Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

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pasiphae123
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Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von pasiphae123 »

Hallo liebes Forum,

mir ist heute ein Brief ins Haus geflattert.

Ein Darknet-Händler wurde wohl hochgenommen und man hat in seinen Unterlagen rausgefunden das ich dort mal 10g grünes bestellt hatte. Tatzeitpunkt war wohl der 24.7.2018...

Jetzt wird mir angeboten das Verfahren gegen eine Geldstrafe direkt einzustellen. Macht das Sinn oder soll ich einfach alles verweigern und schauen was passiert?

Kleine Backstory: habe seit mindestens 3-4 Jahren nichts mehr geraucht, allerdings im Nachgang noch einiges an Ärger gehabt.
1. Ein Fall ähnlich wie oben (auch Darknet-Händler, damals 30g), der allerdings damals aus Mangel an Beweisen eingestellt wurde. Keine Ahnung ob das ein zweites Mal klappt.
2. Beim Autofahren in eine Kontrolle gekommen, wobei 1,7ng gemessen wurden (letzter Joint mindestens 2 Wochen her, war im Urlaub). Folge davon war 1 Jahr Führerscheinentzug (um 2020-2021 herum), MPU, Abstinenznachweise, volles Programm eben.

Beruflich habe ich 2 verschiedene Uni-Abschlüsse und bin verheirateter Alleinverdiener. Das war sicher mit der Grund warum der Richter damals meinte das die Staatsanwälte nicht mehr alle Latten am Zaun haben und mich einfach freigesprochen hat. Aber ob das nochmal klappt, und ob das nochmal Ärger mit der Führerscheinbehörde gibt, keine Ahnung.

Wie komme ich denn da jetzt am problemlosesten aus der Sache raus, ohne dass ich mein berufliches Leben, bzw. die finanzielle Sicherheit von mir und meiner Frau gefährde?
Freno
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Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von Freno »

Hallöchen !

Deine Fragen können hier nicht beantwortet werden - auch wenn das vielleicht einige noch meinen könnten. Denn: nur dann, wenn man alle relevanten Umstände des Einzelfalls kennt, kann man einen halbwegs verlässlichen Rat geben. Die relevanten Umstände jedoch kannst Du aus naheliegenden Gründen nicht ausbreiten und zudem braucht Dein Ratgeber die "local expertise" bezüglich der anderen Beteiligten: Staatsanwaltschaft und Gerichte, die für den Fall zuständig sind oder werden könnten.

Es hilft leider nichts: am Weg zum Anwalt führt leider kein Weg vorbei. Geeignete Anwälte findet man leicht über den Anwalts-Such-Service des Deutschen Anwalt-Vereins (DAV) im Netz. BtMG kann eigentlich jeder auf Strafrecht spezialisierte Anwalt. Die Erstberatung ist gebührenrechtlich "gedeckelt" - nach meiner über 10 Jahre alten Erfahrung waren es €300, bei einer solchen "Bagatelle" dürfte dieser Betrag aber kaum erreicht werden.

Ganz allgemein gesprochen: eine Verfahrenseinstellung gegen Geldbuße ist immer ein Angebot, daß man in Betracht ziehen kann. Denn: ihr großer Vorteil besteht darin, daß dies nicht als "Strafe" gilt, keine "Vorstrafe" erzeugt, die das Führungszeugnis belastet. Wenn die Geldbuße also nach den persönlichen Verhältnissen nicht allzu arg drückt, kann man durchaus "zugreifen". Das große Aber ist die Relevanz bezüglich der Fahrerlaubnis. Hierzu kann ich leider überhaupt nichts substantiiertes beitragen - aber es muß wohl auch damit gerechnet werden, daß die Akte auch zur Führerscheinstelle geht - selbst dann, wenn keine konkrete Verkehrsstraftat vorgeworfen wird - "Fahren unter dem Einfluß von Betäubungsmitteln. Das hängt ganz von den konkreten "Amtsgebräuchen" ab und auch dafür braucht man den "local expert".

Schließlich ist es auch so, daß hier die Verjährung im Raum steht - wann sie zu laufen begonnen hat und wann sie endet, kann ich auch nicht sagen. Im Allgemeinen beträgt die Verjährungsfrist regelmässig 5 Jahre.

