Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

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vivian77
Beiträge: 3
Registriert: Do 19. Jan 2023, 09:35

Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von vivian77 »

Hallo,
vielen Dank für die zahlreichen Erfahrungsberichte. Ich beschäftige mich schon lange mit dem Thema, bin aber skeptisch den Weg über eine Onlineplattform zu gehen :?:
Jetzt traue ich mich vllt. endlich....
Welche sind denn die bekanntesten oder welche könntet ihr mir empfehlen?
Ich sag schonmal Danke und einen schönen Tag!!!
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Martin Mainz
Board-Administration
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Re: Erfahrung mit Online Ärzten allgemein

Beitrag von Martin Mainz »

Hallo Vivian und willkommen im Forum.

Ich habe deinen Beitrag abgehängt, weil die Frage zu allgemein für den anderen Strang ist.


Wir haben bisher zu den zwei bekanntesten privaten Ärztegruppierungen, Kanna Medics (viewtopic.php?t=19480) und Algea Care (viewtopic.php?t=18077) Erfahrungsberichte. Zu Nowomed gibt bisher keinen eigenen Thread, kann aber über die Suche gut gefunden werden, hier der erste Eintrag: viewtopic.php?p=92561&hilit=Nowomed#p92561
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Wenn ich einen Fehler gemacht habe, bitte einfach eine PN an mich :mrgreen:
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Freno
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Re: Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von Freno »

Als ich mich vor 2,5 Jahren zu Beginn meiner legalen Cannabis-Patienten-Karrriere (Privatrezept vom Kassen-Psychiater) hier angemeldet habe, konnte man hier nur von Algea Care was lesen - inzwischen liest man hier von einer Reihe von "Cannabis-Mills". Ich habe hier unlängst mal zu einem Einzelfall - "5Swan" - Stellung genommen:

viewtopic.php?p=98586#p98586

Den Ausdruck "Cannabis-Mill" habe ich den "Pill-Mills" entlehnt, die in den USA schon seit Jahren eine "Opioid-Krise" herbeigeführt haben: Pill-Mills werden dort Ärzte-Zentren genannt, in denen Opioide, va Schmerzmittel mit psychotropen Nebenwirkungen (Beispiel Tilidin) ohne vernünftige Anamnese und Indikationsstellung "am Fließband" verschrieben werden, ohne daß die Einnahme weiter kontrolliert wird.

Wie ich schon in dem zitierten Beitrag kundgetan habe: man kann Cannabis nicht mit Opoiden vergleichen: das Schadenspotential von Cannabis bleibt Lichtjahre hinter dem von Opioiden zurück, weswegen Cannabis ja auch in einem Großteil der zivilisierten Welt bereits legalisiert ist und man sich auch hierzulande damit abmüht. "Man braucht eigentlich kein Rezept für Cannabis - genausowenig wie für 1 Kasten Bier !" (Obschon ich wegen des "Kasten Biers" bei manchen Besuchen im Getränkemarkt so meine Bedenken bekomme, vor allem vor demselbigen ... anderes Thema.)

Was mir aber bei diesen ärztlichen Unternehmungen ziemlich aufstößt: die Honorare, die für die Verschreibung von Cannabis und die - zumindest bei 5Swan nach deren HP durchaus vorhandene ärztliche Begleitung der Einnahme - verlangt werden, sind m.E. exorbitant. Bei 5Swan kommen im Jahr wenigstens knapp 1000 € zusammen - nur für die ärztliche Leistung, das Cannabis muß dann auch noch bezahlt werden. Daß man zusammen mit solchen Unternehmungen eine Kostenübernahme der GKV erreichen könnte, halte ich für ausgeschlossen - wäre aber durchaus nicht unglücklich, wenn ich vom Gegenteil Kenntnis erhielte.

Ich sehe dieses ärztliche Geschäftsmodell ziemlich 'kritisch': es ist von vorneherein nicht auf Nachhaltigkeit ausgelegt, sondern darauf, binnen eines allenfalls mittelfristigen Zeitraums "Kasse zu machen" - denn wenn die Legalisierung in Kraft tritt, hat kein Patient, der keinen Cannabis-freundlichen Arzt finden kann, mehr einen Grund, einen Tausender im Jahr nur für das Rezept auszugeben: er geht dann einfach ins "lizensierte Fachgeschäft". Diese "Cannabis-Mills" werden dementsprechend nach der Legalisierung so schnell wieder verschwinden, wie sie jetzt entstanden sind - "ex und hopp!"

