Hallo, ich lese hier schon ein Weilchen mit und finde einiges schon ganz gut, habe mir aber auch ein paar eigene Gedanken gemacht. (Sorry dass es so viel ist, aber irgendwie gings nicht kürzer. Vielleicht sollten wir die Unterthemen in verschiedene Threads aufteilen?)
Erstens die Frage: Welches Gesamtkonzept macht Sinn? Vereine? Cannabis-Shops? Beides?
Zunächst mal kann ich mir nicht vorstellen, dass die Produktion von Cannabisblüten für öffentliche Verkaufsstellen von auf Vereinsbasis organisierten Cannabis-Clubs ausgefüllt werden kann. Cannabis-Clubs sollen interessierten Privatpersonen den kontrollierten Eigenanbau von Pflanzen ermöglichen. Hier kann es nur um die Deckung des Eigenbedarfs der Mitglieder gehen. Alles andere wäre eine unübersehbare Vermischung von Privaterzeugern und öffentlich organisiertem Verkauf. Von daher bin ich grundsätzlich für eine klare Trennung zwischen Verkaufsstellen und Cannabis-Clubs. In den Verkaufsstellen gibt es nur Cannabis, dass von lizenzierten Growern hergestellt und vertrieben wird. Und die CSCs bieten Privatleuten die Möglichkeit im Verein organisiert Pflanzen für den Eigenverbrauch anzupflanzen.
Systemisch betrachtet, führt das zu dem Schluss, dass wir um ein zweigleisiges Konzept kaum herumkommen werden. Denn liesse man ausschließlich Verkaufsstellen zu, würde das mit Sicherheit unter den Hanffreunden selbst für Widerstand sorgen, da eine nicht unbeträchtliche Gruppe ihr Canna gerne selber anbauen möchte, so ist es ja auch heute schon. Das können wir nicht abstellen. Das muss es also geben. Liesse man aber andererseits ausschließlich Cannabis-Vereine zu, dann denke ich, bekämen wir relativ schnell wieder einen illegalen Markt, auf dem Vereinsmitglieder ihr Cannabis an Nichtmitglieder weiterverkaufen würden. Einfach, weil die Nachfrage bestünde. Außerdem hat vielleicht auch nicht jeder Zeit und Lust in einem Cannabis-Verein Pflanzen aufzuziehen, von der abschreckenden Wirkung durch Registrierungszwang mal ganz abgesehen.
Ich denke daher wir sollten von Anfang an auf eine kombinierte Lösung mit
zwei getrennten Produktions- und Ertragsverwertungsketten setzen.
Zu den Verkaufsstellen:
Wichtig finde ich, dass sichergestellt ist, dass die Verkaufsstellen nur von lizenzierten Growern beliefert werden. Z.B. indem eine Verkaufsstelle ihre Lieferanten und deren Liefermengen benennen können muss. So ähnlich wie bei der Umsatzsteuer-ID heute auch schon praktiziert. (Kontrolle durch Polizei und Finanzamt?). Desweiteren sollten die Verkaufsstellen nicht gewinnorientiert betrieben werden. Der Schwerpunkt sollte auf der kontrollierten Abgabe liegen. Und wie nordel es bereits vorgeschlagen hat (20.02.2012 09:39), sollten die Verkaufsstellen nicht in der Nähe von Kinderinstitutionen u.ä. eingerichtet werden.
Was die rechtliche Grauzone angeht, in der sich Transportpersonen von Verkaufsstellen wie in Holland beim Transport großer Mengen durch den öffentlichen Raum befinden, stelle ich mir vor, dass man vorschreiben könnte, dass diese außerhalb von Produktionsanlagen und Verkaufsstellen durch Transportpersonen nur in verplombten Verpackungen transportiert und gelagert werden dürfen. (Verplombung durch die lizenzierten Grower)
Zum Verkauf durch Privatpersonen:
Was den Cannabis-Verkauf durch Privatpersonen angeht, schließe ich mich dem Vorschlag nordels vom 20.02.2012 an: "Der Verkauf sollte für private Personen verboten bleiben, damit kein Handel mit der Ware stattfinden kann. Die Weitergabe an Minderjährige sollte natürlich auch verboten sein. Wer gegen diese Regeln verstößt, sollte hart bestraft werden, beim ersten Vergehen eine hohe Geldstrafe und wenn der Konsument ein weiteres mal auffällt, eine Haftstrafe [...]" Da hätten dann die Gegner auch ihr Law-and-Order.