Ferner ist es so, daß die Legalisierung bevorsteht und ein "Spiel auf Zeit" in Betracht kommt, da die Legalisierung die Lage für wegen Cannabis Verfolgte auf jeden Fall verbessern wird - auch wenn uU die Strafbarkeit nicht völlig entfällt. Aber auch hier kommt es auf die Kompetenz des Anwalts an, der entscheiden muß, ob ein solches "Spiel auf Zeit" hier zielführend sein kann.
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Martin Mainz
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Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von Martin Mainz »

Ich frage mich, wenn man die Buße annimmt, ob das als Schuldeingeständnis von der FSS gewertet werden könnte. Ich würde da persönlich erst mal nichts unternehmen. Aber Anwalt kann auch nicht schaden.
Freno
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Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von Freno »

Martin Mainz hat geschrieben: Mi 7. Dez 2022, 19:52 Ich frage mich, wenn man die Buße annimmt, ob das als Schuldeingeständnis von der FSS gewertet werden könnte. Ich würde da persönlich erst mal nichts unternehmen. Aber Anwalt kann auch nicht schaden.
Das ist genau so 1 Punkt: soetwas kann nur ein Anwalt wissen, der einschlägige Erfahrung hat und den "Amtsgebrauch" kennt.

Die Zustimmung zu einer Verfahrenseinstellung hat rein juristisch gesehen keinerlei "Bindungswirkung" - es geht ja letztendlich nur darum, den Stress eines "Hauptverfahrens" zu vermeiden. Rein praktisch gesehen kann es aber genauso "nach hinten losgehen", wie Martin es vermutet hat.

Das Verwaltungsverfahren bezüglich der Fahrerlaubnis ist vom Strafverfahren völlig unabhängig - sofern die Fahrerlaubnis nicht schon im Strafverfahren durch Urteil entzogen wird, was auch sehr häufig vorkommt.

Die "Führerscheinstelle" ist ein unselbstständiger Teil einer kommunalen Behörde - Landratsamt oder "der Oberbürgermeister" kreisfreier Städte. Die Beamten dieser Behörde sind nicht unabhängig wie Richter, sondern weisungsgebunden. Die konkreten Weisungen erfolgen idR durch schriftliche "Dienstanweisungen", die man als betroffener normalerweise niemals zu Gesicht bekommt, in Einzelfällen auch durch mündliche Einzel-Anweisungen durch den Abteilungsleiter oder den "Dezernenten" - regelmässig ein kommunaler Wahlbeamter. Diese kommunalen Wahlbeamten nutzen ihren "Ermessenspielraum" je nach politischer "Orientierung" (Parteizugehörigkeit) und persönlichen Meinungen, Einstellungen und den weiteren "Lebenszielen". Wahlbeamte im "Vor-Pensions-Alter" tendieren zu Vermeidung von Arbeit und Stress, junge Leute wollen sich dagegen häufig profilieren, sich für "Höheres" empfehlen. Dabei scheuen sich die "Entscheidungsträger" auch nicht davor, vorsätzlich rechtswidrig zu handeln, wenn es ihren (politischen) Lebenszielen nützt: vorsätzlich rechtswidriges Verwaltungshandeln ist ja schließlich nicht strafbar !

Wenn es dem "Betroffenen" nicht passt, was bei diesen innerbehördlichen Willensbildungen herauskommt, "dann kann er ja klagen" - das juckt weder den Sachbearbeiter, noch die Vorgesetzten.

Ich werde es nicht müde, zu wiederholen: zuverlässigen Rat und zielführende Hilfe in Einzelfällen kann man hier und in sonstigen online-Foren nicht bekommen, am Anwalt und seinen Gebühren führt kein Weg vorbei !

Der TE fragt danach, wie er "die Sache" vom Tisch bekommen kann, ohne seine berufliche Existenz und die seiner "Familie in Gründung" (mutmaße ich jetzt mal) zu gefährden - es geht ihm also um beträchtliche "Werte". Da sollte er sich nicht scheuen, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, auch wenn sie - wenn es nicht nur um Beratung, sondern auch Vertretung vor den Strafverfolgungsinstanzen und der "Führerscheinstelle" geht - uU Kosten im unteren vierstelligen Bereich auslösen könnte.