Die sehr hohen Honorare, die m.E. weit über den normalen ärztlichen Gebührenordnungen für diese Leistungen liegen, habe ich schon angesprochen. Die ärztlichen Gebührenordnungen gelten grundsätzlich nur im Rahmen der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung, daß Ärzte und Patienten Vereinbarungen über höhere Honorare schließen, ist durchaus zulässig und allgemeine Praxis zB im Bereich der plastischen Chirurgie, den "Schönheitsoperationen". Diese Operationen verlangen, wenn sie wirklich "schöner machen sollen", statt eine Art "Frankenstein" zu schaffen, einen exorbitant hohen Grad ärztlicher Kunstfertigkeit und rechtfertigen von daher m.E. auch exorbitante Honorare.

Bei der Indikationstellung, Verschreibung und Kontrolle von Cannabis handelt es sich indessen m.E. um Routine-Sachen, denen jeder ärztliche Berufsanfänger gewachsen sein sollte und auch nur einen geringen Aufwand erfordern. Es kann auch kaum was schiefgehen - im Gegensatz zum Beispiel von den Schönheits-OPs, wo hinterher 1 Frankenstein herauskommen kann.

Man kann sich auf den allgemeinen Standpunkt stellen, daß jede Maßnahme, die den legalen Bezug von Cannabis ermöglicht, in einem "höheren Sinne" gutzuheißen sei.
Man kann auch den spezielleren Standpunkt einnehmen, daß Patienten, die keinen "Cannabis-freundlichen Arzt" haben oder finden können und mit - derzeit noch - illegalen Selbstversuchen Erfolge erzielt haben, damit ein - wenn auch sehr teurer - Weg aus der Illegalität geboten wird. Auch potentielle Cannabispatienten, die im übrigen erfolglos "austherapiert" wurden, und deren bisherigen Ärzte bei der Anregung eines Versuchs mit Cannabis nur entrüstete Ablehnung erfahren hatten, können durch solche "Cannabis-Mills" Zugang zur Cannabis-Therapie haben und Heilung oder wenigstens Linderung großer Leiden erreichen. Der Schwarzmarkt ist durchaus nicht für jeden zugänglich: man "kriminalisiert sich" und die Gepflogenheiten des Schwarzmarkts sind mitunter äußerst rüde.

Man kann sich aber auch auf den Standpunkt stellen, daß hier zumindest in einigen Fällen eine Zwangslage ausgenutzt wird.

Und das wollte ich mal zur Diskussion gestellt haben !
KidVapo
Beiträge: 5
Registriert: Sa 15. Okt 2022, 19:12

Re: Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von KidVapo »

Vielen Dank für diesen Beitrag, der hervorragend alle Möglichkeiten beinhaltet. Jeder muss für sich individuell herausfinden ob es finanziell im Rahmen liegt - leider ist es aktuell die einzige Möglichkeit ungestrecktes, unbehandeltes kontrolliertes Medizinisches-Cannabis zu erhalten. Hoffe das die Legalisierung bald abgeschlossen ist.
Brabolepl
Beiträge: 41
Registriert: Fr 30. Dez 2022, 22:05

Re: Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von Brabolepl »

vivian77 hat geschrieben: Do 19. Jan 2023, 10:01 ... Ich beschäftige mich schon lange mit dem Thema, bin aber skeptisch den Weg über eine Onlineplattform zu gehen :?: Jetzt traue ich mich vllt. endlich....
@vivian77 Falls sich deine Skepsis auf die juristische Seite der Geschichte bezieht, ich habe das vor ein paar Tagen mit einem Anwalt abgeklärt weil ich da auch Gewissheit wollte. Passenderweise bei einer Art Teleanbieter für juristische Angelegenheiten :mrgreen:

Wenn bei dir gute Gründe für die Medikation mit med. Cannabis bestehen und eine Therapie nur daran scheitert das du keinen Arzt in deiner Nähe findest dann hast du rechtlich gesehen durch diese Anbieter nichts zu befürchten - auch nicht rückwirkend wenn ein Gericht irgendwann entscheiden würde das diese Teleanbieter nicht legal sind. Haften würden in diesem Fall lediglich die Ärzte.

