

Vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort !

Ich muß vielleicht noch nachtragen, daß ich Selbstzahler bin (wegen meiner 3 g pro Quartal tue ich mir den Zores mit der GKV nicht an).
Schnecki38
Beiträge: 6
Registriert: Sa 25. Mär 2023, 08:28

Re: Dosierungsanweisung des Arztes - wie sieht sie bei Euch aus ?

Beitrag von Schnecki38 »

Gerne!
Auch wenn du Selbstzahler bist muss sich der Arzt und die Apotheke an die Betäubungsmittelverschreibungsverordnung und an das BTMG halten. Wie hier die Realität aussieht, ahne ich, aber auch in deinem Interesse ist es sinnvoll diesen Vorschriften genüge zu tun, denn du wirst ja dein Rezept vermutlich mit dir führen, wenn du beispielsweise mit dem Auto unterwegs bist. Wirst du von der Polente kontrolliert brauchst du ja irgendeinen Nachweis, dass dein Konsum medizinisch und damit rechtlich ok. ist.
Wenn du dann mit Rezepten aufwartest, die sozusagen Narrenfreiheit bei der Anwendung vermitteln, dann wird es schwierig glaubhaft zu machen, dass man nur zu medizinischen Zwecken in einem geregeltem Rahmen konsumiert....
Freno
Beiträge: 757
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Dosierungsanweisung des Arztes - wie sieht sie bei Euch aus ?

Beitrag von Freno »

Naja - ich mache mir selbst keine großen Sorgen. Zum einen liegen die mir verschriebenen Mengen deutlich unterhalb der in Sachsen (und den meisten Bundesländern) geltenden Geringfügigkeitsgrenze von 6 g, zum anderen ist das Umfeld in Leipzig sehr Cannabis-freundlich. Die Polizei übt sich im konsequenten Wegsehen - verfolgt wird hier, soweit ich sehe, eigentlich nur noch der Handel. Ich habe es im vergangenen Sommer sogar erlebt, daß 2 Polizisten auf dem Weg zu und von einer Amtshandlung gegen 2 Paddelboot-Fahrer 2 m vor meinen Füßen vorbeiliefen und sogar freundliche Worte mit mir wechselten, während ich einen "stick" am Bauen bzw am rauchen war und den Polizisten unmöglich verborgen geblieben sein kann.

Da ich kein Kfz besitze oder regelmässig steuere, zudem nicht erwerbstätig bin, entfallen auch die größten Konfliktpotentiale. Sollte es gleichwohl zu einer Repression kommen, wird mein Arzt eben einen entsprechenden Schrieb verfassen und schlimmstenfalls in den Zeugenstand müssen.

Aber im Grundsatz pflichte ich Dir vollkommen bei.
Schnecki38
Beiträge: 6
Registriert: Sa 25. Mär 2023, 08:28

Re: Dosierungsanweisung des Arztes - wie sieht sie bei Euch aus ?

Beitrag von Schnecki38 »

Ja ja, andere (Bundes)Länder andere Sitten... ;)

Ich komme, in dieser Hinsicht leider, aus Bayern und da weht nach wie vor ein ganz strenger Wind bzgl. Cannabis. Ich habe schon meine Probleme damit auf dem Balkon meine Medizin "einzunehmen", da ich immer Sorge habe, die Nachbarn holen die Polizei.... Beamtensiedlung noch dazu...Wenn da mal jemand an die Tür klopft.... also bei mir lagern da schon ganz andere Mengen.... mit 6 Gramm reiche ich nicht sehr lange.

Übele Geschichten habe ich da schon von anderen Cannabispatienten aus Bayern gehört. Von Hausdurchsuchung, weil es angeblich roch, bis Führerscheinentzug usw. ist da wirklich alles dabei.

Mir geht es aber ähnlich wie dir, ich fahre kein Auto, ich arbeite nicht (EMR), lediglich Klinikaufenthalte und Nachbarschaft oder Konsum in der Öffentlichkeit, weil es nicht anders geht, sind meine Probleme.
Freno
Beiträge: 757
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Dosierungsanweisung des Arztes - wie sieht sie bei Euch aus ?

Beitrag von Freno »

Ich habe hier mal versucht, eine Umfrage über die gesellschaftliche Akzeptanz von Cannabis zu starten, aber sehr weit gediehen ist sie leider bisher nicht:

viewtopic.php?t=19973

Ich bin mir aber bewußt, daß ich insofern auf einer "Insel der Seeligen" lebe, auf welcher der reine Konsum (!) von Cannabis sehr weitgehend gesellschaftlich akzeptiert und faktisch ausser Verfolgung gesetzt ist.

Ich habe insofern auch Glück mit meinem verschreibenden Psychiater, der ca. 1 Jahr, bevor ich sein - wahrscheinlich erster Cannabis-Patient wurde - noch als Mitarbeiter der Uni-Klinik ein ausführliches Gutachten für meinen RV-Träger erstellt hatte und sich dabei - nach von mir angebotener Schweigepflichts-Entbindung - mit meinem damaligen Analytiker kurzgeschlossen hatte. So ist es zu einer ungewöhnlich intensiven Anamnese gekommen, die auch ein großes Vertrauen meines Psychiaters mir gegenüber begründet hat. Er weiß eben, daß ich ein sehr aktiver und psychoanalytisch kompetenter Patient bin.

Faktisch muß ich meine Dosierung den jeweiligen Umständen entsprechend selbst tagtäglich, nicht selten auch aufgrund situativer, aktueller Belastungssituationen anpassen. Das ist auch nicht so ungewöhnlich. Ich war mehrere Jahre auch Schmerzpatient gewesen - Trigeminusneuropathie - und mußte meine täglichen Dosierungen auch selbst entscheiden (Cannabis spielte damals allerdings bei der Schmerztherapie keine Rolle.) Selbstredend muß man dies bei den regelmässigen Gesprächen mit dem Arzt dann auch kommunizieren.
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