Mit dem Rad durch Holland

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Sack90
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Mit dem Rad durch Holland

Beitrag von Sack90 »

Hallo liebe Community,

für den Sommerurlaub habe ich mir überlegt, einige Tage mit dem Rad nach Holland zu fahren.

Ziel soll die Nordseeküste sein, irgendwo oberhalb zwischen Groningen und Leeuwarden.
Also hin mit dem Zug und dann mit dem Rad weiter. Mit dem ebike lassen sich da schon 80 Kilometer an einem Vormittag fahren.

An dieser Stelle suche ich auch schon Tips und Erfahrungen. Ich würde mein "Lager" gerne für 3-4 Tage aufschlagen, tagsüber ein bisschen die Umgebung erkunden
und natürlich meine krankheitsbedingten Leiden mit Cannabis behandeln.

Hat das vielleicht schonmal jemand gemacht und kann mir Unterkünfte empfehlen?
Ich habe sogar über Zelten auf einem Natur-Campingplatz nachgedacht z.B. oder auch mieten einer Hütte auf einem solchen Platz.

Vielen Dank schon einmal!

Der Sack
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Tictak
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Registriert: Sa 22. Apr 2023, 08:07

Re: Mit dem Rad durch Holland

Beitrag von Tictak »

Das Emsland ist auch sehr schön. Flaches Land, wo man gut fahren kann. Es gibt auch Campingplätze.

Alles Gute
Tic
Das Gehirn reift bis zum 20. Lebensjahr. Zitat aus Rauschmittelkonsum_im_Jugendalter.pdf von DHS aus 2018
Freno
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Re: Mit dem Rad durch Holland

Beitrag von Freno »

Hallöchen !

Ich empfehle zuerst mal dieses mein "pedelec-Forum": https://www.pedelecforum.de/forum/index.php - es ist sehr groß, sehr rührig und schnell und man wird fast immer geholfen dort. Es gibt dort auch Unterforen für Radreisen und etliche sehr erfahrene tourenbiker. (Die phytotherapeutischen Reisezwecke würde ich dort aber diskret behandeln!)

Ich selbst habe so 1 Trip - mit Fahrrad (noch mit ohne Motor) und Zelt auf'n Campingplatz - 1x gemacht, 2018 und innerhalb Deutschlands.

Für solche Reisen braucht man eine gewisse Belastbarkeit. Das Rad wird sauschwer. Auch wenn der ebike-Motor einem viel Muskelaufwand abnimmt: das voll beladene Rad ist schwerer in der Balance und in der Spur zu halten. Die schwere Beladung beansprucht auch den Motor und den Akku stärker - die Reichweite kann sich leicht um die Hälfte reduzieren, je nachdem. Der absolute Horror: "nicht barrierefreier", dh Aufzugs-freier Bahnhof/Haltepunkt mit Bahnsteigwechsel mit dem voll beladenen Ebike: 1x runter und 1x wieder hoch schleppen in einer "Umsteigezeit" von 8 Minuten ! Auch eine Warteschlange von 15 Fahrrädern vor einem vorhandenen Aufzug kann zu dem gleichen Horror führen, vor allem dann, wenn der Zug, den man erreichen will, der Letzte an diesem Tag ist ! Die Planung der Zugreise will mit großer Sorgfalt auf diese Umstände abgestimmt sein ! Testfrage: "Was mache ich, wenn ich den Anschluß nicht erreiche ?"

In der Urlaubszeit - und jetzt erst recht nach dem Deutschland-Ticket - sind die Züge sehr voll, insbesondere voll mit voll beladenen Fahrrädern. Nur im IC/ICE kann (und muß !) man Fahrrad-Mitnahmeplätze reservieren, ansonsten kann es sein, daß man einfach nicht mehr mitgenommen wird, oder man stundenlang im schaukelnden Zug steht und sich selbst und sein Fahrrad festzuhalten versucht, während der ganze Zug sich ständig an einem vorbeizwängt, auf dem Weg zum ständig besetzten Klo, wo man ja auch mal hin wöllte, wenn sich bloß jemand fände, der solange das vollbeladene Fahrrad festhält ...

Das muß man abkönnen und wer ein "sozial aktiver", kommunikativer Typ ist, der mit Mitreisenden schnell ins Gespräch kommt, für den kann das alles "halb so wild" und sogar ein lustiges Erlebnis werden ... ansonsten ... naja.