Unbedingt aber darauf achten, dass Firmensitz und Sitz des Arztes in Deutschland sind! Von Dr. Ansay zum Beispiel wurde mir dringend abgeraten, da Firmensitz in Malta bzw. Zypern (ein Schelm wer böses dabei denkt 😁).

Aus eigener Erfahrung kann ich 5SWAN empfehlen, läuft alles sehr seriös ab und ich fühle mich dort gut aufgehoben, es passt auch menschlich. Bin dort seit Anfang Januar und habe diese Woche mein 2. Rezept erhalten.
KidVapo
Beiträge: 5
Registriert: Sa 15. Okt 2022, 19:12

Re: Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von KidVapo »

Heute neues Rezept eingetroffen.

Von der Firma 420 aus Canada:

- Tiger Paw
- Icecream Cake x Kushmints

Bin weiterhin bei Kanna Medics, jedoch gibt es nun auch einen günstigeren Anbieter, wo die weiteren telefonischen Rezeptausstellungen nur noch um die 70EUR kosten.

Bin gespannt auf die Wirkung des Präparats.
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von Freno »

Brabolepl hat geschrieben: Do 2. Feb 2023, 07:48 (...)
@vivian77 Falls sich deine Skepsis auf die juristische Seite der Geschichte bezieht, ich habe das vor ein paar Tagen mit einem Anwalt abgeklärt weil ich da auch Gewissheit wollte. Passenderweise bei einer Art Teleanbieter für juristische Angelegenheiten :mrgreen:

Wenn bei dir gute Gründe für die Medikation mit med. Cannabis bestehen und eine Therapie nur daran scheitert das du keinen Arzt in deiner Nähe findest dann hast du rechtlich gesehen durch diese Anbieter nichts zu befürchten - auch nicht rückwirkend wenn ein Gericht irgendwann entscheiden würde das diese Teleanbieter nicht legal sind. Haften würden in diesem Fall lediglich die Ärzte.
(...)
Solche Auskünfte sind natürlich 100% gerichtsfest ! Wenn es zum worst-case kommt und angeklagt wird und man dann vor Gericht sagen kann, daß jemand anonymes im internet gesagt hätte, das wäre alle 100% legal, weil er bei "einem Anwalt" nachgefragt hätte, dann ist man natürlich 100% auf der sicheren Seite und wird freigesprochen und seinen Führerschein behält man auch !

[Ironie/off]

Solche "Auskünfte" sind 100% unseriös. Denn: bei einer "Cannabis-Mill", die im Internet damit wirbt, "cannabis-freundlich" zu sein, liegt aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden von vorneherein der Anfangsverdacht nahe, daß die Vorschriften des BtMG umgangen werden sollen und die Indikationsstellung "sehr großzügig" erfolgt - krass formuliert: ein "Gefälligkeitsrezept" ausgestellt wird und im Gegenzug eine Honorierung des Arztes/Anbieters erfolgt, die ebenfalls "sehr großzügig" ist.

Die Rechtslage bezüglich Cannabis ist im Fluß. Das hat positive und negative Seiten. Zu den negativen Seiten kann es gehören, daß irgendwann einmal eine - möglicherweise bayerische - Staatsanwaltschaft beschließt, diese "Cannabis-Mills" hops zu nehmen und dann stehen auch entsprechende Ermittlungs- und Strafverfahren gegen die Patienten im Raum.

Ein "Cannabis-Gefälligkeits-Rezept" ist nach derzeitiger Rechtslage immer noch eine Umgehung des BtMG und damit eine Straftat.

Der große Vorteil der "Cannabis-Mills" - und auch ansonsten aller Cannabis-Patienten und Cannabis-offenen Ärzte - ist: die Beweislage ist für die Strafverfolgungsbehörden sehr schwierig und vor allem teuer: sie müssten in jedem Einzelfall ärztliche Gutachten über die "Cannabis-Indikation" einholen. Die von Verfolgungsmaßnahmen betroffenen Patienten - und auch die gut aufgestellten "Cannabis-Mills" - können darauf mit "Gegen-Gutachten" antworten, es kommt zu "Gutachtens-Schlachten".