Wie läuft das mit der Produktion?
Wie bereits oben angerissen, sehe ich hier
ausschließlich lizenzierte Grower, die Verkaufstellen beliefern dürfen. Da ich über die Großproduktion von Cannabis nur eine rudimentäre Vorstellung habe, kann ich hier nur ein bischen rumspinnen. Vielleicht könnte man vorschreiben, dass Grower Cannabis nur in speziell gesicherten Bereichen anbauen und ausgeben dürfen. Hier sehe ich Orientierungsmöglichkeiten bei den bestehenden Vorschriften z.B. für die Produktion von Sprengmitteln oder Feuerwerkskörpern. Vielleicht hat hier jemand genauere Vorstellungen. Ach und btw: Über welche Mengen deutschlandweit reden wir hier eigenlich so in etwa? Weiß dazu jemand etwas?
Was ist mit Eigenanbau?
Was den Eigenanbau im privaten Rahmen angeht, das sehe ich kritisch. Die Gegner haben den Antrag der Linken im Januar unter Anderem mit dem Argument abgewehrt, dass es bei der Zulassung von Eigenanbau (auch in Clubs) zu unkontrollierter Ausbreitung von Cannabis kommen kann. Ein Argument, dem man sich nicht ohne Weiteres verschließen kann. Da sollte man wirlich sehr genau drüber nachdenken, welches Modell hier tragen könnte. (Sorry an alle Grünbedaumten, so leid es mir tut, denn ich weiss, dass das Spass macht.
) Aber irgendwie muss das jedenfalls auch kontrolliert sein, sonst kriegen wir unser Anliegen nie durch. Vielleicht so wie Waffenbesitz oder Haltung von Giftschlangen über Besitzeintragung?
Welche Altersgrenze für den Verkauf?
Aus medizinischer Sicht wäre, was den Jugendschutz angeht, wohl eigentlich 21 das richtige Alter, das gilt allerdings auch in gewissem Maß für Alkohol. Und solange der ab 18, ja teilweise ab 16 erhältlich ist, wird ein Mindestalter 21 wohl kaum durchgehen.
Grenzwerte bei den verkauften und mitgeführten Mengen? Ja? Nein?
Grenzwerte sind ein sehr zentrales Thema, denn da sehe ich
zwei konkurrierende Ansätze mit sehr weitreichenden unterschiedlichen Konsequenzen. Entweder man sagt: freier Verkauf an jeden Berechtigten (z.B. deutscher Pass). Das Wäre die unbürokratischste und im Grunde vom gesunden Menschenvestand her richtige Variante. Denn davon ausgehend, dass man sich mit Cannabis höchstens langfristig schaden kann und dass es keine bekannten Fälle von akuter Überdosierung gibt, besteht eigentlich kein Grund für eine begrenzte Abgabe. Auch die Vorstellung, dass sich jemand große Mengen kauft, um diese dann seinerseits weiterzuverkaufen, ist in einem System das ja ohnehin den Erwerb beliebiger Mengen durch jeden Berechtigten erlaubt, relativ abwegig.
