Anklageschrift aufgrund Chatverlauf

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WeedForAll
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Anklageschrift aufgrund Chatverlauf

Beitrag von WeedForAll »

Hallo liebes Forum,

hätte gerne einmal eure Einschätzung zu folgendem fiktiven Fall. Vielleicht kann ja jemand aus Erfahrung sprechen: :roll:

Person XY hat gerne natürliches Cannabis konsumiert - Schlafprobleme.

Dieser Person wurde nun eine Anklageschrift zugestellt, in 3 Fällen innerhalb eines Zeitraums von 2 Monaten je ca. 20g Cannabis, von jemanden der vermutlich erwischt wurde, erworben zu haben.

Zur damaligen Zeit hatte Person XY schon mehrere Monate keinen Kontakt, bevor die erste Post eingetroffen ist.

Als Beweis wurde der Chatverlauf des vermeidlichen Verkäufers angegeben.

Person XY würde sich nun einen Anwalt nehmen und Akteneinsicht nehmen lassen.
Person XY hat keine Vorstrafen.

PS: Sollte mein Thema hier nicht passend sein (ist ja keine Rechtsberatung), dann bitte verschieben oder löschen. Danke.
Zuletzt geändert von WeedForAll am Mo 27. Mär 2023, 23:28, insgesamt 4-mal geändert.
Freno
Beiträge: 786
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Anklageschrift aufgrund Chatverlauf

Beitrag von Freno »

Als Rechtsanwalt "a.D. " kann ich dazu nur sagen, daß man dazu eigentlich nüschdt sagen kann, ausser, daß es sehr richtig war, einen anwaltlichen Verteidiger zu beauftragen. Der wird Akteneinsicht bekommen und dann erst wird man wissen, "was Sache ist" und kann aufgrund dessen eine Verteidigungsstrategie entwickeln.

Die "Informationen" im startpost sind eigentlich gar keine - das ist verständlich. Das ist ein öffentliches Forum und "Feind liest mit!"

Man kann eigentlich nur ein paar Kommentare zu Einzelheiten abgeben:

Als Beweis soll offenbar ein Chatprotokoll dienen, in dem Cannabis "nicht explizit erwähnt" worden sei. Das ist jedoch unerheblich. Bei illegalen Geschäften ist eine Verklausulierung üblich - in der Kifferszene sprach man schon sehr früh von "Gras", später haben sich andere "Deckbegriffe" eingebürgert wie "Grünzeug" oder "Brokkoli". Die Strafverfolgungsbehörden sind nicht blöd, im Gegenteil sogar sehr schlau und die "Szeneüblichen" Verklausulierungen sind wohl bekannt, in der "KI" der Behörden erfasst und können daher "vollautomatisch" erkannt werden, was weitere Ermittlungsmaßnahmen auslösen kann, die dann zu gerichtsverwertbaren Beweisen führen. Weil in der BRD die "fruit of poissoned three - Doktrin" grundsätzlich nicht gilt, kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob das "Ausspähen" dieses Chats legal war oder nicht. Jedoch kann die Akteneinsicht etwas anderes ergeben.

Alles andere ist Kaffeesatzleserei.

Ganz grundsätzlich ist es aber so, daß jedwede Strafverfolgung von "normalen Kiffern", dh reinen Kosumenten, die keinen Handel betrieben haben, vor dem Hintergrund der beabsichtigten Legalisierung der Verteidigung etliche Möglichkeiten eröffnet: es kann - aber zielführend nur durch einen anwaltlichen Verteidiger ! - "auf Zeit gespielt werden": das Verfahren kann im besten Falle bis zum Inkrafttreten der Legalisierung verzögert werden, was im besten Falle zur Einstellung oder sogar zum Freispruch führen kann. Denn Gesetzesänderungen zugunsten des Angeklagten sind in jeder Phase des Verfahrens zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Auch wenn ein Legalisierungsgesetz die Strafbarkeit im Einzelfall nicht beseitigt, reduziert es auf jeden Fall das "Strafinteresse". Dh eine Einstellung ohne oder gegen erträgliche Auflagen (Geldbußen, gemeinnützige Arbeitsstunden) wird immer besser erreichbar, je weiter die Legalisierung voranschreitet.

Das nähere kann aber wirklich nur der anwaltliche Verteidiger beurteilen. Ich habe dazu in verschiedenen threads so einiges dargetan, die über meinen nickname leicht auffindbar sind. Sie finden sich im Unterforum "Repressionsfälle und Rechtsfragen".
WeedForAll
Beiträge: 16
Registriert: Di 14. Nov 2017, 07:32

Re: Anklageschrift aufgrund Chatverlauf

Beitrag von WeedForAll »

Danke für deine Antwort.
Pogo407
Beiträge: 98
Registriert: Mi 21. Apr 2021, 10:52

Re: Anklageschrift aufgrund Chatverlauf

Beitrag von Pogo407 »

das kommt ganz auf die Aussage des Verkäufers drauf an - so hat es mir mein Anwalt mal erklärt.

Wenn der Verkäufer jetzt sagt "ja ich habe ihm das so verkauft wie es im Chat steht" ist der Käufer dran.

Wenn der Verkäufer gar nichts sagt und der Käufer auch nicht wird es in der Regel eingestellt.

So ging es mir mal bei einer Darknet Bestellung. Ich wurde von der Polizei angerufen wegen 1g Amphetamin und 1g MDMA. Ich verweigerte die Aussage und sogar schon 3 Tage später hatte ich den Einstellungsbescheid von der Staatsanwaltschaft im Briefkasten. Die wussten sogar meinen Nickname usw.

Bei so Kundenlisten oder Chatprotokollen ist immer nur problematisch wenn jemand ne Aussage macht. Wie gesagt der Dealer sagt ich hab jedem was verkauft wie es im Chat steht (was natürlich sehr dumm ist)

oder der Käufer gibt aus Angst oder was weiß ich was zu "ja ich hab die 5g Gras gekauft wie es im Chat steht"
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