Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ???

dertestnutzer
Beiträge: 7
Registriert: Do 9. Feb 2023, 18:47

Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ???

Beitrag von dertestnutzer »

Moin!

Die Kölner Staatsanwaltschaft meint ich hätte im Jahr 2017 übers Dark Net 8g Cannabis bestellt. Ich werde gebeten den Äußerungsbogen in gut leserlicher Schrift innerhalb von zwei Wochen auszufüllen und zurückzusenden.

Was zum Teufel?

Mit was muss ich hier rechnen?

Soll ich überhaupt reagieren und wenn ja wie?

Einer kurzen Recherche nach verjähren Verstöße gegen das BtMG nach fünf Jahren und die "Freigrenze" liegt bei bei 10g. Was soll der Mist also?

Danke euch

Grüße
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von Freno »

1) Ein BtMG-Tatvorwurf, der auf das Jahre 2017 zurückgeht, muß - 5-jährige Verjährungsfrist vorausgesetzt - nicht notwendig heute, am 9.2.2023 verjährt sein. Das ist nur dann der Fall, wenn die Tathandlung spätestens am 8.2.2018 beendet war. Strafbar bei BtM-Delikten ist regelmässig der Besitz. Salopp formuliert: die Tathandlung ist erst mit dem Aufrauchen des allerletzten Krümels beendet.

Ein "Gelegenheitskiffer", der also, sagen wir mal: im 2. Halbjahr 2017 8 g Cannabis erworben hatte, kann durchaus am 10.2.2018 oder noch länger "abnehmenden" Besitz gehabt haben. Als Cannabis-Patient, der mit 1g / Monat auskommt, käme ich damit für 8 Monate hin.

Ausserdem gibt es eine Reihe von Umständen, welche den Lauf der Verjährung unterbrechen - dann beginnt die Verjährungfrist nach dem Ende des unterbrechenden Ereignisses erneut komplett von vorne zu laufen - oder hemmen - dann läuft nur der Rest der ursprünglichen Verjährungsfrist nach dem Ende des hemmenden Ereignisses weiter. Ein klassischer Hemmungsgrund ist zB ein längerer Auslandsaufenthalt. Der Grund für den Auslandsaufenthalt ist dabei grundsätzlich unerheblich. So kann also auch ein "Auslandssemester" eines Studies für diese Zeit die Verjährung hemmen.

2) Die Geringfügigkeitsgrenzen liegen heute allgemein bei 6 g - mit ein paar Ausnahmen nach oben. Sie gelten aber nur dann, wenn es keine "Qualifikationen" gibt wie Weitergabe, Handeltreiben, Verkehrsdelikte usw.

3) Im allgemeinen muß man heute in Deutschland wegen 8 g Cannabis nicht mehr mit der Todesstrafe rechnen - aber für den konkreten Einzelfall kann der Rat immer nur lauten: ab zum Anwalt !
dertestnutzer
Beiträge: 7
Registriert: Do 9. Feb 2023, 18:47

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von dertestnutzer »

okay - Danke für die Info. Kleine Korrektur - der Brief kam von der Polizei, nicht vom Staatsanwalt.
Benutzeravatar
M. Nice
Beiträge: 775
Registriert: Sa 31. Mär 2012, 14:28
Wohnort: FreiStatt Bayern

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von M. Nice »

Antworte denen, "ich weis von nix".
Wird sehr schwer, dir etwas anderes zu beweisen/nachzuweisen.

MfG
M. Nice
Rauchst du zwei Stund Hanf hinein, wirst du müd und schläfst bald ein!
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von Freno »

M. Nice hat geschrieben: Do 9. Feb 2023, 22:25 Antworte denen, "ich weis von nix".
Wird sehr schwer, dir etwas anderes zu beweisen/nachzuweisen.

MfG
M. Nice
Ich werde nicht müde, meine Gebetsmühle zu drehen: die Gerichte müssen dem Angeklagten nicht nachweisen oder beweisen, daß die Aussagen, die sie zur ihrer Verteidigung vorbringen, falsch wären. Es reicht völlig aus, wenn im Urteil steht, daß die "Einlassungen des Angeklagten, er wisse von nichts, unglaubhafte Schutzbehauptungen" gewesen waren.