Es ist okay, hier nachzufragen - aber man sollte die Erwartungen an so ein Forum nicht überspannen. In Forumsbeiträgen können schon aus Zeit- und Platzgründen die "Fälle" nicht genügend ausgebreitet werden und "der Feind liest mit". Zudem gibt es hier keinen Juristen, der in der Lage wäre, verlässliche Auskünfte zu geben. Es gibt hier zwar so einige, die im Brustton der Überzeugung mit Menschenrechten nur so um sich werfen und dem Kiffer immer Recht geben, jedwede Verfolgung für illegal erklären wollen und jeden, der was anderes sagt, zum Faschisten erklären - aber das sind m.E. schlicht: juvenile, bildungsferne Rotzlöffel, die rumtönen, ohne auch nur einen Schimmer von Ahnung zu haben, worüber sie überhaupt reden. Ich bin mir ziemlich sicher: ich bin der einzige hier, der eine juristische Ausbildung durchlaufen hat und mal juristisch gearbeitet hat.

Ich bin selbst zwar Jurist, aber seit fast 15 Jahren aus dem Beruf und seither ohne Bezug zur Entwicklung von Gesetzgebung und Rechtsprechung. Ich kann nur aus meiner früheren Berufserfahrung ein paar sehr allgemeine "Tipps" geben - Fingerzeige, die Wege aufweisen können.

Ob diese Wege im Einzelfall gangbar sind, kann ich nie wissen.
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FraFraFrankenstein
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Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von FraFraFrankenstein »

Es macht auch Sinn es mal von der anderen Seite zu betrachten. Wenn die einen Deal anbieten, dann kann das auch heißen, dass sie auf dem normalen Weg nichts erreichen würden, also dass das Verfahren so aussichtslos ist, dass es sowieso eingestellt würde. Dann bieten sie sowas an und alle die darauf eingehen geben die Tat zu. :?

Ich würde auch ersmal nichts tun, ausser abzuwarten.

FraFra
Rauch gehört nicht in die Lunge. Rauchen ist die schlechteste Art Cannabis zu konsumieren. Vapen ist da wesentlich besser geeignet. Maximal 200°C
Freno
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Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von Freno »

FraFraFrankenstein hat geschrieben: Fr 9. Dez 2022, 18:54 Es macht auch Sinn es mal von der anderen Seite zu betrachten. Wenn die einen Deal anbieten, dann kann das auch heißen, dass sie auf dem normalen Weg nichts erreichen würden, also dass das Verfahren so aussichtslos ist, dass es sowieso eingestellt würde. Dann bieten sie sowas an und alle die darauf eingehen geben die Tat zu. :?

Ich würde auch ersmal nichts tun, ausser abzuwarten.

FraFra
Das ist zwar naheliegend, so etwas zu vermuten - aber gottlob so nicht richtig. Die Verfahrenseinstellung durch das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft, des Angeklagten und der Verteidigung ist in §§ 153 ff StPO schon seit langem gesetzlich geregelt. § 154 dient va der "Verschlankung" von Verfahren - Musterbeispiel: der Bankräuber fährt auf der Flucht mit 80 kmh über eine rote Ampel und wird dabei "geknipst". § 153 widmet sich den Fällen der "geringen Schuld", selbst wenn der Tatvorwurf umständlich in der Hauptverhandlung bewiesen werden würde, bei denen aber die Verurteilung zumindest wahrscheinlich wäre. Ist eine Verurteilung nach Auffassung des Gerichts ausgeschlossen, dann MUSS freigesprochen werden - für eine Einstellung ist kein Raum. (In "Amtsgerichtsfällen" veranlasst der Richter in diesen Fällen jedoch in der Regel die Staatsanwaltschaft zur Rücknahme der Anklage.) Und selbstredend wird die Zustimmung zu so einer Einstellung "mit oder ohne Auflagen" (meist eine Geldbuße) niemals als ein "Tateingeständnis" gewertet. In der Praxis ist es eh so, daß die Initiative zur Einstellung meist von der Verteidigung ausgeht.