Heraus kommt - meiner Erfahrung nach - bei solchen Konstellationen am Ende rein juristisch nicht viel. Aber für die betroffenen Patienten kann es eine arge Belastung werden, psychisch und auch wirtschaftlich. Die "Cannabis-Mills", ihre Betreiber und die Ärzte, die dabei mitwirken, können sich darauf einstellen und für die wirtschaftlichen Belastungen etwaiger Strafverfolgungsmaßnahmen Rückstellungen bilden. Psychisch dürften sie auch kaum betroffen sein.

Bei den Patienten einer "Cannabis-Mill" jedoch kann das ganz anders aussehen.

Bei den Cannabis-Patienten einer konventionellen ärztlichen Praxis oder Klinik sieht das ganz anders aus: die Indikationsstellung für die Cannabis-Therapie wird - meiner Einschätzung nach - kaum von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten in Frage gestellt werden. Meine Cannabis-Rezepte kommen von einer konventionellen Praxis, mein verschreibender Arzt ist ein habilitierter Psychiater, niedergelassener Arzt und Privatdozent an der Uni-Klinik Leipzig . Daher fühle ich mich auch "wirklich" auf der sicheren Seite, wenn es zu einem "Repressionsfall" kommen sollte. Dazu trägt natürlich auch bei, daß ich Jurist bin und 15 Jahre als selbstständiger Rechtsanwalt tätig gewesen war. Da bekommt man schon so einige Einblicke.

Aber daß ich - als "anonymer" Teilnehmer eines internet-Forums - wirklich Jurist bin: das kann man mir glauben, oder auch nicht.
Daniel098
Beiträge: 37
Registriert: Di 22. Jan 2019, 16:24

Re: Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von Daniel098 »

Also Mal ganz ehrlich wenn man ordentliche Unterlagen hat und genügen Diagnosen bei Ärzten eingeholt hat, diese dann zu so einem online Arzt gibt, weil man in der Umgebung keinen hat der es sich zu verschreiben traut, glaube ich nicht das es zu grossen Problemen kommen kann.
Schließlich lässt es sich ja dann beweisen wenn man austherapiert ist und es dadurch laut gesetzt verschrieben werden darf, ob der Arzt der sich Arzt nennt dann wirklich ein Arzt ist, kann ein Patient nicht wirklich sehen, aber dafür gibt es ja die speziellen Rezepte, an die gar kein nicht Arzt kommen kann und spätestens die Apotheke muss Fälschungen ja bemerken.
Also am Ende ist es für die Menschen gefährlich die sich denken hier bekomme ich was auf Rezept muss nur dafür zahlen ohne grossen Vorberichte uns so.
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von Freno »

Ich glaube nicht , daß bei den "Cannabis-Mills" Rezepte gefälscht werden bzw von Nicht-Ärzten, die "so tun als ob" ausgestellt werden. Das würde sehr schnell auffliegen. Ich gehe vielmehr davon aus, daß approbierte Ärzte tätig werden, die ordnungsgemäße "BtM-Rezepte" ausstellen.

"Sedes materiae" ist die "Indikationsstellung" für die "Cannabis-Therapie". Hier gibt es inzwischen einen beträchtlichen Spielraum - das "Austherapiert-Sein" ist eigentlich, soweit ich das sehe, nur noch für die Kostenübernahme durch die GKV von Relevanz.

Die Strafverfolgungsbehörden können sich nun auf den Standpunkt stellen, daß dieser Spielraum bewußt ausgenutzt wird, um "Gefälligkeits-Rezepte" auszustellen. Als Indiz dafür können die hohen Honorare der "Cannabis-Mills" ins Feld geführt werden und - wahrscheinlich - auch die sehr geringe Quote von Patienten, die bei den "Cannabis-Mills" doch kein Cannabis-Rezept bekommen haben.

Die "Geschäftsgrundlage" dieser "Cannabis-Mills" scheint mir einerseits auf dem inzwischen relativ großen Spielraum - juristisch: Ermessen - des Arztes für die Cannabis-Indikation zu beruhen, andererseits auf den Schwierigkeiten der Beweiserhebung. Immerhin gilt auch bei den "Cannabis-Mills" die ärztliche Schweigepflicht und der große 'Ermessenspielraum' erschwert es überdies, eine mißbräuchliche "Gefälligkeitsverschreibung gegen hohes Honorar" nachzuweisen.