Die Gerichte brauchen nicht dem Angeklagten "das Gegenteil zu beweisen" - es ist rechtspraktisch sogar sehr häufig so, daß der Angeklagte dem Gericht beweisen muß, daß er unschuldig ist, obschon alle Gesetze und Verfassung und Menschenrechte und überhaupt das Gegenteil behaupten.
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von Freno »

dertestnutzer hat geschrieben: Do 9. Feb 2023, 21:17 okay - Danke für die Info. Kleine Korrektur - der Brief kam von der Polizei, nicht vom Staatsanwalt.
Das ist unerheblich: wieder etwas salopp formuliert: "die Polizei" gilt als "Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft". Das ändert nichts an meinem Ratschlag: ab zum Anwalt ! Es schadet auch nix, wenn dadurch die Frist, die in dem Brief steht, versäumt wird.

Ich habe hier in diesem Unterforum so einiges über Repressionsfälle und das sinnvolle Verhalten in diesen Fällen geschrieben - klick Dich einfach mal durch !
Benutzeravatar
M. Nice
Beiträge: 775
Registriert: Sa 31. Mär 2012, 14:28
Wohnort: FreiStatt Bayern

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von M. Nice »

Lieber Freno, was soll man denn sonst für eine sinnvolle Antwort geben?
Außer:
Da bleibt nur, geh zum Rechtsanwalt, für Strafrecht, Schwerpunkt BtmG. Dann können wir das Forum gleich zu machen und vorne drauf schreiben: Bei Fragen und Problemen, wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt.

Ob das in dem Stadion schon kostengünstig und hilfreich ist, ich glaube nicht. Sollte nach der Einlassung (ich weis von nix) nicht eingestellt werden, kann man noch immer und sollte das auch tun, auf den Ra zurückgreifen. ;)
Rauchst du zwei Stund Hanf hinein, wirst du müd und schläfst bald ein!
pepre
Beiträge: 970
Registriert: Di 19. Okt 2021, 11:31

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von pepre »

dertestnutzer hat geschrieben: Do 9. Feb 2023, 21:17 Kleine Korrektur - der Brief kam von der Polizei, nicht vom Staatsanwalt.
Das ist keine "kleine Korrektur", sondern das entscheidende Kriterium.

Auf Vorladungen etc der Polizei musst (und solltest) du gar nicht reagieren. Erst wenn die Staatsanwaltschaft dich vorlädt musst du erscheinen. Also: gar nicht antworten, einfach ignorieren.
Sind Sie als Beschuldigter vorgeladen (nicht zu verwechseln mit der Zeugenvorladung), besteht keine Pflicht bei der Polizei zu erscheinen. Vielmehr kann eine Vernehmung große Gefahren für Sie bergen.
Quelle: https://www.kupka-stillfried.de/aktuell ... ch-richtig
dertestnutzer
Beiträge: 7
Registriert: Do 9. Feb 2023, 18:47

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von dertestnutzer »

pepre hat geschrieben: Fr 10. Feb 2023, 09:10
dertestnutzer hat geschrieben: Do 9. Feb 2023, 21:17 Kleine Korrektur - der Brief kam von der Polizei, nicht vom Staatsanwalt.
Das ist keine "kleine Korrektur", sondern das entscheidende Kriterium.

Auf Vorladungen etc der Polizei musst (und solltest) du gar nicht reagieren. Erst wenn die Staatsanwaltschaft dich vorlädt musst du erscheinen. Also: gar nicht antworten, einfach ignorieren.
Sind Sie als Beschuldigter vorgeladen (nicht zu verwechseln mit der Zeugenvorladung), besteht keine Pflicht bei der Polizei zu erscheinen. Vielmehr kann eine Vernehmung große Gefahren für Sie bergen.
Quelle: https://www.kupka-stillfried.de/aktuell ... ch-richtig
Danke Dir. Habe einen Anwalt bereits eingeschaltet. Gleich mal 300 Euro futsch. Aber ich gehe da auch lieber auf Nummer Sicher.
Benutzeravatar
M. Nice
Beiträge: 775
Registriert: Sa 31. Mär 2012, 14:28
Wohnort: FreiStatt Bayern