Das gleiche gilt für den "deal" im engeren Sinne des Wortes: "dealen" heißt für den Strafprozessualisten einen "Schuldhandel", wie er im angelsächsischen Rechtskreis lange Tradtion hat. In der BRD ist diese Praxis um die Jahrtausendwende herum zunächst in einer "Grauzone" eingesickert, dann vom BGH "amtlich" gebilligt und schließlich auch gesetzlich geregelt worden. Auch hier sind die "Vorverhandlungen" niemals bindend - wären sie es, wie FraFra vermutet, kämen solche Einstellungen oder Deals niemals zustande. Beim Deal im engeren Sinne binden sich Gericht und Staatsanwaltschaft auf eine maximale Strafe, wenn der Angeklagte ein Tatgeständnis abgibt. Gibt der Angeklagte das Geständnis nicht ab, ist der deal geplatzt, das Verfahren geht normal weiter. Gerade für den Angeklagten ist also dieser Deal niemals bindend.

Das Angebot einer Verfahrenseinstellung gegen Auflage ist also "buisness as usual" und eine "Hinterfotzigkeit" braucht man nicht zu befürchten. Wenn die Anregung zur Einstellung vom Gericht ausgeht, kann man auch annehmen, daß die Staatsanwaltschaft bereits zugestimmt hat oder ihre Zustimmung gesichert ist. Dergleichen wird oftmals am Telefon erledigt. Ich habe Fälle erlebt, wo das Ergebnis des Telefonats mit dem Strafrichter dessen Zusage war: "Die Staatsanwaltschaft nimmt die Anklage zurück - das regel' ich schon." Auch das gehört zu den Arkana des Rechtsstaats: der Richter ist faktisch eine Art von "Fachvorgesetzter" der Staatsanwaltschaft, die dem Gericht des Richters zugeordnet ist - die Staatsanwaltschaften sind den Landgerichten zugeordnet. Ein Staatsanwalt, welcher der Aufforderung eines Richters, eine Anklage zurückzunehmen, nicht nachkommt, kann sich auf was gefasst machen, wenn er demnächst wieder mit diesem Richter zu tun hat.

Die "Einstellung gegen Auflagen" und der "deal" haben zu den wichtigsten Instrumenten von mir als Strafverteidiger gehört - war das regelmässige Ziel meiner Strategie. Ich würde im nachhinein einschätzen, daß 90% meiner Strafverteidigungen mit "Einstellung" oder "Deals im engeren Wortsinne" geendet haben.

Wenn man FraFras Vorschlag, nicht zu reagieren und "nur" abzuwarten folgen will, dann wäre das Ergebnis mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Hauptverhandlung mit ungewissem Ausgang.

Ich wiederhole mich: konkrete Ratschläge können wir hier nicht geben, weil wir die relevanten Umstände nicht kennen (und auch nicht kennen können), die für einen konkreten Rat erforderlich wären.

Einen solchen Rat kann nur ein Anwalt geben, vor dem man als Angeklagter "die Hosen runterlassen" kann (was hier nicht geht, weil "Feind liest mit" !), der die Rechtslage zuverlässig einzuschätzen vermag und vor allem als "local expert" auch weiß, wie die anderen "Gerichtspersonen" (Gericht und Staatsanwaltschaft) ticken. Der Rat des Anwalts kann durchaus darauf hinauslaufen, der Einstellung zuzustimmen - aber nur der Anwalt kann wissen, was das für weitere Folgen - Stichwort: Führerschein - nach dem "Amtsgebrauch" der örtlich zuständigen Behörden haben kann.

Ich selbst hatte als Anwalt bei "meinem" Amtsgericht (bei dem ich zugelassen war) ein sehr vertrauensvolles, mit einigen sogar regelrecht freundschaftliches Verhältnis mit "meinen" Richtern gehabt - was aber nichts besonderes ist. Die Justiz ist stets bemüht, mit "ihren" Anwälten zu einem guten "Geschäftsklima" zu kommen. Schließlich sieht man sich nicht nur 2x im Leben, sondern normalerweise wenigstens 2x im Monat.