Aber: die "Cannabis-Mills" sind ein Phänomen, daß m.E. zur immer schneller fortschreitenden "fraus legis" des Cannabis-Verbots zu zählen sein wird: immer weniger Leute halten sich an das Verbot, seine Übertretung wird von "der Gesellschaft" immer weiter toleriert, immer mehr "Instanzen" weigern sich, das Verbot zu verfolgen und andere Instanzen helfen bei seiner Umgehung.

Das ist eine rechtssoziologisch gesehen gefährliche "Gemengelage". Die ersten Impulse zur Cannabis-Legalisierung kamen - "ceterum censeo" - aus dem Rechtsstaat. Andere "Instanzen" aus ebendiesem Rechtsstaat fühlen sich jedoch durch die zunehmend selbstbewußteren Verbots-Übertretungen herausgefordert. Schließlich "ist das Gesetz (immer noch) das Gesetz", und die "Verachtung" des immer noch bestehenden Verbotes ist auch eine Kränkung für gewisse Teile des Rechtsstaats, des "Repressionsapparates". Dieser ist ja kein Monolith, sondern besteht aus einigen tausend Amtsgerichten, Land- und Oberlandesgerichten, darüber dem Bundesgerichtshof, dann den Staatsanwaltschaften, Generalstaatsanwaltschaften, den Polizeibehörden und über allem thront das Bundesverfassungsgericht. Aber auch dessen Herrschaft - obschon verfassungsmässig unumschränkt - ist tatsächlich gesehen nur eine Relative.

Es gibt eine Parallele in der jüngeren Vergangenheit, nämlich die Legalisierung der Abtreibung. Die erste sozial-liberale Regierung Brandt-Genscher brachte in den 1970er Jahren in der BRD eine Fristenlösung - ähnlich der damaligen DDR - durch die Gesetzgebung, die vom BVerfG gekippt wurde und durch eine reichlich mißglückte "Indikationslösung" ersetzt wurde - die vom 'Rechtsstaat' weitgehend boykottiert wurde. Auf das höchste deutsche Gericht - das BVerfG - hatte man schlicht: geschissen (ebenso wie auf den "Gesetzgeber"). Der Rechtsstaat ist viel, viel komplexer, als er für gewöhnlich in der akademischen Rechtswissenschaft beschrieben wird und die völlig ahnungs- (und oftmals sogar abitur-)losen, oft juvenilen Gutmenschen, die auch in diesem unserem Forum immer mit Grund- und Menschenrechten herumfuchteln - die wissen eh nicht, wovon sie reden.

Aber auch insofern taten sich einige Ärzte mit besonderem Eifer als "Abtreibungs-Mills" hervor, was dann in einem Falle zum "Memminger Hexenprozeß" führte - bitte mal bei Wiki unter diesem Stichwort nachschauen ! Genau so ein "Hexenprozeß" könnte meiner Befürchtung nach "Cannabis-Mills" oder einzelnen "Cannabis-Ärzten" und ihren Patienten drohen - mit all dem "Medienwirbel" drum herum.

Es kann zu der absurden Situation kommen, daß ein "Spaß-Kiffer", der die geltenden "Geringfügigkeits-Verordnungen" sorgsam einhält und sich bei Kontrollen kooperativ verhält, mehrfach schon von der Polizei stillschweigend "laufengelassen" wird, ohne daß auch nur ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird - während Patienten einer "Cannabis-Mill", die zum Gegenstand eines "Hexenprozesses" werden, wegen uU sogar geringerer Mengen nicht nur Ermittlungs- und Strafverfahren durch mehrere Instanzen unterworfen werden, sondern auch ihre Privatsphäre, die Gründe, weswegen die Verschreibung erfolgte, durch den Kakao der Medien gezogen werden. Dadurch können die betroffenen Patienten nicht nur "sozial-wirtschaftlich" (Anwaltskosten, Arbeitsplatzverlust, Wohnungskündigung etc.), sondern auch "sozial-psychologisch" (Stigmatisierung, Isolation, Beziehungsabbrüche usw. ) völlig ruiniert werden. Daß in letzter Instanz dann Freisprüche erfolgen könnten, kann diese massiven Beschädigungen nicht mehr heilen.

Der "Memminger Hexenprozeß" kann durchaus einen - unfreiwilligen - Beitrag dazu geleistet haben, daß die Legalisierung der Abtreibung nach der WdrhrstllngdrstlchnEnhtDtschlnds doch letztendlich erfolgt ist - mit 2 Jahrzehnten Verspätung.