Zelten ist auch so 1 Sache, wenn man keine Erfahrung hat. Da ist zB die Sache mit dem Rücken. Denn der Platz, auf dem man sein Zelt aufbauen soll, ist niemals eben, sondern eher so, als ob er mit Dachpfannen belegt wäre und ein paar Wurzeln gibt es meist auch noch. Wenn man's - wie ich - etwas mit dem Rücken hat, langt die traditionelle Isomatte nicht, es muß ne "Selbstaufblasende" sein, und die wiegt so einiges und ist auch ziemlich voluminös ... Beim Zelten muß man auch eine pedantische, geradezu militärisch-militante Ordnung im Zelt halten, wo ja alles auf dem Boden liegt und kleine, aber wichtige Utensilien wie Schlüsselbund, Geldbeutel, Medikamente, Taschenlampe, smartphone usw 1000 Gelegenheiten haben, sich unter Schlafsack und Matte, Klamotten, Handtüchern, Taschen und Beuteln usw zu verstecken.

Ich würde deswegen bei einer erneuten derartigen Reise den einfachen Hütten, die es auf inzwischen vielen Campingplätzen gibt, den Vorzug geben. Sie sind zwar etwas teurer, als der Zeltplatz, aber wenn's für's ebike gelangt hat, sollte der Mehrpreis zu verkraften sein. Der größte Vorteil: das Gepäck reduziert sich - je nachdem - um ein Drittel bis die Hälfte und entsprechend leichter fährt und schleppt es sich.

Der größte Nachteil der Hütten aus meiner Sicht: die Flexibilität fehlt. Beim Zelten kann man sich oft auch auf vollen Plätzen noch irgendwo dazwischen quetschen, wenn man länger bleiben will, ist es auch meist kein Problem. Die Hütten sind wie Hotelzimmer fest im voraus gebucht, und wenn die Buchungszeit abgelaufen ist, muß man raus und schlimmstenfalls in viel teurere Hotels ausweichen, die aber in den Urlaubsgebieten auch oft völlig ausgebucht sind und dann steht man da.

Mit dem Zelt ist man da wesentlich flexibeler, kann zur Not auch mal "wild" zelten - wenn man "erwischt" wird, muß man halt irgendein Bußgeld zahlen, aber Flensburger Punkte kriegt man dafür ja nicht. ^^ Da sind die Verhältnisse aber regional sehr unterschiedlich. Wie es in den Niederlanden aussieht, weiß ich nicht. In Brandenburg aber gibt es zB an der Havel Gegenden, die so dünn besiedelt sind, daß man sich als "wilder" Camper mit nur äusserst geringem - juristischem ! - Risiko irgendwo in die Wälder verkümmeln kann ... (die Gegend habe ich mal als Besucher von Internet-Bekannten kennengelernt.) In meiner Jugend, so um 1990 herum, habe ich mal auf einer Radtour durch's Elsass nur im Schlafsack auf 1 Wildschweinpfad gepennt und bin mitten in der Nacht von den Wildschweinen grunzend geweckt worden ... sie waren gottlob friedlich und so totmüde wie ich war, hatte es mich auch nicht weiter gejuckt ... aber das ist so 1 Beispiel für die die "ausserrechtlichen" Risiken des wilden Campens.

Ein "Fazit" will ich nicht abgeben, aber die Empfehlung, vielleicht mal im Vorfeld an langen Wochenenden mit "Brückentagen" kürzere Camping-Ausflüge in der eigenen Region zu unternehmen, um erste Erfahrungen zu sammeln. "Theoretisch" kann man sich viele Gedanken machen, im internet viel Gutes und Wahres, aber auch viel Schrott und Blödsinn lesen. Nur wenn man selbst mal ein paar Tage mit dem Rad zum Campen gefahren ist, weiß man, worauf es für einen selbst ankommt, was man wirklich braucht und was nicht unbedingt mit muß und ob man sowas für einen Jahresurlaub nicht nur im Sinne von einem survival-training überleben, sondern auch genießen kann.
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Sack90
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Re: Mit dem Rad durch Holland

Beitrag von Sack90 »

Hallo Freno,

vielen Dank an Dich für diesen sehr ausführlichen Post. Den hab ich mir gestern Abend in aller Ruhe durchgelesen.

Vor Allem was die Anreise mit dem Zug betrifft habe ich wertvolle Sachen gelernt, da ich bislang nie mit dem Rad im Zug unterwegs war und deshalb
auch nicht an so Dinge gedacht habe wie das ich vor dem Fahrstuhl stehe und 10 andere mit Rad auch noch...

Die Idee mit dem Zelten ist eine schöne Vorstellung, aber auch nur wenn man da wirklich einen Platz für sich hat und die von dir beschriebenen, körperlichen Voraussetzungen mitbringt. Das tue ich zwar und würde es auch durchziehen, vermutlich endet das dann aber wirklich in einer Art survival Urlaub von dem ich dann trotz Phytotherapie nochmal Urlaub brauche :D

Ich überlege schon ob es irgendwo im Landesinneren, quasi in der Mitte so bei Apeldoorn bspw., Übernachtungsmöglichkeiten in mietbaren Hütten gibt in der Hoffnung, das es dort weniger überlaufen ist als oben an der See. Muss ich mal Google befragen.
Freno
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Re: Mit dem Rad durch Holland

Beitrag von Freno »

Hallo Sack90 !