Deswegen ist es - ich wiederhole mich - der beste Rat, den man hier dem TE geben kann, einen erfahrenen "local expert" als Verteidiger zu beauftragen, auch wenn es ein paar Scheine kostet, die dem TE, so wie er seine Situation umreißt, "nicht umbringen" werden.

FraFra - nichts für ungut ! Betrachte diese meine "Kritik" an Deinem Vorschlag bitte nicht als persönlichen Affront ! Ich habe auch so ausführlich darauf geantwortet, weil ich vermute, daß sehr viele so denken könnten, wie Du und hoffe ja irgendwo, daß meine Ausführungen hier auch für so einige, die nur "still mitlesen" ein paar Lichtlein aufstecken könnten.

"Betroffene" von "Cannabis-Repressionsfällen" neigen zu einem sehr großen Mißtrauen gegenüber den Strafverfolgungsbehörden und Gerichten - dieses Mißtrauen ist auch nicht unbegründet: man findet sich in einem Dschungel des Strafrechts wieder, den man nicht durchschaut. Die durchaus legitime Ablehnung des Cannabis-Verbots überträgt sich auch auf die Gerichte und Staatsanwaltschaften, die nur ihre Pflicht tun, tun müssen. Ich habe oftmals dargelegt, daß sie das schon seit langem nicht mehr gerne tun: Cannabis-Konsumenten verfolgen. Die Legalisierung hat, das werde ich nicht müde zu betonen, ihre besten Verbündeten in den Gerichten, Staatsanwaltschaften und bei der Kripo. "In Karlsruhe" sind (wenigstens) drei "Vorlagebeschlüsse" von Amtsgerichten anhängig, die das Cannabis-Verbot für Verfassungswidrig halten.

Mit der Kripo, Staatsanwaltschaften und Gerichten Kirschen zu essen, ist ein schwieriges Geschäft, von dem man als "Normalbürger" überfordert ist. Man braucht den Anwalt, auch wenn es Geld kostet. Denn nur der Anwalt ist es, der mit diesen für den Normalbürger gruseligen Instanzen "gut Kirschen essen kann".
pasiphae123
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Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von pasiphae123 »

Hallo zusammen,

nachdem ich mir hier alles durchgelesen habe und noch ein paarmal gegoogelt habe stellt sich das für mich so dar:

Zum Thema Schuldeingeständnis: Auf dem Bogen kann ich ankreuzen (multiple choice) ob ich die Tat zugebe, von der Polizei vernommen werden will (lol), die Tat nicht zugebe und ob ich einen Anwalt einschalten will. Wenn ich ankreuze dass ich mit der Einstellung gegen eine Geldstrafe einverstanden bin, sollte das also erstmal kein Schuldeingeständnis sein.

Zum Thema Ausgang eines Gerichtsverfahrens: Bei der beschuldigten Menge handelt es sich um 10g Restweed. Hier wird ja alleine die Festsetzung einer Strafe schon schwierig, denn: was ist "Restweed" überhaupt und welchen Wirkstoffgehalt hat das? Eine Verbindung zu mir kann prinzipiell auch nicht nachgewiesen werden, was bedeutet dass ein tatsächlicher Freispruch aus Mangel an Beweisen naheliegt.
ABER: Wie gesagt, es gab eine Vorgeschichte zum Thema, und je nachdem mit welchem Bein der Richter an dem Tag aus dem Bett steigt wird er sich das Thema anschauen und fragen welcher Spezialist hier einen 4,5 Jahren alten Fall, der auf juristisch ganz dünnem Eis steht, überhaupt zur Hauptverhandlung bringt, ODER ich treffe auf Marlene Mortlers Onkel der richtig geil darauf ist hier mal wieder jemanden zu verklagen.

Führerscheintechnisch ist die Gefahr vermutlich größer beim verlieren einer Verhandlung als beim einfachen Einstellen eines Verfahrens ohne die Schuldfrage geklärt zu haben. Außerdem ist die Geschichte wie gesagt 4,5 Jahre her, der Konsum wurde damals der Führerscheinstelle gegenüber zugegeben und entsprechend wurde das Thema professional (Suchtberatung, über ein Jahr Abstinenznachweis + Abgabe des Führerscheins, MPU) aufgerollt. Denke nicht dass die das nochmal aufrollen, geraucht habe ich seit Ewigkeiten nichts mehr, und selbst wenn die Führerscheinstelle ein Gutachten fordert habe ich genug Unterlagen damit mich der Gutachter auch nur anschauen und sich fragen wird was die Führerscheinbehörde denn hier eigentlich von mir will.