Aber auch das wird den von diesem "Hexenprozeß" betroffenen Frauen und ihrem Arzt kaum ein Trost gewesen sein.
Brabolepl
Beiträge: 41
Registriert: Fr 30. Dez 2022, 22:05

Re: Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von Brabolepl »

Ich habe jetzt nicht alles gelesen bzw. nur überflogen 🥴

Das eine Aussage von einem Anwalt rechtlich bindend ist (das gilt auch für deine Aussagen, sofern du wirklich einer bist) habe ich nie behauptet.

Mein Beitrag bezog sich auf Patienten, bei denen alle Indikationen für eine medizinische Behandlung mit Cannabis vorliegen und die auch bei jedem "normalen" Arzt ein Rezept bekommen (sofern sie denn einen finden würden). So war es zum Beispiel bei mir mehrere Jahre der Fall, bis mein Arzt in Rente ging...

Auf welcher Rechtsgrundlage diese "echten" Patienten Probleme bekommen, wenn sie von einem in Deutschland niedergelassenen Arzt ein ordnungsgemäßes Rezept erhalten kann ich nicht erkennen. Das erwähnen von Spaß-Kiffern, die durch Telemedizin ihren Freizeitkonsum legalisieren wollen spielt in der Argumentation übrigens keine Rolle. Klar haben die Repressalien zu befürchten wenn rauskommt, dass diese z.B. durch falsche Angaben oder Gefälligkeitsverschreibungen an ein Rezept gelangt sind...

Und solch "hohe" Honorare bezahlt man übrigens bei fast jedem Privatarzt, nicht nur online... Wird man aber als gesetzlich versicherter, der immer nur zu Kassenärzten geht nicht unbedingt wissen... Solange es nach der ärztlichen Verordnung abgerechnet wird, wo soll das Problem sein?

Die Abneigung gegen "Cannabis-Mills" wurde aber, trotz oder gerade wegen vieler nicht Fragestellungs-bezogener Aussagen, zur Kenntnis genommen 😀
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von Freno »

Mir sind die Sätze der Gebührenordnung für BtM-Rezepte nicht bekannt, ich werde mal bei meinem Psychiater nachfragen (das dauert aber noch 3 Monate). Als Anwalt war ich lange Jahre Privatpatient - die normalen Rezeptgebühren lagen nach meiner Erinnerung so in der Gegend von 15 €.

Natürlich können Arzt und Patient in einem Behandlungsvertrag höhere Honorare "vereinbaren" (wobei der Hammer regelmässig beim Arzt hängt), das ist bis zur Wuchergrenze nicht angreifbar. Aber wenn für Cannabis-Verschreibung und "telemedizinische Begleitung" Beträge weit über der ärztlichen Gebührenordnung verlangt und gezahlt werden, liegt ein Indiz dafür vor, daß es sich um "Gefälligkeitsrezepte" handeln könnte. Ob das so ist, kann ich letztlich nicht beurteilen.

Ein Indiz ist kein Beweis - aber kann zumindest einen Anfangsverdacht begründen, der für ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren ausreicht, zumal dann, wenn andere Indizien hinzukommen, wie etwa eine Konzentration der ärztlichen Berufsausübung auf das "telemedizinische" Cannabis-Verschreiben.

Ich mache aus meiner Abneigung gegen das "Geschäftsmodell" der "Cannabis-Mill" keinen Hehl. Ich habe auch ziemlich ausführlich dargelegt, warum es m.E. ein strafrechtliches Restrisiko auch für die Patienten gibt.

Ein Patient, der auf der sicheren Seite sein will, muß sich anwaltlich beraten lassen und den "Rechtsrat" des Anwalts in Schriftform verlangen. Das kann u.U. auch einige hundert Euro kosten, sogar in den vierstelligen Bereich gehen, je nach Umständen und Einstellung des Anwalts. Die rechtliche Beurteilung einer "Cannabis-Mill" ist juristisch ein sehr komplexes Thema - es gibt, soweit ich sehe, noch kein einziges Urteil dazu, weil dieses Phänomen ja sehr neu ist.