Ein Schwachpunkt bleibt allerdings, und das führt dann (wie weiter unten beschrieben) zu einem komplett anderen System. Was ist bei einem freien Verkauf mit dem Jugendschutz? Die unter 18-jährigen können noch nichts in den Verkaufsstellen kaufen. Sie werden also versuchen, über Privatpersonen an Cannabis zu kommen. Wie die Erfahrungen mit anderen Altersbeschränkungen zeigen, wird sich das, egal in welchem System, nicht zur Gänze verhindern lassen. Ist allerdings der Erwerb beliebiger Mengen durch Berechtigte möglich, dann besteht die nicht unerhebliche Gefahr, dass tatsächlich jemand anfängt, in größerem Stil an Minderjährige weiter zu verkaufen. Und da liegt der Hase im Pfeffer. Ist das möglich, sind wir wieder ganz fix bei einem Schwarzmarkt und das wollen wir ja gerade loswerden.
Von daher wird es wohl ohne eine Kontrolle sowohl der Verkaufsmengen, als auch der im öffentlichen Raum mitgeführten und auch der privat vorgehaltenen Mengen nicht gehen.
Ok, also Grenzwerte, Aber wie hoch?
Zu den Mengen: In Holland bekomme ich im Coffeshop 5g pro Tag. Das halte ich persönlich für eine mehr als ausreichende Menge. Das gleiche sollte für die Straße gelten. Habe ich dort etwas dabei, dann auch nur in einem gewissen Grenzwert (ebenfalls 5g ?). Wenn jemand eine Lieferung für einen Coffeshop mit sich führt (bis 500g), dann geht das auch, aber wie bereits oben beschrieben ausschließlich in einer verplombten Packung. Wie viel Cannabis man zu Hause haben darf ist ebenfalls fraglich. Vielleicht sollten wir auf der Suche nach der richtigen Menge dazu einfach eine Umfrage hier im Forum starten. Ich für meinen Teil finde, man kommt mit 5g lange aus, weiss nicht, wie das bei anderen ist. Vielleicht maximal 20g?. Mitglieder in CSCs sollten hier erweiterte Rechte bekommen (100g?) mit Herkunftsnachweis durch den Verein. Vielleicht auch mal nach Spanien gucken, wie die das da machen.
Also Grenzwerte bei den Verkaufsmengen. Gut, aber wie kontrollieren??
Wie oben beschrieben, wird es nicht ohne Kontrolle der abgegebenen Mengen gehen. Das macht das Ganze natürlich etwas komplizierter als beim freien Verkauf an Berechtigte. Vor allem treten in diesem Zusammenhang organisatorische und datenschutzrechtliche Schwierigkeiten auf. Ich halte z.B. Chipkarten oder sonstige Registrierungssysteme (mit Foto??) für nicht praktikabel. In Holland läuft das zwar so, aber in Deutschland werden wir so ein System nicht eingeführt bekommen. Erstens sehr aufwendig und zweitens sehr heikel was Datenschutz angeht. (Das einzige was ich mir in der Richtung vorstellen KÖNNTE, ist dass man beim Einkauf die Krankenkassenkarte vorzeigt, mit entsprechender Wirkung auf das Gesundheitskonto aber das müsste man dann auch für Alkohol- und Tabakkonsumenten einführen und ich denke bis wir so weit sind, dauert es noch ein bisschen.)
Da man andererseits kaum eine persönliche Verkaufsmenge kontrollieren kann, ohne dass persönliche Daten erhoben werden, gilt es, die persönlichen Daten, die in diesem Zusammenhang erhoben werden müssen, auf ein Minimum zu reduzieren. Mir schwebt deshalb ein
halbanonymes System vor. Wer sich in einer Verkaufsstelle Cannabis kaufen möchte, holt sich vorher eine Art generelle Bezugskarte mit leeren Feldern (sagen wir 30 Stück), die danach 30 Tage gültig ist. Mit dieser Karte kann ich dann innerhalb der nächsten 30 Tage jeweils eine Ration pro Tag in einer Verkaufsstelle meiner Wahl erwerben. Für jede verkaufte Ration wird mir die Karte dort gelocht/abgestempelt. Die Ausgabe der Karte (und die Festlegung der Grenzwerte) erfolgt durch die Länder über die örtlichen Bürgerbüros. Dort zeige ich meinen Ausweis. Die Mitarbeiter checken, ob ich in den letzten 30 Tagen eine Karte abgeholt habe. Wenn nicht, dann erhalte ich sie, sonst muss ich bis zum Ablauf der 30 Tage warten. Mit diesem System gäbe es keine Möglichkeit, mein Konsumverhalten detailliert zu analysieren, aber ich könnte auch nicht unkontrollierte Mengen einkaufen. Die Behörden wüssten lediglich, dass ich Cannabis kaufen möchte. Sie erfahren aber nicht, wie viel, bei wem und wann. Auch der Cannabis-Tourismus nach Deutschland würde damit unterbunden. Das dürfte für so manchen Gegner nicht unerheblich sein. Auch, dass man in den Ausgabestellen der Karten Suchtberatung anbieten oder zumindest bewerben könnte fällt mir da ein.
