Blätter wie Blüten strafbar?

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Blattgangster
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Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von Blattgangster »

Moin,

man fand bei mir im Wagen 3,5 gr Blüten und 14,5 gr verschimmelte Blätter in einem kleinen Marmeladenglas, die ich ganz vergessen hatte.

Strafbefehl mit 1000€ für die Ordnungswidrigkeit +1200€ für den Besitz von 18 gr Marihuana.

Ich rief den Staatsanwalt an, und fragte nach, ob es richtig sei, daß die Blätter dazu gerechnet werden, da es ja keine Blüten sind und die fast nichts bringen.
Er meinte sinngemäß Drogen sind Drogen.

Ist das wirklich so, daß Blätter genauso gewertet werden wie die Blüten?

Sind die 1200€ normal bei der Menge oder überhaupt?

BG
Freno
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Re: Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von Freno »

Das BtMG stellt den Besitz gewisser Substanzen, die in den Anlagen näher bezeichnet sind, unter Strafe und dazu gehört eben auch die Cannabispflanze - von den Wurzeln über die Stengel bis zu Blättern und Blüten. Auch die Samen gehören dazu. Vom "Tatbestand" her, der die Rechtsfolge der Strafbarkeit auslöst, macht das alles also keinen Unterschied. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Cannabis-Pflanzen-Teile überhaupt noch "genießbar" sind, was beim Schimmelbefall ja durchaus fraglich ist.

Auch der Besitz von Cannabis-Blättern ist strafbar, selbst dann, wenn sie wegen Schimmelbefalls oder sonstiger Umstände nicht mehr genießbar sind. Es kommt alleine auf den Wirkstoffgehalt an, wobei man aktuell fast ausschließlich auf das THC abstellt. Liegt der THC-Gehalt über einem bestimmten Grenzwert - meines Wissens nach 0,2 % - ist die Strafbarkeit auf jeden Fall gegeben.

Der Wirkstoffgehalt kann jedoch ein Kriterium der Strafzumessung sein. Wird der o.g. Grenzwert nur geringfügig überschritten, "drückt man gerne ein Auge zu", wenn auch ansonsten die Umstände für "geringe Schuld" sprechen.

Beispiel: ein Geflügelzüchter hat u.a. die Samen von Cannabis aus seinem legal erworbenen Vogelfutter herausgesucht und im Garten aufgezogen, wie auch sonstige Samen aus dem Futter, um das Futter selbst herzustellen. Bei den THC-Pflanzen hat sich ein THC-Gehalt von 0,4% eingestellt. Für einen Konsum durch den Züchter selbst fehlt jeder Anhaltspunkt. In solchen Fällen kann schon die Staatsanwaltschaft das Verfahren "mangels Nachweises einer Straftat" einstellen, weil dem Geflügelzüchter schon der Vorsatz nicht nachzuweisen ist, verbotenes Cannabis in Besitz zu haben bzw zu bringen - ansonsten stellt, wenn gleichwohl Anklage erhoben wird, das Gericht wahrscheinlich "wegen geringer Schuld" ein.

Wenn jedoch Pflanzenbestandteile mit über dem o.g. Grenzwert an THC für den menschlichen Konsum aufbewahrt werden, bleibt die Strafbarkeit bestehen. Daß diese Pflanzenbestandteile teilweise verdorben sind, ist wieder nur ein Strafmaßkriterium.

Ein Strafmaßkriterium, das in der Praxis von hoher Bedeutung ist, rechtstheoretisch jedoch hoch umstritten, ist die Kooperation des Betroffenen. "Geständigen" und "einsichtigen" oder "vernünftigen" Beschuldigten oder Angeklagten gegenüber lässt man gerne Milde walten, wer sich hartnäckig verteidigt, wird tendenziell härter bestraft.

Die "Tarife" - die üblicherweise verhängten Strafen - weichen regional und lokal sehr stark voneinander ab - es kommt auf den "Gerichts- und Behördengebrauch" an und nicht zuletzt auf die "Geringfügigkeitsverordnungen" der jeweiligen Bundesländer.

Man kann also nicht allgemein sagen, ob die im Startpost genannten Strafen "okay sind".

Nach meinem "Bauchgefühl" sind 2.200 € für 18 g Cannabis nicht mit Aussicht auf Erfolg angreifbar, wenn es keine weiteren Umstände gibt, die für eine mildere Strafe sprechen könnten. Die Menge liegt immerhin deutlich über den 6 g der "Geringfügigkeitsgrenze", die in den entsprechenden Verordnungen der allermeisten Bundesländern festgesetzt worden ist.
Blattgangster
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Re: Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von Blattgangster »

Aber 14 Gramm Blättern machen doch nicht mal stoned....ich dachte ja nur Blüten werden hart bestraft, weil da das THC drin ist. Bei den Blättern ist doch fast nichts enthalten.
3,5gr machen in der Akte einen besseren Eindruck als 18 gr, meine ich.
Darum ging es mir ja.

Also meinst du, die 2200e schlucken und gut?
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bad guy
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Re: Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von bad guy »

Blattgangster hat geschrieben: Do 14. Dez 2023, 22:15 Aber 14 Gramm Blättern machen doch nicht mal stoned....
Kommt auf die Blätter an. Und deine Toleranz. Man kann auch die Blätter zu Hash verarbeiten. Und Blätter sind zudem ein Hinweis auf Anbau.