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von M. Nice »

pepre hat geschrieben: Fr 10. Feb 2023, 09:10
dertestnutzer hat geschrieben: Do 9. Feb 2023, 21:17 Kleine Korrektur - der Brief kam von der Polizei, nicht vom Staatsanwalt.
Auf Vorladungen etc der Polizei musst (und solltest) du gar nicht reagieren. Erst wenn die Staatsanwaltschaft dich vorlädt musst du erscheinen. Also: gar nicht antworten, einfach ignorieren.
Genau, stimmt so.
Ignorieren, kann man machen, aber dann könnte es sein, daß man Hausbesuch bekommt, oder auch nicht. Wie unsere Exekutive darauf reagiert, kann man nicht vorhersehen.
dertestnutzer hat geschrieben:
Habe einen Anwalt bereits eingeschaltet. Gleich mal 300 Euro futsch. Aber ich gehe da auch lieber auf Nummer Sicher.
Ist bestimmt nicht falsch, deine Entscheidung.
Rauchst du zwei Stund Hanf hinein, wirst du müd und schläfst bald ein!
pepre
Beiträge: 970
Registriert: Di 19. Okt 2021, 11:31

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von pepre »

M. Nice hat geschrieben: Fr 10. Feb 2023, 12:07 Ignorieren, kann man machen, aber dann könnte es sein, daß man Hausbesuch bekommt, oder auch nicht.
Wenn die einen Richter finden würden, der eine Hausdurchsuchung genehmigt, dann stünden die einfach in der Tür und würden nicht vorher fragen. — Nee, so eine polizeiliche Vorladung (als Beschuldigter) ist IMMER ein Fischen im Trüben. Könnte ja sein, dass sich der Delinquent verplappert, dann hat man ihn an der Eiern. Da warten die nur drauf. Ignorieren und gut ist!

Wenn sie tatsächlich so dreist sind einen Hausbesuch (ohne Hausdurchsuchungsbeschluss) zu wagen, so macht man die Tür zu (noch besser: gar nicht erst auf). Auch hier: kein Wort sagen. Ein freundliches "Leben sie wohl" ist aber erlaubt. ;-)

PS: selbst wenn der Staatsanwalt einen einlädt, dann verweigert man die Aussage. Punkt. Selbst wenn er hundert Fragen hat: "Ich verweigere die Aussage". Merke: aus jeder Aussage, die man macht, versuchen sie dir einen Strick zu drehen. Ist ja deren Job: sie ermitteln gegen dich. Der Einzige, der für dich ist, ist dein Anwalt. Er ist der Einzige, der mit dem Staatsanwalt (bzw Richter) - wenn es denn unabwendbar sein muss - reden sollte. Du selbst sagst nur das, was dein Anwalt dir erlaubt hat, und das möglichst wortgetreu.

PPS: User Freno als (ehemaliger?) Jurist sagt natürlich: Genießt und nicht "Gesundheit" gesagt? Ganz klar ein Fall für den Anwalt! Nennt sich ABM für die eigene Gilde. ;-) Scnr...

tldr: polizeiliche Ein-/Vorladungen sollte man tunlichst ignorieren. Völlig egal, mit was für schlimmen Folgen sie ggf drohen. Das ist nur heiße Luft. Einfach wegwerfen, den Schrieb.
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von Freno »