Einen Auftrag für ein entsprechendes Rechtsgutachten hätte ich als Anwalt daher wohl abgelehnt, weil damit nach meiner Einschätzung auch ein strafrechtliches Risiko für den Anwalt verbunden ist, das die Zulassung und damit die Existenzgrundlage gefährden kann. Mir ist aber im Rahmen meiner Berufsausübung durchaus bekannt geworden, daß es Anwälte gibt, die in der Beurteilung solcher Risiken großzügiger sind, vor allem, wenn entsprechende Honorare fließen.

Im "Erstgespräch" mit einem Patienten als Beratungsmandanten zur "Cannabis-Mill" würde ich dem Mandanten dieses beschriebene Restrisiko darlegen und ihm den Hinweis darauf auch zu meiner eigenen Absicherung per Einschreiben "nachschicken". Damit wäre dem armen Menschen dann aber auch kaum geholfen.

Um es mal auf einen drastischen Vergleich herunterzubrechen:

Ein "Spaß-Kiffer", der sein Gras auf dem Schwarzmarkt kauft, sich dabei strikt an die "einschlägige" Geringfügigkeitsverordnung hält, sein Cannabis nicht "weitergibt", erst recht keinen "Handel treibt" und sich halbwegs diskret verhält - der ist im Repressionsfall möglicherweise in einer juristisch besseren Position, als der Patient einer "Cannabis-Mill". Denn der "vigilante Spaß-Kiffer" unterliegt nur noch einem sehr geringen Verfolgungsdruck - es ist sehr unwahrscheinlich, daß gegen ihn überhaupt ermittelt wird, selbst wenn er Polizisten "auffällt": man lässt ihn mit einiger Wahrscheinlichkeit "einfach laufen", "guckt weg". Und selbst wenn: der Einstellung nach §§ 153, 153a StPO kann er sicher sein, zumindest hier in Sachsen. Ich bin mir bewußt, daß es anderswo in Deutschland anders aussieht.

Der Patient dagegen - der "Leidende", der sich in seiner Not an eine "Cannabis-Mill" wendet, um sich nicht zu kriminalisieren, und sein "Cannabis aus der Apotheke" bekommt, kann dagegen in den Fokus einer "Hexenjagd" gegen so eine "Cannabis-Mill" geraten, die alleine aufgrund ihrer "Umsätze" und ihrer Werbung die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich ziehen wird. Statt (unter Umständen mit Augenzwinkern) "wegguckender" Polizisten kann er es mit einem regelrechten "Stab" von "schneidigen" Ermittlungsbeamten zu tun bekommen, die alles ganz genau wissen wollen und seine Person "in den Medien" wiederfinden, wo man ohnehin schon alles ganz genau weiß, bevor es noch passiert ist. Erst recht in Bayern, wo man sich der Legalisierung mit Händen und Füßen entgegenstemmt, könnte sich so ein "Hexenprozeß" gegen eine "Cannabis-Mill" und ihre Patienten Rückenwind und Flankenschutz von "ganz oben" erfreuen. Ein Staatsanwalt, der mit politischem Rückenwind so einer Cannabis-Mill "das Handwerk legt", kann sich eines Karrieresprungs gewiss sein.

Nicht nur der Cannabis-Konsum der Patienten, auch die Diagnosen können in den Medien landen, selbst wenn die Namen der Patienten anonymisiert werden, können sie erkannt werden. Auch wenn - meiner Meinung nach - den Patienten solcher "Cannabis Mills" - von den Strafgerichten letztlich gewiss nicht der Kopf abgerissen wird - der "psychosoziale" Schaden kann enorm sein.

Und genau das ist es, was mir an diesem "Geschäftsmodell" ein ziemliches Unbehagen bereitet.
AnnaLena95
Beiträge: 2
Registriert: Mi 7. Jun 2023, 21:17
Wohnort: Bananenrepublik Deutschland

Re: Erfahrung mit Online Ärzten / Cannabis-Mills allgemein

Beitrag von AnnaLena95 »

Hi :)

Nowomed würde mich gerne behandeln um etwas gegen meine Schmerzen zu unternehmen, jedoch will man mir nur(!) die teuren Extrakte verschreiben.
Ist so ein Vorgehen normal? Würde nur sehr ungerne mehrere Stunden unter dem aktiven Einfluss von THC sein, ansonsten ist das natürlich auch eine Kostenfrage..

Was würdet Ihr machen ?

lg
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