Dann die Frage: Konsum in speziellen Räumen oder öffentlich oder wie?
Zunächst nochmal ganz ausdrücklich: Geschlossene Verkaufsräume sehe ich auch zumindest für den Anfang als einzige Möglichkeit, der Öffentlichkeit die Legalisierung abzuringen. Gutes Vorbild hier wie bereits von Grasshüpfer angedacht: Sexshops. An den Regelungen für Sexshops könnten sich auch die Werberichtlinien für Cannabisprodukte orientieren.
Was den Konsum angeht, so halte ich ihn in der Öffentlichkeit im Grunde für möglich (Festivals, Natur, Parks u.ä.) und das sollten wir auch fordern. Halt im Rahmen der sowieso schon geltenden Regeln für Raucher und des Jugendschutzes. Andererseits ist das ein Punkt, in dem wir Kompromissbereitschaft zeigen könnten. Sollte der Konsum (vorerst) nur im privaten Bereich erlaubt sein, dann geht davon die Welt auch nicht unter und es wäre ein Anfang.
Besteuerung Ja/Nein?
Steuern auf den Verkauf von Cannabisprodukten halte ich für unausweichlich und auch gut. Ebenso auf den lizenzierten Anbau durch Grower. Clubs sollten von Steuern ausgenommen sein. Sie zahlen Beiträge für den Selbsterhalt, von denen ein Anteil in Suchtprävention etc. fließt. Die Steuern sollten wenn möglich zweckgebunden für Suchtberatung, Aufklärung ausgegeben werden und sich am THC-Gehalt der Cannabis-Produkte orientieren. Zu beachten ist lediglich, dass die Steueraufschläge nicht ihrerseits wieder schwarzmarkterzeugend wirken.
Soweit meine Ideen zu den genannten Punkten.
Achso: Ganz wichtig! ist auch ein
zuverlässiges Verfahren zur Blut-THC-Messung. (Kennt hier vielleicht jemand Forschungsansätze, hier MÜSSEN wir bald etwas vorzuweisen haben, dass ist nämlich ein sehr zentraler Punkt der gegnerischen Kritik). Ansonsten denke ich, bei Verstoß gegen THC-Grenzwerte der StVO: Behandlung analog zu Alkohol am Steuer.
Abschließend sei gesagt, dass ich sämtliche in den bisherigen Beiträgen geforderten Eignungsnachweise für den Konsum als abwegig einschätze (nicht persönlich nehmen)
. Sowohl Intelligenztests, als auch ärztliche Atteste und dergleichen. Es geht hier um die alltagstaugliche Organisation des Vertriebs eines Genussmittels. Weder braucht es da einen Führerschein, noch ein Gesundheitszeugnis. Sowas sollten wir gar nicht erst anfangen. Das ist erstens nicht nötig und führt zweitens nur wieder zu Vorurteilen in gewissen Kreisen. Meine Meinung.
Das diese ganzen Regeln in weiten Teilen auch (und gerade) für harten Alkohol gelten müssten sehe ich übrigends auch so. Wenn wir allerdings versuchen, das auch noch durchzuboxen, dann könnte es sein, dass wir uns ganz schnell verheben. Es sei denn wir verbünden uns mit der Anti-Alkohol-Lobby.