M. Nice hat geschrieben: Fr 10. Feb 2023, 12:07
pepre hat geschrieben: Fr 10. Feb 2023, 09:10
dertestnutzer hat geschrieben: Do 9. Feb 2023, 21:17 Kleine Korrektur - der Brief kam von der Polizei, nicht vom Staatsanwalt.
Auf Vorladungen etc der Polizei musst (und solltest) du gar nicht reagieren. Erst wenn die Staatsanwaltschaft dich vorlädt musst du erscheinen. Also: gar nicht antworten, einfach ignorieren.
Genau, stimmt so.
Ignorieren, kann man machen, aber dann könnte es sein, daß man Hausbesuch bekommt, oder auch nicht. Wie unsere Exekutive darauf reagiert, kann man nicht vorhersehen.
dertestnutzer hat geschrieben:
Habe einen Anwalt bereits eingeschaltet. Gleich mal 300 Euro futsch. Aber ich gehe da auch lieber auf Nummer Sicher.
Ist bestimmt nicht falsch, deine Entscheidung.
Ich freue mich, daß die Sache in sachkundige Hände gekommen ist - und daß Mr.Nice den Unfug von prepe (Sorry - es ist wirklich Unfug !) richtig gestellt hat. Es ist zwar richtig, daß man Vorladungen der Polizei keine Folge leisten muß - aber das wird seitens der Strafverfolgungsbehörden in 2) Richtungen interpretiert: a) "Der hat was zu verbergen." und b) "Fluchtgefahr!" In der Folge schalten die Behörden ein paar Gänge höher und man kann wirklich nicht nur "Hausbesuch" bekommen, sondern, wenn noch erschwerende Indizien und andere Beweismittel dazukommen, auch 1 Einzelzimmer in der U-Haft, wenn auch vielleicht nicht für sehr lange. Schon 24 h in Polizeigewahrsam, bis der Haftrichter einen wieder laufen lässt, können 1 sehr unangenehme Erfahrung sein.

Vorladungen der Polizei Folge zu leisten macht nur dann Sinn, wenn man sich entschieden hat, "die Hosen runterzulassen". Ob dieser Weg wirklich sinnvoll ist, kann man eigentlich als Laie auch nur nach fachkundigem Rat = Anwalt entscheiden.

Wenn man der polizeilichen Vorladung nicht Folgen will - was regelmässig sinnvoller sein wird - empfiehlt es sich, diesen Entschluß in einem "Dreizeiler" mitzuteilen: "Sehr geehrte Damen und Herren, Ihrer Vorladung vom ... Az. ... werde ich nicht Folge leisten und einen anwaltlichen Verteidiger beauftragen, der mich über die weiteren Schritte beraten wird. MfG ..." Das reicht. Die Behördliche Reaktion ist: "buisness as usual", die Akte geht dann idR an die Staatsanwaltschaft (zurück). Auch als Anwalt habe ich stets ein entsprechendes Schreiben an die Polizei abgelassen und angekündigt, daß sich mein Mandant nach gewährter Akteneinsicht äussern wird. So läuft das nämlich regelmässig.

Prepe hat aber auch in seinem letzten Post etwas sehr richtiges angesprochen: als Laie ist man den polizeilichen Verhörsmethoden regelmässig nicht gewachsen, kann leicht auf gefährliches Glatteis gelotst werden, was eine zielführende spätere Verteidigung dann arg erschweren kann. Aber: "Vogel Strauß - Taktik", einfach nicht reagieren - das ist haarsträubend falsch.

Was ich nicht müde werde, zu wiederholen: um den Anwalt und die damit verbundenen Kosten führt kein Weg herum. Ich habe mich hierzu schon ausführlicher geäussert - insbesondere dem TE zur Lektüre anheimgestellt:

viewtopic.php?p=88679#p88679

viewtopic.php?t=19192
pepre
Beiträge: 970
Registriert: Di 19. Okt 2021, 11:31

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von pepre »

Freno hat geschrieben: Fr 10. Feb 2023, 21:43 Aber: "Vogel Strauß - Taktik", einfach nicht reagieren - das ist haarsträubend falsch.
Diese Taktik hat mich und viele andere zu Zeiten von Wackersdorf, Lüchow-Dannenberg, Gorleben und vielen anderen Anlässen aber immer gerettet. Endete quasi immer mit Einstellung. Wenn sie tatsächlich etwas in der Hand hatten, dann stand das Rollkommando - ohne Vorwarnung - in der Tür. Eine polizeiliche Vorladung war quasi immer das Zeichen "sie fischen im Trüben und hoffen auf Idioten". ;)
Benutzeravatar
Martin Mainz
Board-Administration
Beiträge: 4587
Registriert: Di 22. Mär 2016, 18:39