Abschließend werde ich also folgendes machen: Ankreuzen dass ich die Tat nicht gestehe und mit dem Einstellen des Verfahrens gegen eine Geldstrafe einverstanden bin. Hauptgrund dafür ist, dass Eine Verfahrenseinstellung weder in das Bundeszentralregister noch in das Führungszeugnis eingetragen wird. Damit ist das Thema dann hoffentlich erledigt.
Freno
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Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von Freno »

Ich hab mir genug die Fingerspitzen franselig geschrieben - auf dühringisch: "isch so-che dodersuh gohrnüscht mär !"
Jim
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Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von Jim »

Hello,

hab fast dasselbe Erlebnis gerade gehabt. Ebenfalls vor kurzem Brief bekommen. Gleicher Vorwurf, gleicher Sachverhalt. Könnte mir vorstellen, dass es sogar der gleiche Case ist. Hab das Gefühl, dass die da kurz vor Verjährung (bei mir wärs sogar noch schneller verjährt) schnell noch raushauen, um die Frist zu stoppen und abzugreifen, was geht. Ärgerlich.

In meinem Fall gibts keine Vorgeschichte, das erste Mal, dass ich mit dem Gesetz irgendwie in Berührung komme. Auch die Menge ist um zwei Drittel geringer.

Ich habs dann aber doch so wie Freno schreibt gehalten. Direkt damit zum Anwalt meines Vertrauens mit Spezialgebiet Strafrecht, der kümmert sich. Also erst mal Akteneinsicht. Das kostet mich was, ja. Aber dafür ist er der Experte und ich will keine Fehler machen.
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Martin Mainz
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Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von Martin Mainz »

Hey Jim, danke fürs berichten! Schreib doch auf jeden Fall, was bei raus gekommen ist.
Ehrenamtlicher Foren-Putzer

Wenn ich einen Fehler gemacht habe, bitte einfach eine PN an mich :mrgreen:
Bitte seid nett zueinander - die Welt da draußen ist schlimm genug
Freno
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Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von Freno »

pinko42 hat geschrieben: Di 20. Dez 2022, 21:12 Der Anwalt kann Akteneinsicht verlangen, um zu prüfen, ob da überhaupt Substanz dahinter ist.
Robert
Das ist richtig und das will ich hier wieder einmal betonen: NUR der anwaltliche Verteidiger bekommt die Akteneinsicht - der Beschuldigte oder Angeklagte bekommt sie nicht, auch nicht zur "Einsicht auf der Geschäftsstelle", weil der personelle Aufwand für die Justiz viel zu hoch wäre.

Nur dann, wenn man die Akte kennt, weiß man, wogegen man sich überhaupt verteidigen muß und was man günstigstenfalls erreichen und schlimmstenfalls zu befürchten hat. Die sonstigen Schriftstücke, die einem von der Kripo, der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht zugeschickt werden, enthalten nur äusserst "dürre" Darstellungen des Vorwurfs in wenigen, manchmal nur einem einzigen Satz. Nicht wenige Betroffene erfahren erstmals aus diesen Schreiben, daß überhaupt gegen sie ermittelt wurde - nicht alle Ermittlungen "bekommt man auch mit".

Es ist auch so, daß nur ein Anwalt die Akte "lesen", dh verstehen kann. Es wimmelt nur so von Paragraphen, Abkürzungen und Fachausdrücken, die der Laie nicht versteht und seine berechtigten Ängste noch vergrößern. Was ist eine "ladungsfähige Anschrift", eine "Einlassungsfrist" usw usw ?

Deswegen ist auch die "local expertise" des "am Gerichtsort" zugelassenen Anwalts so wichtig: nur er kann wissen, wie der Dezernent bei der Staatsanwaltschaft, der oder die - wahrscheinlich - zuständigen Richter "ticken".