2000€ ist viel Geld, aber schlimmer wäre MPU (falls du ein Führerschein hast).
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M. Nice
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Re: Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von M. Nice »

Was sagt dein Rechtsanwalt dazu?
Du hast gar keinen Ra?

Ich würde das ganze Verfahren verzögern und nicht rechtskräftig werden lassen, bis entkriminalisiert ist.

MfG
M. Nice


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Freno
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Re: Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von Freno »

Meine Cannabis-Erfahrungen reichen bis in die 1980er Jahre zurück - damals rauchten wir fast nur Blätter. Die Blüten wurden für hohe kirchliche Feiertage zurückbehalten.

Ohne die konkreten Umstände zu kennen, die hier aus der Natur der Sache nicht ausgebreitet werden können, kann zumindest ich keinen konkreten Rat geben.

Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts ist natürlich nie falsch - aber verhältnismässig teuer. Zudem drängt, wenn ein Strafbefehl erlassen ist, die Einspruchsfrist. Den Einspruch kann man auch selbst einlegen, schlimmstenfalls persönlich beim Gericht, das den Strafbefehl erlassen hat "zur Niederschrift bei der Geschäftsstelle" und gegebenfalls dann auch - nach Beratung mit dem Anwalt - wieder zurücknehmen. Das ist wohl der sicherste Weg - aber wie gesagt, auch ein recht teurer. Wenn man einige hundert oder gar tausend Euro leicht verschmerzen kann, ist es der Weg der Wahl. Ansonsten "?"

Bis vor kurzen habe ich auch die Auffassung vertreten, daß es in den Fällen, in denen die Freimengen des Entwurfs zum CanG nicht überschritten werden, sehr sinnvoll ist, "auf Zeit zu spielen". Nachdem die 2. Lesung kürzlich "abgesetzt" wurde, halte ich es inzwischen für unwahrscheinlich, daß dieser Entwurf noch Gesetz werden wird. Aber das ist eine politische Spekulation - das Gegenteil kann ebenso eintreten.
Blattgangster
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Re: Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von Blattgangster »

Ich wurde beim Fahren erwischt. Und nächsten tag hätte ich eh aufgehört ;O)
DAS ist ja das Ärgerliche an der Sache.

THC 9,7 ng/ml
Cooh 58,9ng/ml

Anwalt ist grad das (Kosten)Problem.
Hatte mit einem gesprochen, der meinte ich solle ein Abstinezprogramm machen.
Damit habe ich angefangen bevor der Strafbefehl kam.
War das allererste Mal. Auch noch nie mit Alkohol aufgefallen..

Müßte die MPU nicht wegfallen, wenn legalisiert wird und dann bei einmaligem Auffallen keine MPU mehr erforderlich wird?


Wenn ich jetzt Einspruch einlege, dann kostet die Verhandlung doch erheblich mehr, meine ich.
Bin da gard bissl verzweifelt, weil ich ins Nichts gezogen bin und ohne Führerschein wäre Mist.
Blattgangster
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Re: Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von Blattgangster »

PS, was brächte eine Verzögerung genau?
Freno
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Re: Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von Freno »

Ich wiederhole noch 1x: konkrete Antworten und Fragen kann ich nicht beantworten, das kann nur der Anwalt.

Es bleibt Dir nicht erspart, selbst die Entscheidung zu treffen, ob Du einen Anwalt zu beauftragen und sein Honorar zahlen sollst, auch wenn es schwer fällt. Je wichtiger die Sache ist - uU wegen der "Nebenfolge" eines möglichen Fahrerlaubnis-Entzugs - um so mehr spricht für den Anwalt.

Ich habe das hier mal versucht, allgemein darzustellen: viewtopic.php?t=19192

Eine konkrete Frage kann ich vielleicht doch noch beantworten, nämlich die nach dem "Spiel auf Zeit":

Im Strafverfahren sind Gesetzesänderungen zu Gunsten des Beschuldigten oder Angeklagten zu jeder Zeit "von Amts wegen" zu berücksichtigen. Nach dem Entwurf zum CanG soll der Besitz von bis zu 25 g Cannabis straffrei werden, egal wo das Zeug herkommt. Insgesamt 18 g liegen deutlich darunter. Wenn also das Verfahren in die Länge gezogen wird durch Einspruch gegen Strafbefehl, Hauptverhandlung, Berufung und Revision - was durchaus 1-2 (oder noch mehr) Jahre dauern kann und der Entwurf wird zwischendurch Gesetz - dann erfolgt zwingend ein Freispruch von der Instanz, die gerade "anhängig" ist, während das Gesetz in Kraft tritt. ABER: dieses Spiel auf Zeit funktioniert zuverlässig nur mit einem Verteidiger, der von Instanz zu Instanz teurer wird, mittlere vierstellige Beträge erreichen kann. Wenn das Spiel auf Zeit "aufgeht", bekommt man die "notwendigen Auslagen" von der Staatskasse erstattet - wenn nicht, dann sind sie "futsch".

Wie gesagt: das "Spiel auf Zeit" ist unter den aktuellen Umständen nicht mehr unbedingt der sicherste Wege, die "Methode der Wahl", wie die Mediziner sagen.
Blattgangster
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Re: Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von Blattgangster »

Danke!
Blattgangster
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Re: Blätter wie Blüten strafbar?

Beitrag von Blattgangster »

Anwalt sagt: Widerspruch einlegen

Müßte dann eingestellt werden wegen der Legalisierung
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