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von Martin Mainz »

Ich muss sagen, daß ich mich hier in so einem Fall auch gar nicht melden würde und auch ich habe damit bereits jede Menge postiver Erfahrung gemacht.
pepre
Beiträge: 970
Registriert: Di 19. Okt 2021, 11:31

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von pepre »

dertestnutzer hat geschrieben: Do 9. Feb 2023, 18:48 Was soll der Mist also?
Jenseits vom Rechtlichen: ich vermute, da will ein Staatsanwalt Lorbeeren einfahren. Das gipfelt dann in der Schlagzeile "3000 Ermittlungsverfahren wegen Rauschgiftkauf im Darknet!". Klingt spektakulär und macht sich gut im Lebenslauf ("Fleißig", "harter Hund", "kann 'Cyber'"). Es ist anschließend völlig irrelevant, ob das dann mit ein paar wenigen (oder gar keinen) Verurteilungen endet. Es geht nur um den Anschein. — Wäre nicht das erste Mal, dass das genau so läuft. ;)
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von Freno »

Meine Erfahrungen als Anwalt sind eben andere - und von meinen Mandanten, die ich bis zum Ende des Verfahrens begleitet habe, hat nie einer gesessen. Einige haben meine Ratschläge in den Wind geschlagen und ich ihnen dann das Mandat gekündigt. Der krasseste dieser Fälle hat 7 Jahre gesiebte Luft geatmet - das war aber keine BtM-Geschichte gewesen.

Okay - man kann mit "Vogel Strauß" - Taktik auch im Strafverfahren Glück haben, genauso wie beim russischen Roulette. Wenn man aber Pech hat, wird es in dem einen, wie dem anderen Falle ziemlich übel.
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von Freno »

Nochmal ein paar Anmerkungen:

1) Die StPO schreibt vor, daß der Beschuldigte, bevor die Staatsanwaltschaft eine für ihn nachteilige Entscheidung trifft (Anklageerhebung, Strafbefehlsantrag), zuvor anzuhören ist. Man soll die Gelegenheit haben, sich auch schon vor der Staatsanwaltschaft zu verteidigen, die bis zur Anklageerhebung "Herr des Verfahrens" ist. Diese Verteidigung vor der Staatsanwaltschaft kann auch zur Einstellung führen, wenn man es "richtig macht".

2) Diese Anhörung kann prinzipiell auf 3 Wege erfolgen: 1) Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft selbst (deren Vorladungen man - im Gegensatz zu denen der Polizei - folgen muß!) - was aber in der Praxis sehr selten ist und nur in besonderen Fällen erfolgt, 2) Vernehmung durch die Polizei auf Auftrag der Staatsanwaltschaft und 3) den "Anhörungsbogen", dh schriftlich. Letzteres war in Wirtschaftsstrafsachen, in denen ich zumeist tätig war, die Regel: die Staatsanwaltschaft rechnet nämlich damit, daß der Beschuldigte einen Verteidiger bestellt, Akteneinsicht beantragt und zuvor von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebraucht macht. Damit rechnet die Staatsanwaltschaft auch in anderen Fallgruppen, nämlich vor allem dann, wenn sie aufgrund ihrer bereits vorliegenden Kenntnis zu den persönlichen Verhältnissen mit diesem Verhalten des Beschuldigten (Aussageverweigerung, Verteidiger, Akteneinsicht) rechnet: je höher der Bildungsgrad, das Einkommen, der soziale Status - um so wahrscheinlicher ist dies.