Schön, wenn mein Geschreibsel zu etwas nütze sein sollte ! Für mich ist sowas mehr oder weniger interaktiver Zeitvertreib.

Mit dem mehr oder minder bepackten Rad im Zug bin ich seit 2016 häufig unterwegs - es ist per saldo eine sehr angenehme Art des Reisens, wenn der Zug nicht gerade krachvoll ist. Ich mache in der Saison auch gerne Tagestouren in einer range von ca. 100 km um Leipzig herum, wobei ein Teil der Strecke mit dem Zug abgekürzt wird. Volle Züge erwischt man va in der Zeit des Berufsverkehrs - frühmorgens bis ca. 9 Uhr und nachmittags ca 16 - 19 Uhr. Freitag und Sonntag sind auch keine guten Tage: die Pendler mit Zweitwohnsitz fahren Freitags nachhause und Sonntags zurück, darunter natürlich sehr viele "Studies". In der Fahrradsaison ist auch der Samstag ein Tag voller Züge ... voll auch mit Fahrrädern und die Kapazitäten sind begrenzt. Das Zugpersonal achtet auch idR streng darauf, daß die Fluchtwege nicht verstellt werden. Wenn man in den leeren Zug einsteigt, ist man froh, sein Rad direkt an die Wand stellen zu können, ein paar Stationen weiter kann es dann hinter und in einem Dutzend Rädern eingekeilt sein - man muß in der Nähe seines Rades bleiben, um zu verhindern, daß es bei diesen Rangier-Aktionen bei jedem Halt nicht beschädigt oder gar geklaut wird. Das sollte man sich vor eine großen Tour ruhig mal probeweise antun !

Ein Beispiel, was so alles passieren kann: durch eine unvorhergesehene Streckensperrung der ICE-Trasse durch eine Havarie wurden in Mitteldeutschland vor einigen Jahren recht viele IC-Einheiten in Sachsen "eingesperrt" und dann auf den offen gebliebenen regio-Strecken sukzessive durch Einsatz bei DB regio wieder herausgeholt. Unverhoffter IC-Kompfort auf Bimmelzugstrecken war natürlich sehr angenehm - aber es galten die Fahrradmitnahme-Regeln für IC ! Dh man wurde nur mit Reservierung mitgenommen - obwohl man das gar nicht wissen konnte, daß man überhaupt eine braucht ! Ich war selbst ohne Rad unterwegs, hab aber einen verzweifelten Radler gegen die Betonmauer des Zugführers ankämpfen sehen ... er blieb mit seinem Rad auf dem Bahnsteig stehen und hat zumindest den kompletten Tag verloren, womöglich auch sein Ticket, wenn es zuggebunden war. Auf den Regionalzügen gibt es idR auch keine Möglichkeit der Reservierung eines Mitnahme-Platzes - bei der großen Tour mit Gepäck muß man also sehr sorgfältig planen und vor Fahrtantritt überprüfen, ob alles noch so ist, wie es sein soll.

Der Fahrrad-boom hat auch seine Schattenseiten ! In vielen Zügen sind die Fahrrad-Abteile inzwischen viel zu klein geworden und va bei DB regio rütteln und kreischen noch so einige Uralt-Personenwagons von der DDR-Reichsbahn herum, in die man das Rad über 2-3 schmale Treppenstufen und dann in eine schmale Tür bekommen muß. Auch die modernen "Neigungstechnik"-Triebwagen, zB die "612er", die va in den Mittelgebirgen gerne eingesetzt werden, können bauartbedingt keinen ebenerdigen Einstieg bieten. Ein mit Campingausrüstung beladenes ebike stemmt locker 40 - 50 kg auf die Waage ... da sind viel Kraft und Geschick gefragt, oftmals muß man entladen und den Zug portionsweise betreten bzw verlassen ... und vertrauensvoll hoffen, daß der Zug nicht mittendrinn losfährt.

Noch so 1 Erlebnis: ich habe mal einen Tagesausflug von Leipzig nach Görlitz unternommen und das Rad war mit im Zug. Erst kurz vor Görlitz kam die Kontrollettöse und dann erfuhr ich, daß ich 4 Tarifzonen durchfahren hatte, wovon in zweien die Fahrradmitnahme gebührenpflichtig ist und ich vor Fahrtantritt hätte löhnen müssen ! Ich kam zwar noch mit "Nachlösen" und ansonsten einer gebührenfreien Verwarnung davon - aber der Schreck war schon beträchtlich gewesen ...

Auch die Fahrt mit voller Beladung sollte man ausprobiert haben - ich schleppe meine gesamten Einkäufe mit dem Rad nachhause und bin das halbwegs gewöhnt. Der Stromverbrauch bei solchen Schwertransporten liegt bei mir zuweilen um 30-50 % über dem Durchschnitt.
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