Sehr geehrter Herr,
wir danken für Ihre E-Mail an Herrn Staatsminister Holetschek und können Ihnen hierzu Folgendes mitteilen:
Cannabis ist eine sehr wirksame stimmungs- und wahrnehmungsverändernde Droge. Behauptungen, der Cannabiskonsum beinhalte keine oder kaum gesundheitlichen Risiken, widersprechen dem internationalen Forschungsstand. Cannabiskonsum birgt wesentliche, teils irreversible, gesundheitliche und soziale Risiken, z. B.:
· Cannabis begünstigt körperliche Erkrankungen, z.B. Hodenkrebs und Atemwegserkrankungen.
· Regelmäßiger und häufiger Cannabiskonsum beeinträchtigt das Denken, die Hirnleistung und insbesondere das Gedächtnis. Abhängig vom Konsumverhalten wird vor allem die Lern- und Erinnerungsleistung gestört, es entstehen aber auch negative Auswirkungen auf andere kognitive Fähigkeiten wie Aufmerksamkeit, Problemlösen und Denkleistung.
· Cannabis ist ein Risikofaktor für psychische Erkrankungen. Insbesondere Angststörungen, Depressionen und Psychosen können auftreten.
· Menschen, die häufig Cannabis konsumieren, brechen öfter die Schule ab, besuchen seltener eine Universität und haben seltener akademische Abschlüsse als nicht konsumierende Altersgenossen. Der geringere Bildungserfolg zeigt sich vor allem, wenn Jugendliche über Jahre hinweg viel Cannabis konsumieren und schon vor dem 15. Lebensjahr damit begonnen haben.
· Studien schätzen, dass etwa neun Prozent aller Cannabiskonsumentinnen bzw. Cannabiskonsumenten eine Cannabisabhängigkeit mit unter anderem Toleranzentwicklung und Entzugssymptomen entwickeln. Die Rate steigt auf 17 Prozent, wenn der Cannabiskonsum in der Adoleszenz beginnt und auf 25 bis 50 Prozent, wenn Cannabis täglich konsumiert wird (
https://www.bundesgesundheitsministeriu ... fo_web.pdf).
Unabdingbar sind daher universelle Präventions- und Hilfemaßnahmen, vor allem für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, sowie Präventionsmaßnahmen für Menschen mit einem überdurchschnittlich hohen Konsumrisiko (z. B. Kinder suchtkranker Eltern). Ferner gibt es vielfältige Beratungs- und Hilfsangebote für erwachsene Personen mit riskantem bzw. süchtigem Konsum in Bayern, z. B. rund 110 ambulante Psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstellen, niedrigschwellige Hilfsangebote vor allem in den Kommunen (z. B. Kontaktläden, Streetworkerinnen und Streetworker, Drogennotdienste) sowie stationäre Entzugs- und Entwöhnungsbehandlungsangebote in Allgemeinkrankenhäusern wie spezialisierten Fachkliniken. Entscheidend sind eine wissenschaftlich fundierte Aufklärung über die Risiken des Cannabiskonsums und ein starker Jugend- und Gesundheitsschutz.
Aus suchtmedizinischer Sicht könnte eine Legalisierung von Cannabis vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter anderem das Gefahrenbewusstsein in Bezug auf Cannabis vermindern und damit bisherige Bemühungen der Suchtprävention unterlaufen, wenn bei diesen Gruppen z. B. der Eindruck entstünde, dass Cannabiskonsum – da er staatlicherseits sozusagen akzeptiert werde – gesundheitlich unbedenklich sei.
Auch würde Jugendlichen der Zugang zu Cannabis deutlich einfacher gemacht - Stichwort volljähriger Freund. Dazu kommt: Konzessioniertes Cannabis könnte erheblich teurer sein als illegal verkauftes. Es muss befürchtet werden, dass viel mehr Leute „auf den Geschmack“ kommen und sich dann günstig mit Cannabis auf dem Schwarzmarkt eindecken wollen. Diesen zu bekämpfen bleibt zweifelslos Aufgabe der Polizei. Noch völlig unklar ist außerdem, wie die Polizei bei einer Kontrolle feststellen kann bzw. soll, aus welcher Quelle das aufgefundene Cannabis stammt. Selbst die Quittung eines konzessionierten Cannabisgeschäfts ließe nicht den Rückschluss zu, dass das aufgefundene Cannabis tatsächlich dort gekauft wurde. Das Bayerische Staatsministerium des Inneren, für Sport und Integration geht deshalb mit Blick auf die von der Bundesregierung angekündigte Cannabislegalisierung in der Summe von keiner Entlastung der Bayerischen Polizei aus und ist der Ansicht, dass eine Cannabisfreigabe viel mehr Probleme schafft als sie eventuell lösen könnte.
Die Bayerische Staatsregierung steht dem Vorhaben einer Cannabislegalisierung aufgrund der dargelegten gravierenden gesundheitlichen Risiken und möglichen psychosozialen Folgen sowie auch möglichen Belastungen unter anderem für die Exekutive ablehnend gegenüber.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Servicestelle im
Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege
Haidenauplatz 1
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Tel.: +49 (89) 540233-0
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poststelle@stmgp.bayern.de