3) Ich rate hier in Repressionsfällen grundsätzlich zur Beauftragung eines anwaltlichen Verteidigers, weil es für den Betroffenen der sicherste Weg ist. Wenn hier Leute schreiben, mit "Vogel-Strauss-Taktik" bei polizeilichen Vorladungen gute Erfahrungen gemacht zu haben, dann kann man daraus schließen, daß sie schon einige Erfahrungen mit dem "Repressionsapparat" gemacht haben. Bei den Leuten, die hier in Repressionsfällen um Rat fragen, kann man das jedoch nicht voraussetzen. Zudem können die "Ratsuchenden" hier nicht "die Hosen runterlassen", was aber absolut notwendig wäre, um einen wirklich guten Rat erteilen zu können. "Die Hosen runterlassen" kann man nur beim Anwalt, der an seine Schweigepflicht gebunden ist - und obendrein jede Menge Ahnung und noch mehr Erfahrung hat.

4) Wir wissen regelmässig auch nicht, wie die Lebenssituation derjenigen aussieht, die hier um Rat fragen. Es gibt Lebensumstände, in denen ein "Verfahren" wegen Cannabis von den unmittelbaren Folgen wie den Kosten und Sanktionen (idR Geldstrafen, Geldbußen, Freiheitsstrafen auf Bewährung usw) abgesehen kaum negative wirtschaftliche und soziale Folgen haben, weil die Betroffenen in einem "cannabis-affinen" Umfeld leben und arbeiten und im Repressionsfall oft sogar die Solidarität ihres Umfelds erfahren können.

Es gibt aber auch Betroffene, die in einem "cannabis-feindlichen" Umfeld zumindest arbeiten, manchmal sogar auch leben (müssen) und für die ein "BtM-Verfahren" existenzbedrohlich werden kann.

Ich denke da v.a. an den öffentlichen Dienst, der nicht ohne jede Berechtigung ein besonders hohes Maß an "Treue zur Rechtsordnung" verlangt, va von Beamten. Aber auch Leute, die in hohem Maße "schadensgeneigte Arbeit" auszuführen haben wie Fahrzeugführer im ÖPNV oder im Gesundheitswesen. Auch für Berufskraftfahrer im Güterverkehr kann ein "BtM-Verfahren" wegen der "Nebenwirkungen" für die Fahrerlaubnis existenzbedrohlich werden. Rechnet man dann auch noch "worst case" eine junge Familie hinzu, für die der Betroffene der einzige oder zumindest der Hauptverdiener ist und noch dazu ein gerade neu gebautes Eigenheim mit entsprechender Verschuldung, dann kann da ein regelrechtes Horrorszenario daraus werden, das leider durchaus nicht unrealistisch ist, sondern im Gegenteil recht häufig vorkommt.

5) Aus diesen Gründen heraus rate ich in Repressionsfällen hier stets zum sichersten Weg: dem Anwalt, auch wenn er eine Stange Geld kostet. Ich weiß sehr gut, daß es auch Vollpfosten unter den Anwälten gibt - aber auch ein anwaltlicher Vollpfosten bekommt Akteneinsicht und dann weiß man wenigstens genau, was Sache ist. Der Weg zum Anwalt ist keine Garantie für einen guten, wenigstens glimpflichen Ausgang - aber der sicherste Weg für all diejenigen, die bislang von Konflikten mit dem Repressionsapparat verschont geblieben sind.
dertestnutzer
Beiträge: 7
Registriert: Do 9. Feb 2023, 18:47

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von dertestnutzer »

Mittlerweile frage ich mich wieso hier so wenig Aktivität festzustellen ist bei dieser Angelegenheit. Der oder die Idioten, die diesen ganzen Mist angeblich (laut meinem Brief) gebaut haben liefen unter dem Namen "bigactionman[Zahl]". Kurz danach googlen zeigt, dass zehntausende deshalb Post von der Polizei erhalten haben. Wäre ganz cool dazu mal bisschen Infos austauschen zu können. Aber die meisten Kunden sind wahrscheinlich wirklich im stereotypen Sinne Kiffer und übermäßiges und unreflektiertes Kiffen macht halt nun mal tatsächlich träge und bisschen blöd. Kein Wunder das die Legalisierung keine Fortschritte macht. Bin übrigens zahlendes Mitglied beim DHV seit vielen Jahren - ich leiste meinen Beitrag, dass diese verdammte Verfolgung von Cannabiskonsumenten endlich ein Ende nimmt.