Ich kann es immer nur wiederholen: am Anwalt führt kein Weg vorbei - auch wenn der Anwalt teuer ist. Die Versuche, sich selbst, mit Verwandten, Freunden usw am Küchentisch, am Tresen oder im Internet irgendetwas "auszuklügeln", enden mit großer Regelmässigkeit vor einer Betonwand - eben weil man die Komplexität des "real existierenden Rechtsstaats" nicht überschauen kann. "Jura" muß man nicht umsonst ziemlich lange und mühseelig studieren und 2 ziemlich heftige Staatsprüfungen ablegen, bevor man überhaupt anfangen darf, die Juristerei geschäftsmässig zu betreiben.
dertestnutzer
Beiträge: 7
Registriert: Do 9. Feb 2023, 18:47

Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von dertestnutzer »

also, wie sieht's aus?
pasiphae123
Beiträge: 3
Registriert: Mi 7. Dez 2022, 16:28

Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von pasiphae123 »

Hallo zusammen,

Hab's gemacht wie beschrieben, also keine Schuld eingestanden, zur Einstellung gegen Geldstrafe zugestimmt und angekreuzt das ich im Zuge einer Fortführung mich anwaltlich beraten werde.
Dann kam ein Brief dass das Verfahren eingestellt ist, "wegen der Legalisierung" aber "ich das bloß nicht nochmal machen soll, sonst verfolgen sie das wieder". Klingt für mich nach ner gefrusteten Anwältin die gerne Leute verklagen würde, aber genau weiß dass es keinen Sinn macht einen Strafprozeß anzufangen der dann Mal in zwei bis drei Jahren bei einem Richter landet und dann eh fallen gelassen wird, weil es nur Anhaltspunkte aber keine Beweise gibt und keiner weiß wie die Rechtslage bis dahin aussieht. Außer man ist doof und gibt es zu, dann käme vermutlich eine Bußgeldforderung um die Sache schnell vom Tisch zu kriegen bevor das bei einem Richter landet.

Jetzt noch eine ordentliche THC-Grenze beim Autofahren und ich bin happy...
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Einstellung Verfahren gegen Geldstrafe

Beitrag von Freno »

pasiphae123 hat geschrieben: Di 21. Nov 2023, 22:41 Hallo zusammen,

Hab's gemacht wie beschrieben, ...
Zunächst einmal: vielen Dank für das feedback !

Die Interpretation des Verhaltens "des Staates" wird von mir als "RA a.D." nicht geteilt. Die Betroffenen staatlicher Repressionsmaßnahmen neigen sehr dazu, ein gesteigertes Interesse der "Repressions-Apparatschiks" ihnen gegenüber zu vermuten. Tatsächlich sind solche Fälle jedoch für Staatsanwälte und Richter von äusserst geringem Interesse - langweilige "Fließbandarbeit", die heutezutage mit (gelegentlichem Gähnen und) ein paar Mausklicks erledigt wird, worauf standartisierte Schreiben verschickt werden, die auf "Otto Normalverbraucher" zugeschnitten sind - also Grenzdebile.

Interessant für mich wäre, von welcher Stelle die Einstellung erfolgt ist: vom zuständigen Gericht - höchstwahrscheinlich ein Amtsgericht - oder von der Staatsanwaltschaft ?

Hintergrund:

Nur ein Gericht kann nach § 153 StPO ein Strafverfahren - mit Zustimmung von Beschuldigtem (und Verteidiger, soweit einer bestellt ist) und Staatsanwaltschaft "ohne Auflagen" einstellen - "wegen geringer Schuld".

Die Staatsanwaltschaft kann ein Ermittlungsverfahren grundsätzlich nur nach § 170 II StPO "mangels Nachweises einer Straftat" einstellen.

Das macht die Sache für mich so interessant: wenn die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft erfolgte, dann hat sie möglicherweise diese Vorschrift sehr extensiv ausgelegt in dem Sinne, daß eine Straftat, deren Entkriminalisierung gerade im Gesetzgebungsverfahren befindlich ist, "eigentlich" gar keine mehr ist "im Sinne der Vorschrift".

Das kann für viele andere, die derzeit noch von ähnlichen Repressionsfällen wegen "ein paar Grämmchen" betroffen sind, durchaus von Bedeutung sein !
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