(Lustiges TIL: Kinder dürfen legal ab 14 im Beisein ihrer Eltern Akohol konsumieren ... WTF)

Ach, ja und Du lieber Freno ... nimm doch vielleicht mal eine andere Metapher für "mit der Wahrheit herausrücken" als dieses ewige "die Hosen runterlassen", was Du scheinbar in jedem Deiner Beiträge einmal unterbringst? Jedes mal, wenn ich das bei Dir lese stelle ich mir nen Typ mit Trenchcoat und Sonnenbrille vor ... wie wäre es mit "die Karten auf den Tisch legen"?

Davon abgesehen Danke für Deine kompetenten Beiträge - wenn diese auch etwas langweilig sind, weil sie immer bloß langwierig und wortgewaltig auf den Punkt bringen, dass man zu einem Anwalt gehen soll :D Was ich ja getan habe ... dauert noch bis die Akten da sind.
Freno
Beiträge: 758
Registriert: Do 7. Jan 2021, 17:00

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von Freno »

dertestnutzer hat geschrieben: Mo 20. Feb 2023, 13:27 (...)
Ach, ja und Du lieber Freno ... nimm doch vielleicht mal eine andere Metapher für "mit der Wahrheit herausrücken" als dieses ewige "die Hosen runterlassen", was Du scheinbar in jedem Deiner Beiträge einmal unterbringst? Jedes mal, wenn ich das bei Dir lese stelle ich mir nen Typ mit Trenchcoat und Sonnenbrille vor ... wie wäre es mit "die Karten auf den Tisch legen"?

Davon abgesehen Danke für Deine kompetenten Beiträge - wenn diese auch etwas langweilig sind, weil sie immer bloß langwierig und wortgewaltig auf den Punkt bringen, dass man zu einem Anwalt gehen soll :D Was ich ja getan habe ... dauert noch bis die Akten da sind.
Diese Beiträge von mir werden nicht nur für die TEs und sonstigen Teilnehmer des threads geschrieben, sondern für alle, die von Repressionsfällen betroffen sind und sich möglicherweise hier durchklicken, um eine gewisse erste Orientierung zu finden. Wiederholungen sind insofern unvermeidlich.

Anwälte haben nun mal nicht nur aufgrund ihrer Ausbildung jede Menge an theoretischer Kenntnis über den Repressionsapparat, sondern auch, je länger sie tätig sind, eine enorme Menge an praktischer Erfahrung. Wer hier von den nicht-juristischen usern über seine Erfahrungen berichtet, kann allenfalls über 1 Dutzend solcher Erfahrungen berichten - ich selbst habe mehrere hundert solche Erfahrungen als Anwalt gemacht, wenngleich davon nur sehr wenige in BtM-Fällen, was ich auch immer wiederhole.

Im übrigen: de gustibus non disputandum ! Ich schreibe eben so, wie mir mein Schniedel gewachsen ist und nicht so, wie sich der Deinige den Meinigen vielleicht wünschen möchte ! ^^
Benutzeravatar
FraFraFrankenstein
Beiträge: 1030
Registriert: Fr 27. Sep 2019, 18:00

Re: Die Kölner Staatsanwaltschaft wirft mir eine Bestellung von Cannabis übers Dark Net vor - und zwar 8g im Jahr 2017 ?

Beitrag von FraFraFrankenstein »

dertestnutzer hat geschrieben: Mo 20. Feb 2023, 13:27

(Lustiges TIL: Kinder dürfen legal ab 14 im Beisein ihrer Eltern Akohol konsumieren ... WTF)
Damit ist ja hoffentlich bald schluss, wenn der Drogenbeauftragte es ernst meint.

FraFra
Rauch gehört nicht in die Lunge. Rauchen ist die schlechteste Art Cannabis zu konsumieren. Vapen ist da wesentlich besser geeignet. Maximal 200°C
Antworten

Zurück zu „Repressionsfälle & Rechtsfragen“